Die Rufete von Viñas del Cambrico

Frage: Kennen Sie einen Gebirgszug auf dem Breitengrad von Madrid, wo alte Reben in Höhenlagen und auf Granitböden wachsen? Neun von zehn Spanienkenner dürften jetzt mit „Sierra de Gredos“ antworten. Und sie liegen dabei auch nicht falsch. Im letzten Jahrzehnt hat es jenes Gebiet mit Rotweinen aus der Garnacha-Rebe und dank Erzeuger wie Comando G zu internationaler Bekanntheit gebracht. 

Eine korrekte Antwort auf die Eingangsfrage lautet außerdem „Sierra de Salamanca“. Die Hochlagen, ein alter Rebbestand und Granitböden kommen dort ebenso wie im benachbarten Gredos-Gebiet vor. Die Hauptsorte heißt allerdings nicht Garnacha, sondern Rufete. Und die Rufete-Weine aus Salamanca stehen den Garnachas aus Gredos keineswegs nach. Sie zeigen eine Pinot-Noir-ähnliche Eleganz.

Alte Rufete-Reben bei Vinas del Cámbrico in der Sierra de Salamanca
Alte Rufete-Reben bei Viñas del Cámbrico, Sierra de Salamanca (Foto: Laura Fortuin)

Die Rufete in der Sierra de Salamanca

Das Anbaugebiet befindet sich 200 Kilometer westlich von Madrid. Bis nach Portugal sind es nur noch siebzig Kilometer. Eigentlich heißt die Region „Sierra de Francia“, weil sich im Mittelalter viele Franzosen ansiedelten. Die Appellation hingegen nennt sich D.O.P. Sierra de Salamanca. 

Der Weinbau findet auf 600 bis 900 Metern Höhe statt. Die Böden sind überwiegend granithaltig. Auch Schiefer und Quartz sind stellenweise vorhanden. Für Zentralspanien handelt es sich ferner um ein erstaunlich regenreiches und grünes Gebiet. So belaufen sich die jährlichen Niederschläge auf 800 bis 1200 mm. Das sind höhere Werte wie es der Jahresdurchschnitt für Hamburg (770 mm) aufweist.

Die Nähe zu Portugal definiert den Großteil der lokalen Rebsorten: Über 60 Prozent des Anbaus entfallen auf die Rufete, die portugiesischen Ursprungs ist. Laut Auskunft des VIVC-Katalogs für Rebsorten ging sie aus einer Kreuzung der weißen Traube Perepinhao Portalegre mit der roten Sorte Molar hervor. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich in der Sierra de Salamanca allerdings eigene Klone der Varietät herausgebildet.

Rufete-Traube
Rufete-Traube: Dicke Beeren mit dünner Haut.

Eine Traube, die helle, schlanke und elegante Weine ergibt

Die Rufete verfügt wie die Pinot Noir über dünne Beerenhäute. Deshalb verfügen die Rotweine über eine relativ helle Farbe und weiche Tannine. Die Beeren können zudem Säure gut konservieren, was ergänzend für Frische im Wein sorgt. 

Allgemein lässt sich sagen, dass die Rufete bei qualitätsorientierten Winzern fein ausbalancierte Gewächse ergibt, die schlank, mitunter zart und elegant wirken. Sie erinnern eher an Weine aus französischen Sorten wie Pinot Noir oder Gamay. Es handelt sich um Rotweine mit Tiefgang und Finesse und einem moderaten Alkoholgehalt, der selten 13,5% Vol. übersteigt. Neben fruchtigen und blumigen Noten zeigen sie Mineralität und erdige Anklänge.

Aufgrund von Abwanderung der Landbevölkerung gingen die Bestände der Rufete in der „Sierra“ – wie die Einheimischen abgekürzt sagen – stark zurück. Konkret verzeichnet die Universität von Valladolid in einer vor fünfzehn Jahren publizierten Studie einen Rückgang von 15.900 Hektar im Jahr 1962 auf 2300 Hektar im Jahr 2005. 

Glücklicherweise gibt es inzwischen einige Qualitätserzeuger, die das Potenzial der Rufete für hochfeine Weine aufzeigen und den Weg in die Zukunft weisen. In den vergangenen zwei Jahren konnte ich unter anderem exzellente Gewächse von den Weingütern Rochal und Viñas Serranas (ein bisschen freaky) probieren. Am meisten beeindruckten mich die sortenrein ausgebauten Rufete von Viñas del Cámbrico.

Viñas del Cámbrico – Weine mit Finesse und Persönlichkeit

Fernando Maillo, den Weinmacher und Inhaber von Viñas del Cámbrico, habe ich auf der Fenavin 2019 kennengelernt. Ralf Kastner von der Deuna Weindistribution stellte uns einander vor. Ich war damals so begeistert von den diversen Rufete-Weinen, dass ich die Sierra de Salamanca und Viñas del Cámbrico im baldigen Sommer besuchen wollte. Schließlich geht nichts über die Vor-Ort-Erfahrung. Wie es aussieht, steht diesem Vorhaben ein Virus im Weg. Ergo hole ich den Besuch irgendwann nach.

Fernando Maillo je einem Wein aus roter und weißer Rufete in der Hand
Fernando Maillo mit zwei seiner herausragenden Rufete-Weine auf der Fenavin 2019.

Die Cámbrico-Weinkellerei befindet sich nahe der Ortschaft Villanueva del Conde auf zirka 800 Metern Meereshöhe. Benannt ist das Weingut nach dem Erdzeitalter Kambrium. In dieser Zeit vor 500 Millionen Jahren entstand die Sierra de Salamanca.

Noch nicht ganz so lange keltert Fernando Maillo seine Weine. Das Weingut gründete er im Jahr 2000 mit weiteren Geschäftspartnern. Auf rund 50.000 Flaschen kommt die Jahresproduktion. Neben der Hauptsorte Rufete kultiviert er Tempranillo und Calabrés. Letztgenannte Rebe ist ein lokal-spezifischer Garnacha-Klon. 

Der Rufete-Bestand von Viñas del Cámbrico ist zur Hälfte über 80 Jahre alt. Die Reben bewirtschaftet das Weingut biologisch. Die daraus gewonnenen Rotweine vergärt Fernando Maillo in Stahltanks und baut sie anschließend in 300- und 500-l-Fässern aus.

Herausragend ist der Cámbrico Rufete Granito El Pocito 2014. Vorangehend hatte ich im Zusammenhang mit der Rufete-Rebe bereits Begriffe wie Tiefgang, Eleganz und Finesse verwendet. Das trifft auf diesen vielschichtigen Parzellenwein in großartiger Manier zu. Sein Preis liegt im Handel bei über 50 Euro. Er ist jeden Cent wert.

Günstiger (unter 20 Euro) und ebenfalls ausgezeichnet ist der sortenrein gekelterte Ortswein Rufete Villanueva 2016. Bei mittlerem Körper ist er wunderbar frisch und weich. Ein erdiger und fleischiger Touch dringt durch. Fruchtige und florale Noten treten ebenso hervor. Insgesamt ist das Gewächs hervorragend ausbalanciert, und der Abgang ist animierend.

Den Villanueva 2016 habe ich zu „Gambas al Pil Pil“ genossen. Das sind in Olivenöl, Knoblauch und Chili gebratene Garnelen. Ein Rotwein zu diesem Tapas-Gericht ist zwar nicht unbedingt naheliegend. Trotzdem hat die Kombination sehr schön gepasst, eben weil der Wein so frisch ist und über weiches Tannin verfügt. Mit 13% Alkoholgehalt liegt er zudem im moderaten Bereich. Den Bezugslink setzte ich am Ende des Beitrags.

Rufete Villanueva 2016
Tiptop Wein: weich, elegant, frisch

Es gibt eine noch viel seltenere weiße Rufete

Die rote Rufete kommt in Spanien nun wirklich nicht häufig vor. Noch viel seltener ist aber die weiße Traube. Von jener „Rufete Blanca“ gibt es bei Viñas del Cámbrico keine eigene Parzelle. Vielmehr sind einzelne Rebstöcke über verschiedene Weinlagen verteilt. „Um 100 Kilogramm der Rufete Blanca zu ernten, müssen wir in mehrere Weinberge gehen“, erklärt Fernando Maillo in einem YouTube-Video.

Die Rufete Blanca wird häufiger „Verdejo Serrano“ genannt. Die Traube ist aber nicht verwandt mit der bekannten Verdejo-Sorte aus dem Anbaugebiet Rueda, sondern ebenfalls portugiesischer Herkunft. Im Gegensatz zur roten Rufete besitzt die weiße Rufete dicke Schalen. Der daraus gekelterte Granito Rufete Blanca 2016 ist vollmundig, leicht moussierend, hat eine knackige Säure und einen großen Spannungsbogen. Ein mineralischer Weißwein mit spannender Persönlichkeit.


Weitere Infos:

Bezugsquelle, u.a.: www.drinksco.de

“Support your local grape” ist eine Beitragsserie über seltene autochthone Rebsorten Spaniens. Zu allen Blogartikeln in dieser Reihe gelangen Sie über diesen Link.

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