Die Forcalla und Rafael Cambra

Rafael Cambra, DO Valencia

Valencia ist für mich derzeit eines der spannendsten Weingebiete Spaniens. Das hat auch mit dem Winzer Rafael Cambra zu tun, welcher in der Stilistik schlanke und saftig-frische Rotweine mit Persönlichkeit erzeugt. 2001 begann er mit acht Holzfässern in einer Garage „mit viel Leidenschaft, vielen Träumen und wenig Geld“, wie er im Interview erzählt. Heute füllt Rafael Cambra jährlich um die 150.000 Flaschen ab, darunter Spitzenweine aus einheimischen Reben wie Monastrell, Arcos, Bonicaire und Forcalla.

Ein Rotwein aus der Sorte Forcalla

Auf Zoom habe ich mich kürzlich mit Rafael Cambra über sein Weingut in der D.O. Valencia und seinen Wein 2018 La Forcalla de Antonia unterhalten. Rafael begann seine Weinkarriere in Frankreich und in der Rioja. Er war dort glücklich, wie er sagt, und dennoch zog es ihn in die Heimat zurück. Seine Kellerei im Ort Fontanars dels Alforins liegt auf 700 Metern Meereshöhe, obwohl nur 60 Kilometer Luftlinie vom Mittelmeer entfernt. Aufgrund dieser Höhenlage fallen die Winter und Sommernächte deutlich kühler als am Meer aus. Hier, an der Grenze zu Kastilien-La Mancha, macht sich bereits ein kontinentaler Klimaeinfluss bemerkbar.

Die Rebsorte Forcalla – manche sagen auch Forcallat – ist seit Jahrhunderten im Hinterland von Valencia heimisch. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist sie jedoch fast ausgestorben: Valencia produzierte damals nahezu ausschließlich Bulkweine, also Fassware für Großhändler und Großproduzenten. Jene Bulkweine wurden nach Farbintensität und Alkoholgehalt bezahlt. Je mehr davon, umso besser.

Im Vergleich zu Rebsorten wie Monastrell und Garnacha Tintorera ergibt die Forcalla-Traube aber helle Rotweine mit niedrigem Alkoholgehalt. So hatte sie das Nachsehen und ebenso andere lokale Trauben wie Arcos, Bonicaire und Mandó. Viele Stöcke von diesen Weinreben wurden ausgerissen und durch dunklere und alkoholischere Sorten ersetzt. Sie überlebten nur auf wenigen Hektaren. 

Die Reben sind fast 60 Jahre alt.
Seltener Forcalla-Rebstock bei Rafael Cambra. Die Reben sind 55 Jahre alt.

Heute entsprechen Trauben wie Forcalla, Mandó und Arcos mit ihrem leichten und eleganten Profil dem gegenwärtigen Trinktrend. Die frischen, teils knackigen Rotweine passen ausgezeichnet als Begleiter zur mediterranen Küche. Was für ein Glück, dass sich neben Rafael Cambra so Erzeuger wie die Pioniere Celler del Roure und der Newcomer Javier Revert diesen raren Reben annehmen!

Und was für großartige Weine sie daraus keltern! Nehmen wir den „2018 La Forcalla de Antonia“ – ein interessantes und individuelles Gewächs mit atlantisch-mediterranem Charakter. Atlantisch kühl, weil es in der Nase frisch, floral und rotbeerig anmutet und nur 13 Prozent Alkoholgrade hat. Mediterran, weil ebenfalls erdige Assoziationen eines Pinienwaldes durchdringen. Die Textur fühlt sich etwas aufgeraut an, da ist Grip am Gaumen, präsentes Tannin und Zug nach hinten raus. Insgesamt hat der Wein viele Facetten: ein wenig rau, zugleich elegant, saftig und hervorragend balanciert. Bei einer Blindprobe könnte man an eine Mencía aus Bierzo oder eine Garnacha aus Gredos oder eben an eine Forcalla aus Valencia denken.

Der Weinbauer, der den Forcalla-Weinberg Anfang der 1960er gepflanzt hat. Der Wein ist nach seiner Frau Antonia benannt.
Weinbauer Vicente Segura hat den Forcalla-Weinberg Anfang der 1960er gepflanzt. Der Wein ist nach seiner Frau Antonia benannt.

Rafael Cambra – biologischer Anbau, keine Bewässerung und wurzelechte Reben

Die Trauben für den Wein entstammen einer 55 Jahre alten Parzelle mit wurzelechten Reben. Dies ist gar nicht so untypisch für Südostspanien: Weil die Böden vielerorts sandig sind und die Reblaus in diesem Untergrund kaum existieren kann, pflanzten manche Winzer in Gebieten wie Valencia, Alicante, Jumilla oder Manchuela noch bis in die 1970er-Jahre ihre Weinstöcke ohne die üblichen amerikanischen Unterlagsreben.

Darüber hinaus hat Rafael Cambra jüngere Forcalla-Reben gepflanzt, deren Trauben er für Cuvées einsetzt. Insgesamt hat er zehn Hektar im Anbau, die Vorkommen in der gesamten D.O. Valencia schätzt er auf gerade einmal dreißig Hektar.

Obwohl die Forcalla tendenziell hellere Rotweine ergibt, verfügen die Beeren über eine dicke und robuste Schale. Generell kommt die Sorte mit dem heißen trockenen Klima und den armen sandigen Böden gut zurecht. Sie reift sehr spät – noch später als Monastrell – und wird erst Mitte Oktober geerntet. Eine wichtige wie positive Eigenschaft ist diesbezüglich, dass sie eine gute Resistenz gegen Fäulnisbefall mitbringt: So übersteht die Forcalla zumeist unbeschadet die heftigen Regenfälle, welche die Region für gewöhnlich im September heimsuchen. Andere Sorten neigen im Vergleich viel stärker zu Botrytisbefall (Grauschimmelfäule).

Forcalla-Trauben bei Rafael Cambra. Die Sorte besitzt dicke Schalen, reift spät und ist gut resistent gegen Fäulnisbefall.
Die Forcalla-Traube besitzt dicke Schalen, reift spät und zeigt sich widerstandsfähig gegen Fäulnisbefall.

Rafael Cambra arbeitet in allen Weinbergen biologisch. Er sagt, der biologische Anbau sei die Basis und der Anfang von allem. Ich stimme voll und ganz zu: Gesunde Böden ergeben gesunde Reben und die ergeben gesunde Trauben von hoher Qualität. Da Rafael Cambra die Weinlagen nicht bewässert, fallen die Erträge mit 25 bis 35 Hektoliter je Hektar niedrig aus, was freilich ein weiteres Qualitätsmerkmal darstellt.

Im Keller vergären alle Weine spontan. Den Parzellenwein „La Forcalla de Antonia“ baut Rafael Cambra in gebrauchten 500-l-Holzfässern und in Betongefäßen aus. Neuholz kommt nicht zum Einsatz, es würde dem Wein die Eleganz nehmen, sagt er. Vom Jahrgang 2018 hat er 5.600 Flaschen abgefüllt.

Und wie sieht die Zukunft der Forcalla in Valencia aus? Womöglich ganz gut, wenn ich an dieser Stelle spekulieren darf: Im Zuge des Klimawandels und der Erderwärmung könnten die heute so populären Sorten wie Monastrell und Garnacha Tintorera früher oder später zu alkoholisch und zu schwer ausfallen. Die leichteren Forcalla, Arcos & Co. könnten dann ihren Platz einnehmen und an Rebfläche deutlich zulegen. Bis es soweit ist, dürfen wir schon einmal La Forcalla de Antonia genießen.

La Forcalla de Antonia 2018: floral, frisch, mit Grip im Mund
La Forcalla de Antonia 2018: floral, frisch, mit Grip im Mund und mit individuellem Charakter.

Weitere Infos:

“Support your local grape” ist eine Beitragsserie über alte autochthone Rebsorten Spaniens, die lange Zeit vergessen bzw. vernachlässigt waren und nun wieder an Zulauf und Bedeutung gewinnen. Zu allen Blogartikeln der Reihe führt dieser Link.

Titelbild: © Thomas Götz, Spaniens Weinwelten
Andere Fotos: © Rafael Cambra

3 Kommentare

  1. Die sehr spannenden Weine von Rafa(el) Cambra sind immer eine Versuchung wert. Unser Kundenliebling ist der CASABOSCA, der mit gleich 4 regionalen Rebsorten (Monastrell + Arco + Forcallá + Bonicaire) begeistert. Salud !

    1. Hallo Jochen, klasse, dass du in deinem Geschäft die Weine von Rafael Cambra hast! Verlinke doch bitte gerne auf deine Bezugsseite, das interessiert bestimmt einige Leser und Leserinnen.

      Schöne Grüße nach Memmingen!
      Thomas

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