Auf ein Glas Wein mit Don Alfonso

Don Alfonso vor seinem Pfarrhaus

Don Alfonso ist seit etwa einem Jahr der Pfarrer unserer kleinen Gemeinde in der Alpujarra. Er ist ein stets freundlicher und aufgeschlossener Mensch und war im Zuge seiner Priestertätigkeit viele Jahre in Rom, den USA, in Mexiko und Norwegen unterwegs. Als er mitbekommen hat, dass ich einen Blog über spanische Weine betreibe, meinte er, ich solle unbedingt bei ihm vorbeikommen, denn er wolle mir ein paar Weine aus seiner nordspanischen Heimat León vorstellen.

Don Alfonso vor seinem Pfarrhaus
Don Alfonso begrüßt uns vor seinem Pfarrhaus.

Diese Einladung hat mich gleich zweifach erfreut. Zum einen unterhalte ich mich immer gerne mit Don Alfonso, der auch einen Doktortitel in Philosophie besitzt und das Fach nebenbei an der Universität von Granada lehrt. Zum anderen hatte ich mich in den vorangegangenen Wochen auf diesem Blog hauptsächlich mit Weinen und Weingebieten aus Andalusien beschäftigt. So sollten die Tropfen aus den nordwestlich gelegenen Anbaugebieten Tierra de León und Bierzo eine willkommene Abwechslung darstellen.

Don Alfonso hatte für unsere kleine Degustation drei Weine vorgesehen: einen Weißwein aus der autochthonen Sorte Albarín, die nicht mit der bekannteren, aus Galicien stammenden Albariño zu verwechseln ist. Ferner einen Rosé aus der ebenfalls für die Tierra de León spezifischen Rebe Prieto Picudo. Und zuletzt einen Rotwein aus der Region Bierzo und der dort typischen Mencía-Traube. Als Tapas gab es Käse aus La Mancha und der Alpujarra, Oliven aus Jaén sowie Wildschwein-Chorizo aus Toledo.

Tapas und Wein bei Don Alfonso
Wein und Tapas sind in Spanien zwei Seiten derselben Medaille.

Mencia und Prieto Picudo: zwei autochthone Reben aus León 
Die Autonome Gemeinschaft Kastilien-León, vergleichbar mit einem deutschen Bundesland, besteht aus neun Provinzen, von denen die nördlichste León ist. Die gleichnamige Provinzhauptstadt mit ihren rund 130.000 Einwohnern verfügt über eine bedeutende Kathedrale im Stile der französischen Gotik und ist Station des Jakobswegs, zu dessen Ziel Santiago de Compostela die Pilger von León aus noch etwa 300 Kilometer zurückzulegen haben.

Zur Provinz León gehören die beiden Weingebiete Tierra de León und das an Galicien grenzende Bierzo. Letztgenannte Anbauregion rückt zunehmend in den Fokus der Weinwelt, denn die dort gekelterten Rotweine aus der Mencía-Rebe zählen zu den Spitzenweinen Spaniens. Ein Pluspunkt des Bierzo sind seine Rebberge auf Granit und Schiefer. Die Mencía-Traube entwickelt auf diesen Böden ihr ganzes Potenzial und lässt bei umsichtiger Vinifizierung vielschichtige Weine mit seidenem Tannin und mineralischen Komponenten entstehen.

Weinlandschaft in Bierzo
Weinlandschaft in Bierzo in der Provinz León (Foto: Juan Manuel Sanz / © ICEX)

Geografisch gesehen bildet das Bierzo den Übergang von der kastilischen Hochebene – die unter dem Einfluss kontinentaler Witterung steht – hinüber nach Galicien, das vom feuchten Atlantikklima geprägt ist. Diese unterschiedlichen Wetterlagen, die aus moderater Sonne und reichlich Regen bestehen, bescheren der Mencía eine schöne Balance aus Frucht und Säure, aus vollem Körper und straffer Struktur. Man könnte auch umgekehrt sagen: Die Sorte Mencía, die empfindlich auf zuviel Hitze und Sonneneinstrahlung reagiert, passt perfekt zum eher kühlen Mikroklima des Bierzo, weshalb sie rund siebzig Prozent seiner gesamten Anbaufläche ausmacht. Im heißeren Südspanien ist diese Weinrebe deshalb nicht zu finden.

Weinlese, Mencia, Bierzo
Mencía-Ernte in Bierzo (Foto: Juan Manuel Sanz / © ICEX)

Die im Vergleich zum Bierzo weiter landeinwärts und südlicher gelegene Tierra de León ist eine noch junge Appellation, die erst seit 2004 als Qualitätsweingebiet (D.O. = Denominación de Origen) klassifiziert ist. Hier überwiegt trocken-kontinentales Klima, der atlantische Einfluss fällt geringer aus. Durchschnittlich 2.700 Sonnenstunden im Jahr stellen eine gute Basis für fruchtige Weine dar, denen es dank der Höhe – die Tierra de León erstreckt sich auf einem Hochplateau – ebenfalls nicht an Säure mangelt.

Die am häufigsten in Tierra de León vorkommende Rebe ist die rote Prieto Picudo. Was ich bislang von dieser Weinrebe getrunken habe, besitzt nicht ganz die Finesse und Komplexität der Mencía-Traube. Prieto Picudo liefert aber durchaus interessante und aromatische Trinkweine. Wegen der geringeren Pigmentierung der Beerenschalen wird die Sorte gerne zur Herstellung kraftvoller Rosés herangezogen.

Don Alfonso zeigt uns alte Schriften aus dem Gemeindearchiv
Don Alfonso und meine Frau Emily lesen in einem Kirchendokument aus dem 18. Jahrhundert.

Im Anschluss an unsere Wein-Tapas-Verkostung gewährte uns Don Alfonso einen Blick ins katholische Gemeindearchiv, das seit 1573 lückenlos ist, also bis zurück in jene Zeit reicht, in der die Alpujarra vom katholischen Spanien zurückerobert und die Mauren vertrieben wurden. Für mich als Verleger, der sich seit bald zehn Jahren beruflich mit Buchproduktion beschäftigt, war es ein Genuss diese jahrhundertealten Bücher zu begutachten: die filigranen Ledereinbände und die kunstvollen Handschriften, die die Menschen damals noch zu haben pflegten.

Zum Abschied erfolgte eine Gegeneinladung in unser Haus: In nicht allzu ferner Zukunft möchte ich Don Alfonso ein paar Weine und Wurstspezialitäten aus baden-württembergischen Gebieten vorstellen.


Folgende drei Weine haben wir bei Don Alfonso verkostet:
Bodegas Julio Crespo, Finca Villazán, Albarín 2015 (weiß) sowie Finca Villazán, Rosado 2015, Prieto Picudo, D.O. Tierra de León
Weingut Vinos de Arganza, Flavium, Mencía 2014, D.O. Bierzo

Hinterlasse einen Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert