Spaniens Weingebiete (3) – die Aufstrebenden

Weinregionen Ribeiro, Galicien

Eine ganze Reihe spanischer Weingebiete wie Ribeira Sacra, Valdeorras oder Somontano genießen unter Weinkennern einen prima Ruf. Schaut man sich im deutschen Fachhandel aber um, fällt das Angebot eher mau aus. Rioja, Navarra & Co. dominieren zumeist das Sortiment. Grund genug sich mit den Weinregionen aus der zweiten und dritten Reihe zu befassen – nennen wir sie die Aufstrebenden.

Ein Hinweis vorab: Dieser Artikel ist der dritte Teil einer Serie über spanische Anbaugebiete. Sechs Beiträge, unterteilt in die Weltbekannten, die Arrivierten, die Aufstrebenden, die Größten, die Kleinsten und die Exoten. Mein Tipp: Gute Orientierung zu allen 76 spanischen Weingebieten bietet der Link zu dieser Karte.

Aragón – Wiege von Garnacha und Cariñena
Starten wir nun unsere kleine Spanien-Rundreise im Nordosten in Aragón. Die Autonome Gemeinschaft stellt nicht nur die Wiege bedeutender spanischer Königsdynastien, sondern auch der autochthonen Rebsorten Garnacha und Cariñena dar, die außerhalb Spaniens als Grenache bzw. Carignan einen Siegeszug um den Globus angetreten haben.

Gleich vier exzellente Weinregionen liegen in Aragonien: Campo de Borja, Calatayud, Cariñena (wie die Rebsorte) und Somontano. Lassen wir einmal das katalanische Cluster Montsant-Priorat beiseite, dann liefern diese Anbaugegenden die besten Garnacha-Rotweine ganz Spaniens. Der Tres Picos vom Weingut Borsao (Campo de Borja) im mittleren Preissegment oder der Menguante von Bodegas Pablo (Cariñena) im Bereich unter zehn Euro oder der Lajas von Bodegas Lajas (Calatayud) in der gehobenen Preisklasse seinen stellvertretend genannt.

Garnacha-Rebe, Aragon, Somontano
Garnacha Rebstock in Somontano (Foto: Juan Manuel Sanz / © ICEX)

Somontano ist die Nördlichste der vier aragonesischen Weinregionen. Der Name bedeutet „am Fuß des Gebirges“, womit die Pyrenäen gemeint sind. Ein vorgelagerter Berggürtel schützt das Weingebiet allerdings vor den eisigen Winden des Hochgebirges. Somit fallen die Winter nicht so kalt wie im Rest Aragóns aus.

Was mich an Somontano mit am meisten erstaunt, sind die vielen Gewürztraminer-Weine, die dort gekeltert werden. Die Rebe, die im Rest Spaniens kaum vorkommt, rangiert bei den weißen Sorten hinter Chardonnay an zweiter Stelle. Neulich hatte ich einen solchen Gewürztraminer von Bodegas Sommos im Glas – trocken ausgebaut, goldgelbe Farbe, reichlich Würze und intensive Aromen. Mit stattlichen 13,5% Vol. gab er ein nachdrückliches Gefühl am Gaumen ab. In seiner Machart erinnerte mich der Wein stark an die kühl anmutenden und robusten Gewürztraminer aus Südtirol.

Mehr als Paella – Weine aus Valencia 
Verlassen wir Aragón schnurstracks 250 Kilometer Luftlinie gen Süden. Eine Appellation, aus der ich vermehrt sehr gute Weine trinke, ist die D.O. Valencia. Hier befinden wir uns in einem typisch mediterranen Klima: trockene, heiße und lange Sommer ergeben alkohol- und körperbetonte Weine. Bei den Rotweinen sind die autochthonen Reben Bobal und Monastrell an erster Stelle zu nennen. Es sind typische Sorten für den Südosten Spaniens. Die Klassiker Syrah, Merlot und Cabernet Sauvignon kommen mit dem valencianischen Terroir ebenfalls gut zurecht und ergeben dichte aromatische Tropfen.

Weinregionen: in der D.O. Valencia
Weinfeld in der Provinz Valencia (Foto: Pablo Neustadt / © ICEX)

Ausgezeichnete biologische Weine kommen vom Weingut Los Pinos. Mit Maischegärung mittels Naturhefen und dem Verzicht auf Schwefeln tendiert es in Richtung Naturweine. Das Wort „tendiert“ verwende ich deshalb, weil bei Los Pinos die Weine filtriert werden, was die absoluten Naturweinfreaks nicht unbedingt durchgehen lassen würden.

Eine nette Bekanntschaft und Entdeckung aus der D.O. Valencia habe ich in Jungwinzer Carlos Garcia und seiner Frau Laura vor ein paar Monaten auf einer Weinmesse in Madrid gemacht. Neben schönen Rotweinen aus Monastrell und Bobal stellen sie in ihrem Weingut Hacienda de la Pajarera einen Weißwein-Verschnitt aus Riesling als Hauptsorte und den Reben Viognier und Verdil her. Ein wenig Apfel schimmert durch, ansonsten offenbart der recht kräftige Wein exotischere Anklänge als die klassischen Rieslinge aus deutschen Breitengraden, besitzt im Gegenzug dafür eine nicht ganz so filigrane Struktur wie diese. Okay, ist ein Verschnitt aus drei Reben, weshalb der Vergleich zugegebenermaßen etwas hinkt.

Paella, Reisfelder, Orangen: Die Region um die Hafenstadt Valencia ist für ziemlich vieles bekannt, noch nicht so sehr für Wein. Das wird sich hoffentlich bald ändern!

Carlos García und Frau Laura vom Weingut Hacienda de la Pajarera
Jungwinzer Carlos Garcia und Frau Laura mit ihrem ungewöhnlichen Weißwein aus Riesling, Viognier und Verdil.

Mehr als Süßwein – Aufbruchstimmung in Málaga
Neben Xérès-Sherry das südlichste Weingebiet Spaniens und somit eines der südlichsten ganz Europas ist die D.O. Sierras de Málaga. Da ich in Andalusien lebe und dort häufiger unterwegs bin, kenne ich dieses Weingebiet besser als jene in Aragón oder Valencia. Die Appellation Sierras de Málaga setzt sich aus fünf Subzonen zusammen, die teilweise recht weit voneinander auseinander liegen und über völlig unterschiedliche klimatische Bedingungen verfügen. Die beiden interessantesten Zonen sind für mich die Axarquia und die Serrania de Ronda.

Die Axarquia ist das bergige und schroffe Hinterland der östlichen Costa del Sol. Auf bis zu 1.300 m. ü. NHN werden hier Reben kultiviert. Allen voran die weiße Moscatel de Alejandría, die nur im speziellen Mikroklima zwischen Málaga und Motril die Reblausplage des 19. Jahrhunderts überlebte. Hervorragende Süßweine (eine Málaga-Tradition) und immer mehr formidable, trocken ausgebaute Weine kommen von dieser Muskateller-Art. Gekonnt vinifiziert ergibt die Moscatel de Alejandría fruchtig-frische Weißweine mit mineralischen Anklängen, denen es auch an Säure nicht mangelt – so zum Beispiel der Ariyanas Seco von Bodegas Bentomiz. Für eine gelungene Frucht-Säure-Balance der Beeren sorgen insbesondere die erwähnten Hochlagen mit ihren kühlen Nächten: Auf diese Weise erhalten die Rebstöcke wichtige Erholungspausen.

Friedrich Schatz, Porträt
Der Schwabe Friedrich Schatz. Seit über 35 Jahren Weinpionier im andalusischen Ronda. Wir haben ihn dort im Januar 2017 besucht.

Im Westen der Provinz Málaga haben die Stadt Ronda und deren Umgebung in den vergangenen zwei Jahrzehnten mit gut zwei Dutzend neugegründeten Weingütern einen kleinen Weinboom erlebt. Atlantische und mediterrane Klimaeinflüsse sowie eine Höhe zwischen 650 und 850 Metern über dem Meeresspiegel bilden ein ganz eigenes Terroir, das günstig für den Weinbau ist.

Der Weinpionier der Serrania de Ronda schlechthin ist der Schwabe Friedrich Schatz, der 1982 als 18-jähriger aus dem Remstal nach Andalusien kam und als erster Winzer in Ronda begann Qualitätsweine zu keltern (noch vor dem Marbella-Club-Gründer Prinz Alfonso zu Hohenlohe-Langenburg, der ein paar Jahre später mit seinem Weingut El Cortijo Las Monjas dazustieß). Mit biodynamischem Anbau und unter anderem erstaunlich langer Flaschenreifung erzeugt Friedrich Schatz hochfeine und grandios ausbalancierte Weine – darunter einen Lemberger, einen Rosé aus Muskattrollinger und einen Pinot Noir. Kaum weniger großartig sind die Weine von Descalzos Viejos, ein Weingut, das sich in einer Klosteranlage aus dem 16. Jahrhundert befindet und seinen Weinkeller spektakulär in der einstigen Klosterkirche eingerichtet hat.

Weinkeller, Descalzos Viejos
Weinkeller von Descalzos Viejos in Ronda.

Neues aus Galicien – Treixadura, Mencia und Godello
Begeben wir uns abschließend vom südlichsten Zipfel Spaniens hoch in den äußersten Nordwesten. Das regenreiche Galicien war schön häufiger Thema dieses Blogs, zuletzt dessen bekanntestes Anbaugebiet Rías Baixas mit seiner weißen Paradetraube Albariño. Wer sich mit spanischen Weinen intensiver befassen will, sollte sich auch folgende galicische Weinregionen merken: Valdeorras, Ribeiro, Ribeira Sacra und Monterrei.

Aus Valdeorras wissen vor allem die Weißweine der Godello-Traube zu überzeugen. In Spanien hat die Rebsorte schon lange den Status eines Geheimtipps hinter sich. Godello ist grade „hip“ und wortwörtlich „in aller Munde“. Meine bislang liebsten Godellos – mit knackiger Säure und filigraner Struktur – kommen vom Weingut Virxe de Galir aus Valdeorras. Saftige Weine dieser Sorte konnte ich ferner aus dem direkt an Portugal grenzenden Mini-Weingebiet Monterrei genießen.

Ribeira Sacra, Steillage am Fluss Sil
Ein bisschen Moselflair in Galicien. Steillagen in Ribeira Sacra. Sogar der Schiefer ist echt (Foto: Luis Carré / © ICEX).

Dem Eindruck es gäbe in Galicien nur gute Weißweine soll an dieser Stelle das Weingebiet Ribeira Sacra als Gewährsmann entgegentreten. Die Rotweinsorte Mencia nimmt in der idyllisch gelegenen Appellation rund achtzig Prozent der Anbaufläche ein. Komplexe Aromen, feines Säurespiel und samtige Tannine bieten beispielsweise gleich mehrere Mencia-Weine von Finca Millara. An den Steillagen des Flusses Sil mit ihren Schiefer- und Granitböden fallen sie betont saftig und mineralisch aus und stehen jenen populären Mencias aus der bekannteren Nachbarregion Bierzo (Kastilien-León) in nichts nach.

Soweit mein kurzes Plädoyer für das Rotweinland Galicien. Rasch zurück zum Weißwein und ins kleine Ribeiro. Das erste Mal, dass ich einen Treixadura probierte, war im vergangenen Herbst auf dem Salón de las Estrellas in Madrid. Besitzer Javier Alén vom Weingut Viña Mein goß mir zwei opulente Tropfen ins Glas, die bleibenden Eindruck hinterließen: der Eiras Altas 2015 mit 70% Treixadura, 20% Loureira und 10% Albariño sowie der Tega do Sal 2015 mit 87% Treixadura und 13% Albariño. Von da an war mein Interesse für diese Rebsorte geweckt, und mir scheint, dass die kräftige Treixadura besonders gerne und gut in Ribeiro an- bzw. ausgebaut wird. Ein „leckerer“ sortenreiner Treixadura ist zum Beispiel der Quinta do Avelino von Adegas Parente Garcia. An die komplexen Weine von Viña Mein reicht er aber nicht heran.

Winzer Javier Alén, Weingut Vina Mein, DO Ribeiro
Javier Alén von Viña Mein keltert bevorzugt Weißweine aus der Treixadura-Rebe.

Der vierte Teil dieser Reihe führt uns demnächst in die flächenmäßig größten Weinregionen Spaniens – unter anderem sind wir dann bei den Windmühlen in La Mancha unterwegs. Bleiben Sie dran!

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