Spaniens Weingebiete (1) – die Weltbekannten

López de Heredia, Küferei

Deutschland verfügt über dreizehn Weingebiete. An guten Tagen kann ich alle frei aufsagen. Spanien, von der Anbaufläche betrachtet mit 1,02 Mio. Hektar das größte Rebenland der Welt, kommt auf 76 Weingebiete. Das macht eine Aufzählung schwieriger. Viele Regionen wie Mondéjar, Arribes oder Chacolí de Álava kenne ich selbst nicht. Weder war ich vor Ort, noch habe ich bislang Weine davon getrunken. Das kommt noch.

Weingebiete, Weinlandschaft im Rioja
Weinlandschaft im Rioja (Foto: Dpto. Multimedia / © ICEX). 

Es wird also Zeit etwas Licht ins Dunkel zu bringen und dieses große Weinland zu sortieren. Schrittweise werde ich 2017 auf diesem Blog in sechs Beiträgen spanische Weingebiete vorstellen: die Weltbekannten sind heute dran, es folgen die Arrivierten, die Aufstrebenden, die Größten, die Kleinsten und die Exoten. Beginnen wir also mit den ganz großen Namen: in alphabetischer Folge sind das Jerez-Xérès-Sherry, Priorat, Ribera del Duero und Rioja.

Jerez-Xérès-Sherry – legendäre Likörweine
Nur wenige Weine und Weingebiete können wie Sherry und Xérès auf rund 3.000 Jahre Geschichte zurückblicken. Phönizier, Griechen, Römer und Mauren – alle hinterließen sie ihre Spuren im heutigen Andalusien. So geht die Bezeichnung Sherry auf das arabische Wort „Sherish“ für die heutige Stadt und Sherry-Heimat Jerez de la Frontera zurück. Aus der Zeit der griechischen Kolonisierung im 3. und 4. Jh. v. Chr. stammt die Bezeichnung Xérès für die Region. Sie leitet sich vom griechischen Wort xéros (trocken) ab.

Sherry reift in Eichenfässern
Sherry reift in Eichenfässern im sogenannten Solera-System (Foto: © Consejo Regulador de las Denominaciones de Origen Jerez-Xérès-Sherry – Manzanilla-Sanlúcar de Barrameda).

Die im Südwesten Andalusiens am Atlantik liegenden Städte El Puerto de Santa María und Sanlúcar de Barrameda sowie das fünfzehn Kilometer landeinwärts gelegene Jerez de la Frontera bilden das sogenannte Sherry-Dreieck. Einzig Weine, die aus dieser Region kommen, dürfen sich Sherry nennen. Das Terroir ist ein ganz spezielles: So mildert eine stete Brise vom Atlantik die südspanische Hitze und versorgt die Rebstöcke mit Meeresfeuchtigkeit. Auch die weißen Kalkböden, Albarizas genannt, sind in der Lage große Mengen an Wasser zu speichern und dieses in langen Trockenperioden an die Rebstöcke abzugeben.

Sherry zählt zur Kategorie der Likörweine. Es handelt sich um einen aufgespriteten Wein, das heißt er wird durch die Zugabe von Alkohol (Weingeist) angereichert. Es gibt zwei Grundtypen, die beide aus der weißen Palomino-Traube gewonnen werden: die unter Hefeflor gealterten „Finos“ und die unter Einfluss von Sauerstoff gereiften „Olorosos“. Zu den Finos zählen die Sorten Fino, Manzanilla, Amontillado und Pale Cream. Unter die Olorosos fallen Oloroso, Medium und Cream. Ebenfalls zur Sherry-Familie gehört Pedro Ximénez, ein Süßwein, der aus den gleichnamigen Trauben gewonnen wird.

Sherry-Varianten
Sherry gibt es in vielen Spielarten und Farben (Foto: Fernando Madariaga / © ICEX).

Sherry – das ist eine faszinierende Welt für sich. Je nach Spielart entwickeln diese Likörweine völlig unterschiedliche Noten und Süßegrade. Finos gefallen in der Regel durch eine frische, leicht salzige Aromatik. Die Olorosos zeichnen sich durch einen kräftigen Körper und nussige Aromen aus. Was alle Sherrys ergänzend zu ihrer Herkunft gemeinsam haben ist, dass sie in Eichenfässern reifen. Der Ausbau erfolgt im sogenannten Solera-Verfahren: Hierbei wird einem Fass schrittweise Wein entnommen und ein jüngerer Jahrgang nachgefüllt. So entsteht ein Verschnitt verschiedener Jahrgänge.

Übersicht Jerez-Xérès-Sherry:
Autonome Gemeinschaft: Andalusien
Haupt-Rebsorte: Palomino
Anbaufläche: ca. 8.500 Hektar
Ernte: ca. 73 Mio. kg Trauben
Lagen, Höhe in m. ü. NHN: 20 bis 60 Meter
Böden: weißer Kalk („Albariza“)
Top-Weingüter: u. a. Barbadillo, Emilio Hidalgo, Gonzales Byass, Toro Albala


Priorat – dichte Weine aus dem katalanischen Hinterland
Vom Mittelmeer bei Tarragona etwa fünfzig Kilometer landeinwärts entfernt, stoßen Reisende auf eine karge und zerklüftete Berglandschaft – das Priorat. Ein geradezu winziges Weingebiet, bestehend aus elf Dörfern, das wahrlich große Weine entstehen lässt. Es ist hart diesem trockenen Land und seinen mageren Quartz- und Schieferböden etwas abzugewinnen – nur Oliven- und Mandelbäume und Weinstöcke gedeihen hier. Und gerade weil die Reben kämpfen müssen, produzieren sie außergewöhnliche Qualitäten.

Weinanbau im Priorato
Weinberg im Priorat (Foto: Matías Costa / © ICEX).

In den schwer zu bearbeitenden Hanglagen wird am häufigsten Garnacha angebaut. Jene rote Rebe bildet die Hauptbasis fast aller Priorat-Weine. Etabliert sind auch die Sorten Cariñena, Cabernet Sauvignon und Syrah, die gerne in mehr oder weniger großen Mengen für Cuvées verwendet werden. Im Sommer kann es in den 300 bis max. 1.000 Meter hohen Weinbergen leicht über 40 Grad heiß werden und nachts bis auf 10 Grad abkühlen. Für diese Schwankungen – die den Reben guttun, ihnen bei Nacht Ruhepausen geben und die Reifezeiten verlängern – sorgen teils kräftige Küstenwinde sowie der „sere“, ein trockener Wind aus dem Norden.

Clos Mogador, Weinkeller
Im Keller des Weinguts Clos Mogador (Foto: Matías Costa / © ICEX).

Im Jahr 2012 war ich für zwei Tage im Priorat und habe ein paar Weingüter besucht. Meine Wahrnehmung ist, dass es sich zumeist um dichte, fleischige Weine handelt, mit teils animalisch anmutenden Geruchsnoten und kompottartigen Beerenaromen. Aber: wie überall gibt es natürlich nicht „den einen“ Priorat-Geschmack, sondern viele Prägungen und Stile.

Übersicht Priorat:
Autonome Gemeinschaft: Katalonien
Haupt-Rebsorten: Garnacha und Cariñena
Anbaufläche: ca. 1.700 Hektar
Ernte: ca. 9 Mio. kg Trauben
Lagen, Höhe in m. ü. NHN: 300 bis 1.000 Meter
Böden: Schiefer und Quartz, sehr steinig
Kultwein: L’Ermita (Álvaro Palacios)
Top-Weingüter: u. a. Álvaro Palacios, Mas Martinet, Terroir al LimitVall Llach


Ribera del Duero – Komplexität und Finesse
Bevor der Douro bei Porto in den Atlantik mündet, fließt er durch Spanien und heißt dort Duero. Entlang dieses Flusses liegen einige vorzügliche Weingebiete, das international renommierteste ist Ribera del Duero. Die Weingegend erstreckt sich auf einer Hochebene östlich von Valladolid, die sich durch starke Unterschiede zwischen Tag- und Nachttemperatur und oft unberechenbaren Wetterumschwüngen auszeichnet.

Atauta Tal in Ribera del Duero
In den Hochebenen des Ribera del Duero sind die Weinlagen wie hier im bis zu 1.150 Meter hoch gelegenen Atauta-Tal teils extremen Wetterlagen ausgesetzt (Foto: Pablo Neustadt / © ICEX). 

Allseits geschätzt ist das Anbaugebiet für seine Rotweine aus der Sorte Tempranillo, die in Ribera del Duero auch unter den Namen Tinto Fino bzw. Tinta del País firmiert. Häufig wird die Rebe sortenrein ausgebaut. Das für die Region geltende Weingesetz schreibt für die Vergabe des D.O.-Qualitätssiegels einen Mindestanteil von 70 Prozent vor, so kommen dann zum Teil auch Sorten wie Merlot oder Cabernet Sauvignon als Verschnitt in Einsatz. Tempranillo besitzt kleine dickschalige Beeren, die dem Wein viel Farbe und Extraktstoffe verleihen. Besonders gut gedeiht die Rebe auf kalkhaltigen Böden, die in Ribera del Duero reichlich vorkommen.

Weingebiete, Gläser Tempranillo
Weine aus Ribera del Duero nehmen manchmal fast schon eine schwarze Farbe an (Foto: Desconocido / © ICEX).

Der Dreiklang aus starken Klimakontrasten, Kalkböden und Tempranillo ergibt große und langlebige Weine mit einzigartiger Komplexität und Finesse. Sie sind ein hochfeines Gebilde aus dunkler Farbe, vollem Körper, tiefer Frucht, reichlich Gerbstoffen und lebendiger Säure. Vor allem wegen ihrer frischen Saftigkeit (die von der Säure resultiert) bevorzuge ich tendenziell die Tempranillo-Weine aus Ribera del Duero zu jenen aus dem Rioja.

Übersicht Ribera del Duero:
Autonome Gemeinschaft: Kastilien-Leon
Haupt-Rebsorte: Tempranillo (Tinto Fino)
Anbaufläche: ca. 20.000 Hektar
Ernte: ca. 110 Mio. kg Trauben
Lagen, Höhe in m. ü. NHN: 700 bis 1.150 Meter
Böden: Kalk, Lehm, Sand
Kultwein: Unico (Vega Sicilia)
Top-Weingüter: u. a. Dominio de Pingus, Emilio Moro, Villacreces, Vega Sicilia


Rioja – Schwere und Eleganz aus dem Barrique
Keines der Weingebiete Spaniens reicht in puncto Prestige und Bekanntheit an Rioja heran. Am Mittellauf des Ebro erstreckt es sich auf rund 120 Kilometern Länge und 40 Kilometern Breite. Achtung: In Spanien gibt es die Autonome Gemeinschaft „La Rioja“, ein politisches Gebilde, welches einem Bundesland entspricht. Das Weingebiet „Rioja“ liegt zwar in La Rioja, breitet sich in Teilen aber außerdem in den benachbarten Regionen des Baskenlands und Navarra aus.

Weinkellerei Ysios in Rioja
Auch für seine Weinarchitektur ist das Rioja mittlerweile berühmt. Hier die Weinkellerei Ysios von Architekt Santiago Calatrava (Foto: Dpto. Multimedia / © ICEX). 

Der Aufstieg des Rioja ist eng mit dem relativ nahegelegenen Bordeaux verbunden. Ende des 19. Jahrhunderts vernichtete die Reblaus den Weinbau in Frankreich. Die Nachfrage für spanischen Wein stieg, und viele Weinbauern und Kellermeister aus dem Bordeaux ließen sich im Rioja nieder. Es entstanden Weinkellereien im Bordeaux-Stil, zu denen freilich auch der Einsatz von Barrique-Eichenfässern zählte. Bis heute prägen diese „barricas“ die Weine des Rioja, verleihen ihnen die bei vielen Weintrinkern so geliebten Vanille-, Tabak- und Röstaromen. Ja nach Dauer von Fassausbau und späterer Reifezeit in der Flasche werden die Weine als Crianza, Reserva oder Gran Reserva klassifiziert.

López de Heredia, Küferei
Eine eigene Küferei unterhält das Weingut López de Heredia. Der Kultwein Tondonia Gran Reserva reift volle zehn Jahre im Barrique und weitere zehn Jahre in der Flasche (Foto: Dpto. Multimedia / © ICEX).

Die Rebe des Rioja ist freilich Tempranillo. Sie ist dominierender Bestandteil fast aller Rotweine. Oft wird Tempranillo mit kleineren Anteilen von Graciano, Garnacha oder Mazuelo (Cariñena) verschnitten, zum Beispiel um das Säuregleichgewicht zu verbessern oder einen weicheren Geschmack herbeizuführen. Im Idealfall entstehen so mächtige schwere Weine voller Harmonie und Eleganz.

Übersicht Rioja:
Autonome Gemeinschaften: La Rioja, Pais Vasco (Baskenland), Navarra
Haupt-Rebsorte: Tempranillo
Anbaufläche: ca. 63.000 Hektar
Ernte: ca. 440 Mio. kg Trauben
Lagen, Höhe in m. ü. NHN: 350 bis 750 Meter
Böden: Ton, Kreide, Kalk, Lehm, Sand
Kultwein: Tondonia Gran Reserva (López de Heredia)
Top-Weingüter: u. a. Contador, López de Heredia, Marques de Riscal, Viña Real
Lesen Sie auch auf diesem Blog: Bodegas Baigorri – das neue Rioja


Link-Empfehlung:
Eine prima Übersicht zu den spanischen Weinregionen gibt diese Karte der staatlichen spanischen Wirtschafts- und Handelsvertretung ICEX.

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