Der Sommer kommt – deutsche und spanische Roséweine im Vergleich

Roséweine, Ansicht

Schwester Sandra und Schwager Richard kamen mich in Spanien besuchen. Mit im Gepäck hatten sie drei Roséweine aus der Pfalz von Lena Metzger, Philipp Kuhn und Von Winning. Da der Sommer bevorsteht, beziehungsweise in Andalusien schon mit voller Wucht eingezogen ist, kam uns die Idee bei einer Blindverkostung die drei deutschen Rosés gegen drei ihrer spanischen Pendants antreten zu lassen.

Gedacht, getan. Vor ein paar Tagen setzten wir uns am Abend in den Garten und luden zum Tasting meine Frau Emily, Schwiegervater Lars und Nachbar Alan mit ein. Welcher Rosé hatte am Ende die Nase vorn? Dazu später mehr.

Was ist Roséwein?
Ein spanischer Winzer hat mir gegenüber einmal geäußert, er halte den Rosé für den König der Weine. Bedauerlicherweise gebe es in Spanien fast keinen Markt dafür, fügte er hinzu. Tatsächlich fristen Roséweine auf der iberischen Halbinsel ein Nischendasein im unteren Preissegment, und es finden sich kaum Weinkonsumenten, die bereit wären mehr als acht Euro für eine Flasche zu bezahlen. Leider gibt es entsprechend viele schlechte Rosés im Handel, die einzig nach süßem Fruchtgummi schmecken, obwohl sie trocken ausgebaut sind.

Aber was genau sind eigentlich Roséweine? Eine gängige Auskunft besagt, ein Rosé werde aus Rotweintrauben im Weißweinverfahren hergestellt. Das ist im Grunde richtig, aber etwas zu kurz gegriffen.

In der Tat werden Rosés aus roten Trauben gekeltert. Vor der Gärung steht der Most für zwei bis zwölf Stunden auf der Maische aus Traubenkernen, Fruchtfleisch und Beerenschalen. In den Schalen befinden sich die roten Farbpigmente, und abhängig von der Intensität des Kontaktes mit den Beerenhäuten erhalten die Rosés ihr lachs- bis stark rosafarbenes Aussehen. Erst nach dieser kurzen Maischestandzeit werden sie wie Weißweine vergoren und ausgebaut.

Die deutschen Roséweine
Die deutschen Roséweine: Kuhn, Von Winning und Lena Metzger 

Hinter dieser Form der Weinbereitung steckt die Idee einen Wein zu erzeugen, der die Vorzüge von Rot- und Weißweinen vereint: Im Idealfall kombiniert ein Rosé die Kraft und den Körper eines Rotweins mit der Frische und Fruchtigkeit eines Weißweins. So ist es dann vielleicht verständlicher, wenn der zuvor zitierte Winzer vom „König der Weine“ spricht. In jedem Fall erfordert ein guter Rosé die hohe Kunst des Weinausbaus.

Innerhalb der EU ist es übrigens verboten den naheliegenden Verschnitt von Rot- und Weißweinen zu einem Rosé vorzunehmen. Einige andere Weinländer erlauben dies. Was die EU jedoch bewilligt, ist das gemeinsame Pressen roter und weißer Trauben für einen Rosé. Beispielsweise ist der Rosado des Traditionsweinguts Viña Real, den wir für unsere Degustation mit ausgewählt haben, ein Verschnitt aus der weißen Sorte Viura und der roten Rebe Tempranillo.

Die spanischen Roséweine
Die spanischen Rosés von den Weingütern Enate, Bodegas Calvente und Viña Real

Die Verkostung der sechs Rosés
Die Degustation der sechs Roséweine erfolgt in drei Runden. In jeder Runde serviere ich zwei Gläser, die mit „A“ und „B“ gekennzeichnet sind. Die Flaschen sind in der Küche versteckt, und die Verkoster erhalten keine weiteren Anhaltspunkte, außer dass es sich je um einen deutschen und einen spanischen Wein handelt. Die Rosés kredenze ich kalt. Man trinkt sie wie Weißweine bei 8 bis 12 Grad.

Auf einem Notizblatt bewerten die Tester jeden Wein im von mir leicht abgewandelten 20-Punkte-Schema: max. 5 Punkte für Geruch, max. 9 Punkte für Geschmack und max. 6 Punkte für den Gesamteindruck. Mit dieser Vorgehensweise bekommen wir jeweils einen Rundengewinner sowie in der Addition aller Punktbewertungen einen Gesamtsieger.

Verkosterteam
Riechen, schmecken, bewerten

In der ersten Runde traf der Rosé 2016 von Philipp Kuhn auf den Rosado 2016 von Viña Real (Rioja). Keiner der Weine vermochte Begeisterungsstürme auszulösen. Allerdings landete Philipp Kuhn, dessen Rosé eine lebhafte Frische mitbrachte, einen 4 : 2 Sieg bei den Juroren.

In Runde 2 traf Lena Metzger auf den andalusischen Lokalmatador Calvente. Die junge Pfälzerin meisterte diese Herausforderung mit ihrer runden wie gehaltvollen Cuvée Rosé und setzte sich mit 5 : 1 auf den Bewertungszetteln durch.

Noch deutlicher endete die dritte Runde. Mit 0 : 6 unterlag der Rosado von Enate dem Weingut Von Winning und dessen Win Win 2016. Feine Frucht, animierende Säure, cremig am Gaumen und eine vortreffliche Balance kennzeichnen diesen außergewöhnlichen Rosé, der auch als Gesamtsieger des Tastings hervorging.

Emily vergleicht
Emily vergleicht die Rosés von Lena Metzger und Bodegas H. Calvente. Metzger gab sie 16, Calvente 11 Punkte.

Das Gesamtergebnis
102 Punkte: Von Winning (Pfalz), Win Win 2016
84,5 Punkte: Enate (Somontano), Rosado 2016
83,5 Punkte: Lena Metzger (Pfalz), Cuvée Rosé 2016
76,5 Punkte: Philipp Kuhn (Pfalz), Rosé 2016
69,5 Punkte: Bodegas Calvente (Granada), Rosa-O 2016
56 Punkte: Viña Real (Rioja), Rosado 2016

Fazit: Von Winning war der Favorit aller. Mit dreizehn Euro Verkaufspreis stellt er auch den höchstpreisigen Wein dar. Die anderen Rosés kosten zwischen 6,40 und 8 Euro.

Die deutschen Roséweine schnitten bei unserem Verkostungsteam deutlich besser ab, selbst wenn der ansonsten hochgelobte Philipp Kuhn eher blass blieb. Mit einem Alkoholgehalt von jeweils 11,5% Vol. eignen sie sich insgesamt hervorragend für die heißen Sommertage.

Bei ihren spanischen Kollegen – deren Alkoholgrad bei 13 bis 14% Vol. liegt – ist der geschmacklich komplexe, farblich ins ziegelrot gehende Rosado des Weinguts Enate hervorzuheben. Dieser körperbetonte Rosé aus Cabernet Sauvignon taugt weniger als Sommerwein wie vielmehr als prima Begleiter zu kräftigen Fleischgerichten.

Richard mit Siegerwein
Richard präsentiert die beiden Gesamtsieger: Platz 1 geht deutlich an den bereits leergetrunkenen Von Winning, Platz 2 an das Weingut Enate.

Keiner der sechs Rosés fällt in die Kategorie „süßer Fruchtgummi“. Dass die letzten Plätze der Weingüter Calvente und Viña Real nicht gleich einen schlechten Wein bedeuten, zeigen unter anderem die Bewertungen von Alan. Er listet deren Rosés punktgleich mit Von Winning auf seinem ersten Platz (je 15 Punkte). Der Rosa-O aus Petit Verdot von Calvente schmeckt kräftig und fruchtig, während der Rosé von Viña Real für mein Empfinden einen interessanten wie ungewöhnlichen Duft von gekochtem Gemüse und animalischen Noten verströmte.

Abschließend lässt sich wenig überraschend sagen, dass die deutschen Rosés im Vergleich zu den Spaniern etwas feiner, filigraner und leichter sind und somit als klassische Sommerweine taugen. Die spanischen Roséweine sind kerniger und körperbetonter, so dass sie problemlos mittelschwere Speisen wie ein Huhn aus dem Ofen oder Kotelett begleiten können.

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