Weinernte mit Juan

Blick auf ein Alpujarra-Tal

Wenn ich in Spanien bin, verbringe ich die meiste Zeit in der Alpujarra – eine Bergregion, die Teil der Sierra Nevada ist, die sich wiederum als Gebirgszug über die andalusischen Provinzen Granada und Almeria erstreckt. 23 Gipfel der Sierra Nevada sind höher als 3.000 Meter. Das Mittelmeer ist per Luftlinie gerade mal zwanzig Kilometer entfernt.

Nun sind die Provinzen Granada und Almeria im Allgemeinen und die Sierra Nevada im Besonderen nicht unbedingt als Weingegenden geläufig – ganz sicher nicht in Deutschland und sogar selbst in Spanien kaum. Es gibt zwar einige gute bis sehr gute Weingüter, auf die ich an anderer Stelle in diesem Blog noch zu sprechen komme. Insgesamt ist es aber so, dass Granada und seine Umgebung für die Alhambra, Skifahren und Spargel bzw. Almeria mit seinen weiten und wüstenartigen Landschaften als Drehort für Filme wie Doktor Schiwago, Spiel mir das Lied vom Tod oder Lawrence von Arabien bekannt sind.
Und dennoch wird selbst in der Sierra Nevada fast überall Wein angebaut. Häufig zwar nur für den Eigengebrauch – der lokale Wein geht manchmal aber auch in den Verkauf, sprich, er wird in lokalen Tavernen und auf regionalen Märkten umgesetzt. „Costa“ wird dieser Wein in der Alpujarra genannt. Es handelt sich dabei um einen jungen Roséwein, der nur wenige Wochen ausgebaut und mit einfachsten Mitteln hergestellt wird. So etwas wie Ertragsreduzierung im Weinberg oder das Auslesen von schlechten Trauben bei der Ernte gibt es nicht. Alles was wächst, wird zu Wein verarbeitet. Der Costa kommt entsprechend ungehobelt daher.

Weinernte in der Alpujarra

Auch Juan macht einen solchen Wein. Und Juan, der eigentlich Bauarbeiter ist, hat mich gefragt, ob ich bei seiner Weinernte mithelfen will. Auf etwa 1.100 Metern Meereshöhe besitzt er einen zirka zwei Hektar großen Weinberg. Rund 2.500 Liter Wein produziert er davon jährlich, der in 5-Liter-Kartons abgefüllt wird, die jeweils zu zehn Euro verkauft werden. Solch billige Preise mögen bei Feinschmeckern ein Stirnrunzeln verursachen – aber das ist nun mal der Wein, den die meisten Leute in der Alpujarra seit Generationen trinken.
Für mich war Juans Angebot eine willkommene Abwechslung, und eigentlich wollte ich ja schon immer mal bei einer Weinlese mit dabei sein. Samstagmorgen um acht Uhr trafen wir uns also in der örtlichen Taverne auf einen Kaffee und dann ging es mit Jeeps in die Felder. Anfangs waren wir sieben freiwillige Helfer; die Zahl wuchs zum Ende der Ernte hin (und je näher das von Juan gesponserte Mittagessen in Aussicht stand) auf etwa doppelt so viele Männer an, die alle aus den umliegenden Dörfern herbeikamen. Abgesehen davon, dass mein Rücken nach vier Stunden Feldarbeit schmerzte, kam ich ganz gut zurecht. Manche Trauben schlingen sich geradezu um den Weinstock, so dass es nicht immer ganz einfach ist den Schnitt am richtigen Punkt anzusetzen. Das ist auch schon das einzige Problem.

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In Säcken verpackt, wurden die Trauben dann mit einem Kleinlaster in den Keller – die Bodega – gekarrt. In Wien würde man übrigens sagen, dass Juan einen „Gemischten Satz“ (hoch drei) produziert. Denn es wachsen viele verschiedene Rebsorten auf seinem Hang, und alle werden sie zusammen gelesen und zusammen in die Abbeermaschine geschüttet, die Beeren und Stile voneinander trennt und den Traubensaft in die Plastikfässer bzw. Stahltanks pumpt. Juans Costa gärt nun etwa sechs Wochen vor sich hin – ehe er vor Weihnachten in Kartons abgefüllt wird. Und ich freue mich schon auf mein Gratis-Helferpaket.


Nachtrag vom 15.12.2016

Juan kam heute bei mir vorbei. Unterm Arm ein stattlicher 15-Liter-Karton seines frisch abgefüllten Weins. Wir haben natürlich gleich probiert: ein trockener, weicher und süffiger Costa mit einer schönen klaren Farbe, der zweifellos zu den besten seiner Art in der Alpujarra gehört.

2 Kommentare

  1. Hola:)!
    Der beitrag klingt sehr spannend und ich mich würde es sehr interessieren selber mitzuhelfen und trauben zu pflücken. Gibt es eine möglichkeit? Und wenn ja wie lange?
    Liebe grüsse, Nadine

    1. Liebe Nadine Amacher. Vielen Dank für den Kommentar. Es freut mich, wenn der Artikel auf so viel Interesse stößt. Die Weinernte bei Juan findet Ende Oktober oder Anfang November statt und dauert in der Regel nur einen halben Tag, weil der halbe Ort mithilft. Meistens wird der genaue Erntetag kurzfristig festgelegt. Schreiben Sie mir doch bitte eine kurze E-Mail an blog@spaniens-weinwelten.com und ich würde dann mal bei Juan nachfragen, ob und ggf. wie sich da etwas bzgl. Mithilfe bei der Ernte machen lässt.
      Beste Grüße
      Thomas Götz

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