Friedrich Schatz und sein Lemberger aus Ronda

Friedrich Schatz, Porträt

Acinipo heißt eine römische Ausgrabungsstätte nahe der andalusischen Stadt Ronda. Übersetzt bedeutet der Name „Land des Weins“. Die Römer, die sich vor rund zweitausend Jahren niederließen, fanden damals eine Gegend vor, die vom Weinanbau geprägt war. Ronda gehört zur Provinz Málaga, die zu Hochzeiten über mehr als 170.000 Hektar Rebfläche verfügte. Das ist deutlich mehr als alle deutschen Weingebiete heute zusammengenommen. Die Reblaus zerstörte Ende des 19. Jahrhunderts das gesamte Weingebiet, so auch die Weinberge bei Ronda. Danach fand Weinanbau für hundert Jahre quasi nicht mehr statt. Seit einigen Jahren herrscht wieder Aufbruchstimmung.

Friedrich Schatz wuchs im württembergischen Remstal auf. Vater und Mutter betrieben in mehrfacher Generationenfolge ein Weingut mit angeschlossener Besenwirtschaft. Mit elterlichem Segen machte sich Friedrich als 18-Jähriger auf, um einen Standort für ein neues Weingut zu finden. 1982 war das, und er landete in Ronda. Ein Mikroklima aus mediterranen und atlantischen Einflüssen überzeugte ihn. Dazu liegt Ronda auf über 700 Metern Meereshöhe. Diese Hochlage bringt an den bis zu 40 Grad heißen Sommertagen eine nächtliche Abkühlung mit sich, die für die Beeren zur Bildung von Säure und Tannin wichtig ist. Also kaufte sich Friedrich Schatz ein Haus mit Grundstück, zu dem bereits ein kleiner Weinberg gehörte.

Ronda, Ansicht
Die Stadt Ronda liegt an einem steil abfallenden Felsplateau.

Das erste Mal bin ich auf Friedrich Schatz und sein Weingut F. Schatz im Sommer 2016 in einer Weinbar in Málaga aufmerksam geworden. Der Kellner, der mich bereits aus vorigen Besuchen kannte, empfahl mir einen Ronda-Wein aus der Lemberger-Traube. Lemberger aus Andalusien? Ich staunte nicht schlecht. Und nach dem ersten genussvollen Glas war mir klar, dass ich die Bodegas F. Schatz eines Tages besuchen muss! Ein halbes Jahr später, an einem trüb-kalten Januartag bin ich dann samt Familie vorgefahren.

Wir finden Friedrich Schatz draußen bei der Arbeit und begrüßen uns auf schwäbisch. Ob ich von der Alb komme? Nein, aus Oberschwaben. Aber sein Dialekt klingt ganz nach Alb? Nein, er kommt aus dem Unterland … schwäbischer Smalltalk, wenn es so etwas gibt. Freilich kommen wir schnell zum Thema Wein. Die kleine Parzelle vor der wir stehen, dient als Versuchsweinberg. Schatz testet hier aktuell das Potenzial von autochthonen Reben wie Rome, Blasco und Melonera. Bislang baut er auf seinen drei Hektar Rebland neun Sorten an, darunter Klassiker wie Chardonnay, Syrah und Tempranillo aber eben auch – einzigartig für Spanien – Lemberger und Muskattrollinger. Deren Rebstöcke brachte er sogar aus Baden-Württemberg mit her.

Eichbottich, Bodegas F. Schatz
Im Weinkeller hängt eine Eichbutte vom Großvater Karl Schatz.

Ausgerechnet der Schwabe Friedrich Schatz und der dem deutsch-österreichischen Adelsgeschlecht abstammende Prinz Alfonso zu Hohenlohe-Langenburg ebneten dem Weinboom, der die Region um Ronda seit Ende der 1990er-Jahre erfasst, den Weg. Als Schatz begann, war er weit und breit der einzige Winzer. Alfonso zu Hohenlohe-Langenburg, Gründer des bekannten Marbella Club, stieß 1991 mit seinem Weingut El Cortijo Las Monjas hinzu.

Nicht nur waren die beiden Pioniere in der regionalen Weinerzeugung, vielmehr war auch politische Arbeit für den Weinstandort Ronda vonnöten. Schatz betont, wie wichtig das Engagement und die Kontakte von Prinz Alfonso waren, um schließlich 2001 die D.O. Sierras de Málaga zu konstituieren. Dieses D.O.-Label ist für Weinmacher in Spanien unter anderem bedeutend, um ihre Erzeugnisse als Qualitätsweine mit Herkunftssiegel deklarieren zu können (Denominación de Origen). Das junge Anbaugebiet D.O. Sierras de Málaga umfasst mehrere Zonen, darunter die „Serrania de Ronda“ in der das Weingut F. Schatz liegt.

Friedrich Schatz beim Rebschnitt
Im Januar müssen die Rebstöcke zurückgeschnitten werden. Friedrich Schatz zeigt uns hier wie das geht.

Schatz-Weine sind Terroir-Weine. Der gelernte Gärtner praktiziert eine biodynamische Landwirtschaft, das heißt er verzichtet gänzlich auf Spritzmittel oder Schwefeln. Ein hübsch angelegter Garten auf dem Gut beheimatet viele Vögel, die sich auf Insektenjagd machen. Schatz nennt die Grünanlage seine „Polizeistation“. Auch Rosmarinbüsche, die am Rand der Parzellen gedeihen, halten durch ihren intensiven Geruch Schädlinge fern. Ferner rührt der Winzer homöopathische Tees und Aufgüsse unter anderem aus Schafgarbe, Eichenrinde und Baldrian an, die er den Reben und dem Boden zur Stärkung zuführt. Das funktioniert. „Wein braucht keine Chemie“, sagt er.

Dieses Motto gilt auch für die Arbeit im Keller, die ohne chemische Zugaben auskommt. Als Beispiel sei hier die Praxis der Spontangärung erwähnt, also der Verzicht auf den Einsatz gezüchteter Hefen. Obwohl alle Weine im Barrique ausgebaut werden, nimmt Friedrich Schatz keine Etikettierungen wie Crianza, Reserva oder Gran Reserva vor. Er will sich bei der Fasslagerung nicht auf eine vorgegebene Dauer festlegen lassen, sondern gibt den Weinen so viel und lange Holz wie sie seiner Meinung nach brauchen. Nicht selten, aber eben nicht immer entstehen so faktische „Crianzas“ und „Reservas“, die sich insbesondere durch lange Reifezeiten in der Flasche auszeichnen. Der Lemberger von 2008 kommt zum Beispiel auf 15 Monate Ausbau im Eichenfass sowie auf weitere sechs Jahre Reifung in der Flasche.

Friedrich Schatz im Weinkeller
In der Schatz-Kammer.

Insgesamt sechs Weine keltert Friedrich Schatz: einen weißen Chardonnay, einen Rosé aus Muskattrollinger und vier Rotweine. Alle zeichnen sich durch einen für spanische Verhältnisse niedrigen Alkoholgehalt von 13% bis 13,5% Vol. aus. Die langen Reifezeiten in der Flasche machen die Schatz-Weine rund und harmonisch, stets sind Säure und Tannine weich eingebettet, niemals aggressiv. Jeder Wein trägt so deutlich die Handschrift des Winzers, obwohl sie sich gleichzeitig grundlegend in ihrem Charakter unterscheiden.

Die für mich erstaunlichsten Weine sind der Pinot Noir, der Muskattrollinger sowie der Lemberger, den Schatz nach der nahegelegenen römischen Ruinenstadt „Acinipo“ benennt. Erstaunlich deshalb, weil man ausgezeichnete Weine von diesen Rebsorten nicht aus solch südlichen Breitengraden vermutet. Schließlich liegt das Weingut F. Schatz auf der geografischen Breite von nordafrikanischen Städten wie Tunis und Algier.

Der Pinot Noir ist ein hochfeiner Wein von außerordentlicher Geschmeidigkeit. Der Rosé aus Muskattrollinger verdient tatsächlich den Namen „Wein“, denn er unterscheidet sich in Kraft und Würze bei gleichzeitiger Finesse und Weichheit wohltuend von den inzwischen allseits üblichen Rosés, die nur noch als heruntergekühltes Sommergetränk dienen. Der Lemberger wiederum ist gänzlich anders, als was wir aus Württemberg oder dem Burgenland (Blaufränkisch) kennen. Das andalusische Klima schenkt ihm viel Sonne, was ihm intensive Beerenaromen und balsamische Noten verleiht.

F. Schatz-Weine, Kollektion
Eine beeindruckende und in sich stimmige Weinkollektion.

Bevor dieser Artikel endet, ist es wichtig zu erwähnen, welchen Einfluss der großartige Weinmacher Friedrich Schatz auf die anderen Winzer der Ronda-Region ausübt. An den drei Tagen, die ich mit Familie in Ronda unterwegs war, haben wir weitere Bodegas besucht, und immer wieder sind wir im Gespräch auf die selbe Weinphilosophie gestoßen: Verzicht auf Spritzmittel im Weinberg und auf chemische Zusätze im Weinkeller. Spontangärung. Anvisierte Ertragsreduzierung auf ein Kilogramm Trauben pro Rebstock. Bepflanzung der Parzellen mit Rosmarin und anderen Kräuterbüschen, um die Biodiversität zu erhöhen und Schädlinge fernzuhalten. Und so weiter. Nicht selten fiel dabei der Name „Federico“, so wird Friedrich von den Einheimischen genannt.

Weil Schatz der erste Neuwinzer in Ronda war und entsprechend über die meiste Erfahrung verfügte, sind fast alle folgenden Weingut-Start-Ups bei ihm vorbeigekommen und haben sich was von ihm abgeschaut. Diese aufstrebende, auf Qualität setzende „Ronda-Schule“ wird noch in den Fokus der Weinwelt rücken. Und bleibt auch Thema dieses Blogs. Garantiert.

Gartenanlage auf dem Weingut
Die Gartenanlage auf dem Weingut verbindet Zerstreuung mit Nützlichkeit.


Weitere Informationen:
Link zum Weingut: http://f-schatz.com

6 Kommentare

  1. Hi Tom,

    dein Artikel über das Schatz-Weingut ist sehr spannend. Aus verschiedenen Gründen: Ronda, eine Stadt, in der ich noch nie war, aber unbedingt mal hinmöchte. Dann der Winzer: Ein Schwabe in Ronde! Und natürlich der Wein, vor allem der bio-dynamische Anbau. Es ist schön zu lesen, wie sich die Idee des ökologischen Weinbaus verbreitet. Bleibt zu hoffen, dass sich auch genügend Konsumenten für diese Weine finden. Bin gespannt auf die weiteren Artikel.

    Liebe Grüße

    Mich

    1. Lieber Mich! Danke für deinen Kommentar, der mich sehr freut. Friedrich Schatz ist wirklich sehr besonders – nicht nur seine Weine, sondern seine gesamte Weinphilosophie und seine Herangehensweise sind bemerkenswert. Nach meinem Besuch bei ihm ist mir klar: soll niemand mehr sagen, ohne Spritzmittel, Schwefeln, Reinzuchthefen oder Schönung entstehe kein guter Wein.
      Was deinen Wunsch betrifft Ronda zu besuchen, dem können wir Abhilfe leisten: Emily und ich stellen gerade ein Programm für eine vier- bis fünftägige Ronda-Weintour für Gruppen zusammen: Besuch von etwa fünf Weingütern mit Verkostung, und zudem auch eines Korkeichenwalds in der Nähe oder des weiteren Olivenöl- und Käseverkostungen sowie einer Stadtführung. Also viel Wein, aber auch Natur und Kultur.
      Vielleicht ja mal zur Abwechslung für dich und deine Freunde nicht nach Schottland zum Whisky?
      Viele Grüße
      Tom

      1. Haben Sie die geplante Reise schon gemacht? Hört sich toll an. Waren gerade in Südspanien und haben den Schatz schätzen gelernt.

    1. Das freut mich, Frau Hohr, wenn Ihnen der Lemberger von Schatz ebenfalls zusagt. Zu Ihrer anderen Frage bzgl. der Ronda-Tour: diese wird Frühjahr 2018 oder Herbst 2018 stattfinden. Den genauen Termin und das Programm werden wir einige Monate im Voraus auf diesem Blog in der Rubrik „Weintouren“ bekanntgeben.
      Herzliche Grüße
      Thomas Götz

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