Celler Alimara – Wein im Werden

Probeflaschen, Celler Alimara

Mein Freund Simon hat mich kürzlich kontaktiert und gefragt, ob ich Lust auf eine besondere Degustation habe. Ein befreundetes Winzerpaar aus Terra Alta sei gerade zu Besuch, und sie wollten nun ein paar Proben des frischen Jahrgangs 2016 verkosten. Es handele sich um Grundweine, die gerade erst vergoren und noch nicht fertig ausgebaut sind.

Eine solche Frage erübrigt sich eigentlich, denn natürlich habe ich immer Lust auf Wein. Eine Verkostung von Weinen in einem solch frühen Stadium hatte ich zudem noch nie mitgemacht, und so war mein Interesse gleich doppelt geweckt.

Winzerpaar Ali und Andy, Gastgeber Ali und Simon
Auf der linken Bildseite das Winzerpaar Andy und Alison McLeod, rechts davon die Gastgeber Alison und Simon Roth. Auf dem Tisch ein paar Proben der frisch vergorenen Weine.

Terra Alta – ein Weingebiet im katalanischen Hinterland
Andy und Alison McLeod haben im Jahr 2013 eher zufällig sechs Hektar Land im katalanischen Anbaugebiet Terra Alta entdeckt und kurzerhand erstanden. Der Jahrgang 2016 wird der erste sein, den sie unter eigener Regie auf den Markt bringen, etwa 25.000 Flaschen. Celler Alimara heißt ihr junges Weingut. Ihre Leidenschaft für den Wein ist allerdings älter, denn schon seit 2001 kultivieren sie Reben in ihrem englischen Zuhause, ein Hobbyprojekt, aus dem rund 1.000 Flaschen Weißwein jährlich hervorgehen. Mittlerweile kommen Andy und Alison so oft es ihre regulären Berufe in England zulassen nach Spanien, um sich ihren Weinbergen und Weinen zu widmen. In ihrer Abwesenheit kümmern sich englische und katalanische Mitarbeiter um die tägliche Arbeit. Die Kommunikation läuft dann über Skype.

Die Weinregion Terra Alta liegt nur wenige Kilometer von bekannteren Anbaugebieten wie Montsant und Priorat entfernt. Die Rebflächen, die Alison und Simon bewirtschaften, liegen auf einer Höhe von etwa 400 Metern, was für spanische Verhältnisse nicht besonders hoch ist. Für die zur ausgewogenen Bildung von Frucht und Säure wichtigen Temperaturschwankungen sorgt ein kühler Nordwind, der aus den Pyrenäen weht.

Weinberg Celler Alimara, Terra Alta
Ein Weinberg von Celler Alimara in Terra Alta (Foto: © Celler Alimara) 

Barrique und Gärhefen geben dem Most verschiedene Noten
Was mich bei unserer Verkostung der Weine im Werden am meisten beeindruckt hat, sind die verschiedenen Geschmacksrichtungen, die ein und der selbe Traubenmost nur aufgrund der Verwendung unterschiedlicher Eichenfässer entwickelt. So hatten wir beispielsweise zwei Gläser eines Cariñena (in Katalonien auch Samso genannt): identische Lese, identische Gärhefen, identischer Ausbau – nur, dass beim einen Wein ein Barrique aus französischer und beim anderen aus amerikanischer Eiche verwendet wird.

Der Geschmack unterscheidet sich wegen dieser einzigen Abweichung enorm. Amerikanische Eiche ist grobporiger als französische und gibt dadurch mehr Eigenaromen an den Wein ab. Der Cariñena aus dem amerikanischen Barrique schmeckt deshalb viel wuchtiger und intensiver – nach dem ersten Schluck und im ersten Eindruck mein Favorit. Doch bereits beim dritten Schluck änderte sich meine Präferenz hin zum französischen Eichenfass. Dessen Wein fand ich nun eleganter, zurückhaltender und angenehmer.


Insgesamt standen Proben von drei Weiß-, vier Rotweinen und einem Rosé auf unserem Verkostungsplan (Foto: © Simon Roth).

Auch innerhalb der französischen Barriques gibt es gewaltige Unterschiede. So hatten wir bei einer weiteren Proberunde zwei Gläser der selben Garnacha-Lese, die jedoch in französischen Eichenfässern unterschiedlicher Hersteller reift: Bei dem einen Wein traten dominierende Vanillearomen zu Tage, beim anderen klangen wiederum ganz deutliche Tabaknoten an.

Nicht weniger interessant gestaltete sich das Probieren zweier Weißweine, bei denen Andy und Alison verschiedene Gärhefen einsetzten. In einem Garnacha Blanca unterstützte die Hefe die Herausbildung zarter Fruchtaromen von grüner Banane, während die zweite Hefe den Wein weniger fruchtig, dafür erdiger und voller erscheinen ließ. Besonders wuchtig kam ferner ein Macabeo daher, dessen Gärung im Eichenfass stattfand. Der spanische Ausdruck hierfür lautet „fermentado en barrica“.

Thomas Götz und Andy McLeod
Der Autor dieses Blogs (links) und Winzer Andy Mc Leod (Foto: © Simon Roth)

Winzer müssen das Potenzial ihrer Weine einschätzen und den Endgeschmack antizipieren können
Für Andy und Alison stehen nun wichtige Entscheidungen an. Sie müssen zuerst das Potenzial ihrer Weine richtig einschätzen und antizipieren, wie sich diese weiter entwickeln. Macht es Sinn bestimmte Tropfen miteinander zu verschneiden? Zum Beispiel den zartfruchtigen Garnacha Blanca mit dem kräftigen, im Eichenfass fermentierten Macabeo. Oder baut man sie besser sortenrein aus? Welche Barriquefässer finden zudem weiter Verwendung? Soll ein Wein im Eichenfass und Stahltank parallel ausgebaut und später ggf. gemischt werden? Kurzum: Ihre Weine schmecken bereits vielversprechend, aber sie werden natürlich im weiteren Reife- und Ausbauprozess nochmals an Eleganz und Intensität gewinnen. Für das Winzerpaar geht es nun darum, das bestmögliche herauszuholen und die idealen Kombinationen zu finden.

Dies gilt auch für einen Rosé aus Garnacha, der mit 15,5% Vol. einen extrem hohen Alkoholgehalt hat, der aber ausgesprochen frisch und „unalkoholisch“ mundet. Wollen ihn Andy und Alison so belassen – ihn gewissermaßen als Laune der Natur und als das Abbild eines sehr heißen trockenen Jahres anerkennen? Oder werden sie dem Wein in einem industriellen Prozess etwas Alkohol entziehen, damit dieser dem Verbraucherwunsch nach einem leichten Sommerwein mit niedrigem Alkoholgehalt entspricht? Wir werden sehen.

Andy und Alison, Celler Alimara
Andy und Alison McLeod, Inhaber des Weinguts Celler Alimara, hier auf Besuch in der Alpujarra.

Ich jedenfalls habe an diesem Tag einige neue Eindrücke über die Arbeit des Winzers im Keller erhalten und auch davon, vor welch schwierigen Entscheidungen ein Weinmacher während des Ausbauprozesses mitweilen steht. Schon jetzt bin ich sehr gespannt darauf, wie der erste Jahrgang von Andy und Alison und ihres Weinguts Celler Alimara am Ende aussieht. „Aussehen“ ist vielleicht gar kein so schlecht gewähltes Wort, denn auch die Flaschenetiketten sind noch in der Entwicklung.

Bei den Weißweinen wird es im Herbst 2017 so weit sein, dass wir die ersten Flaschen öffnen können. Die Rotweine benötigen vermutlich eine längere Reifezeit, bis sie sich voll entfaltet haben. Natürlich halte ich Sie auf diesem Blog über die Entwicklung auf dem Laufenden. Fortsetzung folgt!

Simon und Alison Roth
Auch den Gastgebern Alison und Simon Roth hat’s geschmeckt.

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