Spanien gegen die Welt – eine Verkostung mit Paula, Sergio und La Familia

Familie Lopez Medina bei unserer Blindverkostung

Wenn Paula und Sergio aus Sevilla in ihr Landhaus in die Alpujarra kommen, dann hat es sich zu einer guten Gewohnheit zwischen uns entwickelt, dass wir eine Weinverkostung samt ausgiebigem Mittagessen abhalten. Gestern waren Paula und Sergio bei mir zu Gast und brachten gleich die halbe Familie mit. Für fünfzehn Personen organisierte ich eine Blindverkostung mit acht Weinen: vier Spanier und eine zahlengleiche Weltauswahl.

Familie Lopez Medina bei unserer Blindverkostung
Weinverkostung mit Familie Lopez Medina.

Wie schon häufiger auf diesem Blog geschildert, gestalte ich die Blind-Tastings für gewöhnlich so, dass ich die Flaschen mit weißem Papier überklebe und dann in jeweils vier Runden zwei Weine direkt gegeneinander „antreten“ lasse. Die Teilnehmer an den Verkostungen bewerten die Weine zum einen im 20-Punkte-Schema, zum anderen müssen sie sich für einen Favoriten aus den beiden parallel probierten Weinen entscheiden, so dass wir stets auch einen Rundensieger erhalten.

Bei vorangegangenen Anlässen mit Paula, Sergio & Co. waren es stets die spanischen Tropfen, die sich gegen ihre „ausländischen“ Pendants auf den Bewertungszetteln durchsetzten. Mal klar wie gegen Deutschland, mal ganz knapp wie gegen Italien und Österreich. Dieses Mal sollte es anders kommen: Meine spanischen Freunde bewerteten die internationalen Weine mehrheitlich besser als die Landeseigenen, ganz besonders gilt das für die Weißweine.

Acht Weine
Linke Hälfte Weltauswahl, rechte Hälfte Spanien.

Dabei hatte ich mit dem Albariño 2016 von Bodegas Zarate und dem Moscatel Mountain Wine von Bodegas H. Calvente zwei aus meiner Sicht außergewöhnlich gute Weißweine für die spanische Seite ausgewählt. Trotzdem war es so, dass Zarate aus Rías Baixas den direkten Vergleich mit dem von der Loire kommenden Sauvignon Blanc 2016 von Henri Bourgeois mit 11 zu 4 Stimmen verlor. Dieser Sauvignon Blanc „Petit Bourgeois“ hat eine grasige Note, ist würzig, mineralisch, kraftvoll und zugleich filigran.

Auch in der zweiten Runde zog der wirklich saftige, elegante Mountain Wine 2016 von Calvente mit 6 zu 9 Stimmen den Kürzeren gegen den Gewürztraminer 2015 von Villa Wolf aus der Pfalz, der zugegeben eine herrliche Balance aus Säure und leichter Süße zeigt. Dass die Spanier zweimal zurück lagen, war für mich, vor allem aber auch für meine spanischen Gäste eine echte Überraschung, nachdem wir das Papier abmachten und die Etiketten betrachteten.

Weine mit Känguru
Das Känguru mochte Zarate, den meisten anderen gefiel aber der Petit Bourgeois besser.

Spaniens Ehre rettete dann der Bobal En Calma 2014 von Dominio de la Vega aus der D.O Utiel-Requena. Holz, Säure, Frucht, Gerbstoffe – das alles ist sehr schön eingebettet und ausbalanciert bei diesem Rotwein. Mit 14 zu 1 Stimmen siegte er klar gegen den parallel verkosteten Nero d’Avola 2015 von Caruso Minini aus Sizilien. Jener Bobal (eine autochthone Rotweinsorte aus dem Südosten Spaniens) erhielt bei der Addition der Bewertungen von allen Weinen übrigens die meisten Punkte, obwohl er mit 7,50 Euro im Einkauf der günstigste der acht Weine ist.

Für mich überraschend vermochte der wesentlich teurere El Lance 2014 vom derzeit in der Weinszene hochgehandelten Weingut Suertes del Marqués keine Begeisterung auszulösen. Der Wein stammt von den vulkanischen Böden Teneriffas und wird aus autochthonen Sorten wie Vijariego Negro, Tintilla, Listán Negro und Baboso Negro gekeltert. Meiner Meinung nach war es mit der spannendste Wein der Verkostung – komplex im Duft mit animalischen Noten, am Gaumen saftig, mit vielfältigen Aromen und einer exzellenten Struktur ausgestattet. Mit 12 zu 3 entschieden sich die Tester jedoch für den Zinfandel 2015 von McManis aus Kalifornien, der zwar einen kräftigen, weichen Körper mitbringt, aber für mein Empfinden doch etwas eintönig schmeckt.

Siegerweine
Die beiden Siegerweine bei weiß (Sauvignon Blanc, Loire) bzw. rot (Bobal, Utiel-Requena).

So kann’s gehn. Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Und nicht zum ersten Mal bei einer von mir organisierten Blindverkostung mit Freunden setzte sich am Ende der günstigste Wein – in diesem Fall der sortenreine Bobal aus der D.O. Utiel-Requena – durch. Das ist einerseits verblüffend. Andererseits habe ich in dem Jahr, in dem ich diesen Blog nun betreibe und mich intensiv mit spanischen Weinen befasse, bereits festgestellt, was für unglaublich gute Qualitäten spanische Weine im Segment von 5 bis 8 Euro haben können. Der Preisdruck auf dem hiesigen Weinmarkt ist enorm, das höre ich von Winzern immer wieder. Gerade Regionen, die nicht Rioja, Ribera del Duero oder Priorat heißen, müssen sich einer großen, wachsenden Konkurrenz stellen. Die Qualität wird immer besser, und es gibt keinen Fleck in Spanien aus dem inzwischen nicht gute bis sehr gute Weine kommen. Für mich als Blogger und Konsument ist das fantastisch. Allerdings frage ich mich manchmal, wie einige Weingüter bei einem derart niedrigen Preisniveau überleben können. Denn was im Laden für 5 bis 6 Euro über die Theke geht, bedeutet für das Weingut nicht selten einen Händlerpreis von etwa 1,50 bis 2 Euro pro Flasche.

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