Do Ferreiro – Heavy Metal am Sonntagmorgen

Als die D.O. Rías Baixas im Jahr 1988 gegründet wurde, kannte so gut wie niemand außerhalb Galiciens deren Weißweine aus der Rebsorte Albariño. Damals betrug die Rebfläche des Anbaugebiets 873 Hektar.

Heute, gut dreißig Jahre später, kommt das am Atlantik liegende DO-Gebiet auf 4047 Hektar eingetragenes Rebland. Dieser Anstieg von 463 Prozent ist einem anhaltenden Boom zu verdanken, den die Albariño seit den 1990er-Jahren erfährt.

Im Zuge der steigenden Nachfrage sind vermehrt kommerzielle Albariños auf den Markt gelangt, die den Mainstream-Geschmack bedienen. Sie sind fruchtig und frisch, nett zu trinken, wirken dabei allerdings ein wenig beliebig und tun Niemandem weh.

Zum Glück gibt es Erzeuger, die es verstehen das enorme Potenzial der Rebe ganz auszuschöpfen. Sie arbeiten mit teilweise langen Hefestandzeiten, gären die Moste vollends durch und verzichten auf einen biologischen Säureabbau. Diese Albariños zeichnen sich durch eine tiefere Textur, spürbare Mineralität, Zitrusaromatik und einen packenden Säurezug aus.

Zu jenen Top-Erzeugern gehört das 1973 gegründete Familienweingut Gerardo Méndez. Die Albariños, die unter der Marke Do Ferreiro in den Handel gelangen, zählen zu den Klassikern und zu den Besten aus Rías Baixas. Beispielsweise wählte jüngst das amerikanische Magazin Wine & Spirits Gerardo Méndez bzw. Do Ferreiro in die weltweit Top-100-Weingüter des Jahres 2019. Anfang Oktober habe ich das Weingut besucht und dabei Winzer Manuel Méndez – Sohn von Gerardo Méndez – getroffen.

Bei Gerardo Méndez - Do Ferreiro
Bei Bodegas Gerardo Méndez. „Orreos“ heißen die erhöhten Schuppen, in denen früher Getreide und Lebensmittel gelagert wurden.

Rías Baixas – Albariño total

Bevor wir zu Do Ferreiro kommen, gibt es ein wenig Geografiekunde. Diese ist für jene Leserinnen und Leser gedacht, die von Rías Baixas und Albariño zwar schon einmal gehört haben, aber vielleicht nicht so genau wissen, wohin das gehört. Wer mit Region und Sorte vertraut ist, kann diesen Absatz auslassen und danach wieder einsteigen.

Das Anbaugebiet Rías Baixas zieht sich südlich der Pilgerstadt Santiago de Compostela den Atlantik bis zur portugiesischen Grenze entlang. Namensgeber für das Weingebiet sind die zahlreichen Buchten, die sich an der dortigen Westküste ins Land bahnen. Rías Baixas übersetzt sich wörtlich als „Untere Fjörde“. Sinngemäß besser ist „Südliche Fjörde“, eben weil wir uns im südlichen Teil Galiciens befinden.

Die D.O. Rías Baixas – ich hatte es bereits angedeutet – ist weltbekannt für Weißweine aus der Sorte Albariño. Laut Auskunft des zuständigen Kontrollrats kommt die Rebe auf 96% der Weinproduktion im Anbaugebiet. Daneben existieren einige feine autochthone Trauben wie die rote Caiño und die weiße Loureira.

Das Weingebiet besteht aus fünf Subzonen. Eine davon ist das Salnes-Tal. Es handelt sich um die Hauptzone der D.O. Rías Baixas. Auf jenes „Val do Salnes“ entfallen über 60% der Gesamtproduktion. Die Dichte an erstklassigen Weinerzeugern ist hier entsprechend hoch. Neben Gerardo Méndez dürfen stellvertretend Albamar, Anadigna, Nanclares, Zarate und das historisch bedeutende Palacio de Fefiñanes genannt werden.

Im Salnes-Tal in Rías Baixas. Typische Pergola-Haltung der Reben.
Im Salnes-Tal in Rías Baixas. Typische Pergola-Haltung der Reben.

Das Salnes-Tal – Regen und Tau vom Atlantik

Als wir an einem Sonntagmorgen zu Gerardo Méndez fahren, sind Teile des Salnes-Tals wie so oft in einen Tauschleier gehüllt. Es ist ja nicht nur so, dass atlantische Winde viel Regenwolken ins Gebiet tragen. Wenn es einmal nicht regnet, ist es durch den morgendlichen Reif trotzdem bis zum Mittag nass. Der Tau zieht vom angrenzenden Atlantik herein. Die Tröpfchen, die sich auf den Reben ablegen, sind leicht salzig.

Die Albariño hat sich dem feuchten Klima angepasst. Verglichen mit anderen Rebsorten – so sagen mir Winzer vor Ort – zeigt sie sich resistenter gegen Pilz- und Fäulnisbefall. Darüber hinaus wird die Rebe im Salnes-Tal zumeist in der traditionellen Pergola-Erziehung gehalten. Bei diesem System sind die Trauben weit vom nassen Boden entfernt und es herrscht eine bessere Ventilation im Weinberg. Früher wurde unter den „Rebenlauben“ sogar Gemüse angebaut. Eine doppelte Landnutzung quasi. 

Zurück ins heute: Mittlerweile stehen wir wie verabredet pünktlich im Vorhof bei Gerardo Méndez und warten auf das Empfangskomitee. Niemand da. Nach ein paar Minuten begebe ich mich auf die Suche. Aus einem Seitengebäude höre ich Musik schallen, die immer lauter wird, je näher ich komme. Ein ziemlich harter Heavy-Metal-Sound dröhnt mir entgegen. Ich schaue durch den offenen Türspalt und sehe einen jungen Mann, wie er aus einem Gärtank Weinproben in Reagenzgläser füllt. 

Um bemerkt zu werden, rufe ich so laut ich kann „HOLA, BUENOS DIAS.“. Bereits mit dem ersten Schrei bin ich erfolgreich. Manuel Méndez dreht sich um und kommt mir sogleich entgegen. Nach einer freundlichen Begrüßung begeben wir uns zurück in den Vorhof, wo der Rest der Gruppe (ich bin mit einem Schweizer Weinclub auf Tour) wartet.

Zu Gast bei Gerardo Mendez - Do Ferreiro
Ein ruhiger Sonntagmorgen bei Gerardo Méndez

Cepas Vellas – ein Weißwein aus 230 Jahre alte Reben

Als erstes gehen wir in eine Weinparzelle direkt neben dem Haus und staunen nicht schlecht. Hier wachsen über 200 Jahre alte Albariño-Reben. Schriftliche Quellen von 1790 weisen das Grundstück bereits als Weinland aus. Manuel Méndez erzählt uns, dass sein Großvater das Anwesen 1970 kaufte. Es war damals völlig verwahrlost und verwildert und eben mit diesen uralten Reben darauf.

Derart alte Reben sind eine absolute Seltenheit. Bekanntermaßen zerstörte die Reblaus ab Ende des 19. Jahrhunderts nahezu alle Weinlagen in Europa. Aufgrund der Granitsandböden im Salnes-Tal blieben einige Rebgärten vom Schädling hingegen verschont. Die Reblaus, welche die Wurzeln der Stöcke befällt, kann sich im sandigen Untergrund schwer fortbewegen. Und weite Pflanzabstände zwischen den Reben – wie sie hier vorherrschen – machen das Unterfangen nochmals schwieriger.

Aus den Trauben jener bis zu 230 Jahre alten Reben wird der Weißwein Cepas Vellas gekeltert, dessen 2013er-Jahrgang wir probieren. Das Schöne an diesem Kultwein ist unter anderem, dass er mit 30 Euro noch gut bezahlbar ist. Darüber hinaus ist er tief und komplex, und er besitzt eine frische wie reife Aromatik. Dass der Wein viel Mineralität hat, ist klar. Dieses Merkmal trifft auf alle anderen Do-Ferreiro-Albariño ebenfalls zu.

Manuel Méndez zwischen einer uralten Rebe
Manuel Méndez zwischen einer uralten Rebe

Dous Ferrados – fünf Parzellen am Atlantik

Das Weingut Gerardo Méndez bewirtschaftet 13 Hektar Rebland. Diese verteilen sich auf sage und schreibe 175 (!) Parzellen. Das bedeutet ein Schnitt von 0,07 Hektar je Weinlage. 

Der Grund für solche Miniparzellen ist die in Galicien lange praktizierte Erbteilung. So wurde das Land immer mehr zersplittert. Die Kleinteiligkeit ist besonders für Rías Baixas typisch. Hierzu eine aktuelle Auskunft des DO-Kontrollrats: Die gesamte Anbaufläche des Weingebiets von 4047 Hektar verteilt sich auf 21.825 Parzellen. Die durchschnittliche Fläche einer Weinlage der D.O. Rías Baixas beträgt somit 0,18 Hektar.

Fünf Parzellen, die besonders nah am Atlantik auf einer Landhöhe mit etwa 100 m liegen, erbringen das Lesegut für den Dous Ferrados 2017. Ihre Böden besitzen einen hohen Anteil an Rotschiefer. Von Portugal ausgehend, zieht sich ein etwa 1,5 Kilometer breites Band den Atlantik bis nach Großbritannien hoch, das eben diese spezielle geologische Formation mit rotem Schiefer enthält. Jene fünf Parzellen liegen auf diesem Band.

Für mich ist der Dous Ferrados der vielleicht schönste Wein aus der Do-Ferreiro-Selektion. Er verfügt über Mineralität, Frische und Eleganz. Mir gefällt, wie ruhig und klar dieser Weißwein daherkommt. Er ist leichtfüßig und kompakt. Große Klasse.

Um die Primäraromen der Traube stärker zur Geltung zu bringen, ist der alkoholischen Gärung eine Kaltmazeration vorgeschaltet (wie bei allen Do-Ferreiro-Weinen). Nach der alkoholischen Gärung im offenen Bottich erfolgt ein zehnmonatiger Ausbau auf der Feinhefe in 14 Jahre alten 500-l-Holzfässern.

Albariño Do Ferreiro: dreimal Extraklasse
Albariño Do Ferreiro: dreimal Extraklasse

Do Ferreiro – Albariño vom Schmied

Während die zuvor genannten Weißweine Cepas Vellas und Dous Ferrados in kleineren Auflagen erhältlich sind, gibt es als weiteres Gewächs den Albariño Do Ferreiro. Er ist so etwas wie der Markenwein, den man in Spanien im Handel und in der Gastronomie recht häufig antrifft. Bei unsrer Degustation zeigt der 2018er-Jahrgang eine reife Frucht und frische Zitrusaromen. Ein klasse Weißwein mit Charakter: straff, knackig und mit salzigen Noten am Gaumen. 

Manuel Méndez erzählt uns gegen Ende unseres Besuchs, dass sein Großvater – der 1970 das Anwesen des heutigen Weinguts kaufte – Schmied war. Auf galicisch „Ferreiro“. Der Markenname „Albariño Do Ferreiro“ übersetzt sich folglich in „Albariño vom Schmied“. Und vom Schmied zum Heavy Metal ist der Weg nicht weit.


Link zum Weingut: www.bodegasgerardomendez.com

2 Kommentare

    1. Danke für den freundlichen Kommentar. Ich habe mal kurz nachgeschaut. Bei in Deutschland ansässigen Händlern kann ich im Moment nur den Do Ferreiro 2018 im Angebot finden. Zum Beispiel hier: https://www.silkes-weinkeller.de/Wein/Spanien/Rias-Baixas/Gerardo-Mendez/
      Es gibt darüber hinaus einen in Spanien ansässigen Händler, der auch nach Deutschland liefert. Bei diesem ist das Angebot größer und auch der Dous Ferrados zu haben:
      https://www.bodeboca.com/bodegas/bodegas-gerardo-mendez

      Beste Grüße
      Thomas Götz

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