Salón Selección Málaga – darf`s Blaufränkisch sein?

Jose Penin, Martin Kieninger, Thomas Götz

Von meiner selbstgewählten Abgeschiedenheit in einem Bergdorf in der Sierra Nevada gestaltet sich so manche Anreise zu Weinveranstaltungen zeitaufwändig. Bevor ich überhaupt eine Autobahn erreiche, schlängele ich mich im PKW eine Stunde über Bergstraßen. Bin ich erst einmal auf der Autobahn ist es zum Glück nicht mehr allzu weit bis nach Málaga, wo – doppeltes Glück – in dieser Woche der von Guía Peñín veranstaltete Salón Selección Málaga stattgefunden hat. 

Auf den Weinsalons des Guía Peñín – Spaniens wichtigstem Weinguide – bin ich mittlerweile Stammgast und begegne dort häufiger „alten“ Bekannten. Dieses Mal sah ich Álvaro Gago von Bodegas Cuatro Rayas wieder, den ich vor anderthalb Jahren bei einer Nachtlese in Rueda kennengelernt habe. Per E-Mail blieben wir in Kontakt, aber es war natürlich klasse ihn wieder persönlich zu treffen. 

Wiedersehen macht Freude: Mit Alvaro Gago von Cuatro Rayas

Alvaro konnte mir zwei neue Weine vorstellen. Interessant schmeckt der Dorado 61, den Alvaro auf dem obigen Foto in der Hand hält. Der oxidativ ausgebaute Wein erinnert mehr an einen Medium Sherry, obwohl er nicht mit Weingeist aufgespritet wird, und ist so ziemlich das Gegenteil von den frisch-fruchtigen Verdejo-Weißweinen, wie wir sie sonst aus der Region kennen. 

Zu Beginn ist auch der Dorado ein normaler Weißwein aus der Verdejo-Rebe. Dann aber reift er in Ballonflaschen unter freiem Himmel und ist dabei Hitze wie Kälte ausgesetzt. Danach erfolgt der Ausbau in offenen Holzfässern. Durch den Luft- und Holzkontakt erhält der Dorado seine karamell-goldene Farbe (die ihm seinen Namen verleiht) sowie oxidative Aromen von leicht säuerlichen Früchten.

Einen frisch-fruchtigen Verdejo hatte Alvaro Gago freilich auch in Petto. Beim „Cuarenta Vendimias Cuvée“ 2017 werden 80 Prozent des Mosts im Stahltank, die anderen 20 Prozent im Barrique ausgebaut. Meiner Meinung nach reagiert die Rebsorte Verdejo nicht gut auf Barrqiue, sie verliert enorm an Frische und Lebendigkeit. Mit diesem behutsamen Holzeinsatz entsteht aber ein hervorragender Weißwein, dessen frische Aromatik bei schmelziger Textur mir sehr zusagen.

Soweit zu meinen „alten“ Bekannten von Cuatro Rayas. Neu lernte ich hingegen José Peñín kennen (Titelfoto, links im Bild). Spaniens bekanntester Weinkritiker ist ein freundlicher Mann, der sich glücklicherweise keine Starallüren angelegt hat, wie das bei renommierten und hofierten Kritikern schon vorkommen kann. Wir begegneten uns am Stand des Österreichers Martin Kieninger, der im andalusischen Ronda ein Weingut führt und die Weine auch selbst keltert. Gemeinsam verkosteten wir einen recht knackigen Naturwein aus Blaufränkisch (stramme Säure, robuster Körper) und tauschten uns ein wenig über diese eigentlich deutsch-österreichische Rebsorte aus. Den Wein fanden wir jedenfalls beide richtig gut.

Ebenfalls aus Ronda kommt die junge Winzerin Ana Castro, die beeindruckende Weine wie den MHV (Jg. 2015) aus Sorten wie Tintilla, Romé und Melonera erzeugt. Bei letztgenannter Rotweinsorte weisen die Beeren deutlich sichtbare Streifenmuster wie bei Melonen auf. Daher der Name. Ana Castro hat nach der höchstselten vorkommenden Rebe sogar ihr Weingut benannt: Finca La Melonera. Unter diesem Link gelangen Sie zu einem Artikel über die Rebsorte, in dem ein Foto der einzigartig aussehenden Trauben abgebildet ist.

Ana Castro, Finca La Melonera, mit ihrem großartigen MHV.

Zwei Top-Garnacha – elegant, frisch und komplex – kommen aus dem Umland von Madrid. „La Mujer Cañon“ und „Reina de los Deseos“ (jeweils Jg. 2015) entstammen einer Kooperation von Uvas Felices und Comando G. Insbesondere der „Reina de los Deseos“ ähnelt farblich einem Spätburgunder von der Ahr – im Glas funkelt ein zartes, helles Rot. Das ist schlanke Eleganz pur und absolut außergewöhnlich für eine Rebsorte, die eigentlich dafür bekannt ist körperbetonte und intensive Weine hervorzubringen. 

Eine echte Kanone dieser Wein von Uvas Felices und Comando G

Ein wahres Kraftpaket ist hingegen der „Las Tierras de Javier Rodríguez – Finca El Teseo“ 2012 von Rodríguez Sanzo. Der Wein entstammt einer Einzellage aus dem Anbaugebiet Toro. Seine 160 Jahre alten wurzelechten Reben der sogenannten Tinta de Toro (eine Tempranillo-Varietät) gedeihen auf Steinböden mit einem Lehmuntergrund. Die Lage befindet sich auf 950 m Meereshöhe und ist in einem kontinentalen Klima enormen Temperaturunterschieden zwischen Winter und Sommer sowie Tag und Nacht ausgesetzt. Die Säure des Weins ist daher fantastisch. Ordentliche 36 Monate Barrique geben dem Gewächs, von dem nur 1000 Flaschen abgefüllt werden, Power und Harmonie.

Sehr rar und sehr gut. Ein Wein der Lage Finca el Teso aus der DO Toro.

Auf einem Weinsalon in Málaga muss es natürlich auch so etwas wie einen Lokalmatador geben. Diesen Part übernahm die in ganz Spanien aktive Gruppe Jorge Ordoñez mit ihren hochbewerteten natürlichen Süßweinen, die im nahegelegenen Velez-Málaga vinifiziert werden.

Der bei Jorge Ordoñez trocken ausgebaute Botani Moscatel Old Vines 2017 schmeckt mir allerdings nicht so besonders – zu lieblich und zu einsilbig ist er. Da überzeugt der trockene Moscatel des bereits erwähnten Martin Kieninger mit dem sortentypischen exotischen Duft und einem viel längeren Abgang deutlich mehr.

Unbestrittene Klasse sind hingegen die natürlichen Süßeweine von Jorge Ordoñez, allesamt sortenrein aus Moscatel de Alejandría gekeltert und nicht mit Weingeist gespritet. Es gibt die von Guía Peñín mit 95 bis 97 Punkten hochbewerteten Ordoñez-Süßweine in vier Restzucker-Kategorien:  den „Selección Especial Nr. 1“ mit 140 g/l, den „Victoria Nr. 2“ mit 250 g/l, den „Vinas Viejas Nr. 3“ mit 415 g/l und den „Esencia Nr. 4“ mit 512 g/l Restzucker. 

Weltklasse: natürliche Süßweine aus Málaga

Je süßer die Weißweine werden sollen, umso länger lässt man die Beeren am Rebstock rosinieren. Am Stand bei Jorge Ordoñez erhielt ich die Auskunft, dass die Trauben bis zu zwei Monate länger am Stock verbleiben, als wenn sie vollreif geerntet werden würden. Die Beeren schrumpeln auf diese Weise und werden zu natürlichen „Zuckerbomben“. Bis zu 44 kg Lesegut sind erforderlich, um daraus den Saft für eine kleine 375 ml Flasche zu erhalten (im Falle des unendlich süßen Esencia Nr. 4). Das ist eine unfassbar große Menge an Trauben für derart wenig Wein. So erklärt sich dann auch der Preis von etwa 75 Euro für eben jenen „Esencia Nr. 4“. 

Mein Favorit ist aber der 2017er des „Victoria Nr. 2“, für den „nur“ 7 kg Lesegut in die 375 ml Flasche fließen. Mit etwa 17 Euro ist dieser fast schon ein Schnäppchen. 

Was die Süßweine von Jorge Ordoñez von Nr. 1 bis Nr. 4 alle gemeinsam haben ist, dass sie aus sehr alten Moscatel-Reben mit 80 bis 110 Jahren gewonnen werden. Alle entstammen sie zudem aus Lagen in der Axarquia von 700 bis 850 m Höhe. Die Axarquia ist eine Bergregion im Hinterland der Costa del Sol. Nur wenige Kilometer vom Mittelmeer landeinwärts kommen wir bereits auf beachtliche Höhen wie diese. Entsprechende Höhenlagen bringen den Vorteil mit sich, dass die Trauben länger reifen und dabei eine komplexere Aromatik und mehr Säure herausbilden. Die Axarquia und Moscatel: das ist eine Beziehung für Süßweine von Weltformat.

Heuer gab es die erste Auflage in Málaga. Wir sehn uns nächstes Jahr hoffentlich wieder.

Das war natürlich bei Weitem nicht alles von diesem ziemlich hochklassig besetzten Weinevent, aber für den Moment lasse ich es mal so stehen. Sicher werden der ein oder andere interessante Wein bzw. das ein oder andere Weingut vom gestrigen Tag in den kommenden Wochen noch ausführlicher Thema auf diesem Blog sein. Bleiben Sie also dran, mich würd’s sehr freun. 

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