Das arme Klima. Es sorgt für so viel negative Schlagzeilen und kann selbst nichts dafür. Nicht der Klimawandel ist deshalb Thema dieses Beitrags, sondern die verschiedenen Klimazonen, die es in Spanien gibt und wie sich diese auf den Weinanbau und den Wein auswirken.
Atlantik, Mittelmeer, zentralspanische Hochebene – dies sind die bestimmenden Klimafaktoren auf der iberischen Halbinsel. Je nach Region ist das Wetter atlantisch bzw. mediterran bzw. kontinental geprägt. Darüber hinaus herrschen ein semiarides Klima in den Halbwüsten im Südosten des Festlands sowie ein ozeanisch-subtropisches Klima auf den Kanarischen Inseln. Und nicht selten spielen die verschiedenen Klimazonen ineinander.
Grundlegend lässt sich sagen, dass die Rebe warme Hänge, trockene Böden und viel Licht benötigt, um ideal zu gedeihen. Bei Temperaturen von 25 bis 28 Grad reift sie im Sommer optimal – das heißt, sie bildet Zucker, Frucht, Säure und Tannine in ausgewogenem Maße heraus. Im heißen Südeuropa – also auch in Spanien – spielt die Hochlage diesbezüglich eine wichtige Rolle. Denn pro 100 Höhenmeter nimmt die Durchschnittstemperatur um 0,6 Grad ab. Das bedeutet, dass sich die besten Lagen oftmals zwischen 650 und 1350 Höhenmetern befinden. Die höchste Weinlage Deutschlands liegt am Hohentwiel zum Vergleich gerade mal auf 560 Höhenmetern. Aber in Deutschland sind kühlende Temperaturen wie sie in Hochlagen vorkommen natürlich auch nicht hilfreich, es herrscht ja eher ein Mangel an Sonne und Wärme. Kommen wir nun aber konkret zu den drei bestimmenden Klimazonen Spaniens:
Mediterranes Klima: Weinlage in der DO Valencia (Foto: Pablo Neustadt / © ICEX).
Mediterranes Klima
Typisch für ein mediterranes Klima sind heiße, trockene Sommer und milde Winter. Durch geringe Luftfeuchtigkeit besteht beim Weinanbau in der Regel ein geringeres Risiko für Pilzkrankheiten, was den biologischen Anbau vereinfacht, da auf Einsatz von Kupfer verzichtet werden kann. Weite Teile Süd- und Ostspaniens zeichnen sich durch ein Mittelmeerklima aus – von der andalusischen Costa del Sol bei Málaga über die Costa Blanca bei Alicante bis zur Costa Brava rund um das katalanische Barcelona. Durch das heiße Klima geraten mediterrane Weine in der Regel alkoholisch, schwer und dicht. Sie sind eher körper- als säurebetont, und sie schmecken nach reifen Früchten. Die vollreifen Trauben mit ihrem hohen Zuckergehalt eignen sich auch gut zur Herstellung von alkoholstarken Süßweinen, für die beispielsweise die Provinz Málaga in früheren Jahrhunderten (vor der Reblausplage) bekannt war und neuerdings wieder unter Weinkennern bekannt wird.
Nur wenige Kilometer vom Mittelmeer entfernt: Hochlage von über 1300 m in der Sierra de la Contraviesa.
Es gibt zu dieser reinen Lehre aber auch zahlreiche Ausnahmen in Spanien, die mit den eingangs erwähnten Hochlagen und spezifischen Bodenbeschaffenheiten bestimmter Gegenden am Mittelmeer zu tun haben. Ein Beispiel: Die höchsten Weinlagen Spaniens und ganz Kontinentaleuropas finden sich in der Sierra de la Contraviesa auf bis zu 1400 m.ü. NHN. Ich habe das Glück in dieser Berggegend zu wohnen und kenne die Region und ihre Weine recht gut. Wir befinden uns in unmittelbarer Nähe zum Mittelmeer in einem der südlichsten Zipfel Europas. Dank der Hochlage von weit über 1000 m sind die Winter nicht mild, sondern kalt, es schneit hier sogar. Und selbst in den extrem heißen Monaten Juli und August kühlt es nachts ab. Die Folge dieses Bergklimas sind ausgesprochen saftige Weine mit einem hervorragenden Säuregehalt, wie er für „typische“ Mittelmeerweine eigentlich ungewöhnlich ist. Und die in der Sierra de la Contraviesa vorkommenden Schieferböden verpassen den Weinen zudem eine mitunter spektakuläre Mineralik.
Kontinentales Klima: Eine Hochebene durchzieht die D.O. Rueda in Kastilien-Leon.
Kontinentales Klima
Nahezu ganz Zentralspanien liegt abgeschirmt von diversen Bergketten auf einer weiten Hochebene. Weinlagen finden sich hier auf 600 m bis zu über 1000 m Höhe wie zum Beispiel in der D.O. Manchuela in der Autonomen Gemeinschaft Kastilien-La Mancha. Es herrscht kontinentales Klima, welches sich durch große Temperaturschwankungen auszeichnet, die zwischen Tag und Nacht mehr als 20 Grad Celsius Unterschied betragen können. Auf diese Weise produzieren die Trauben tagsüber Zucker und Frucht und bilden nachts Säure und Tannine heraus.
Typisch für kontinentales Klima sind heiße, trockene Sommer mit geringer Luftfeuchtigkeit und kalte Winter. Im Vergleich zu meeresnahen Gebieten bleiben die Niederschläge gering, und im Herbst sinken die Temperaturen rasch ab. Kontinentales Klima begünstigt fruchtige Weine mit lebhafter Säure, die insbesondere bei Weißweinen zu Tage tritt. Die bekanntesten spanischen Weingebiete unter dem Einfluss der zentralspanischen Hochebene sind die nördlich von Madrid gelegenen D.O. Rueda und D.O. Ribera del Duero sowie die sich südlich von Madrid ausbreitende D.O. La Mancha, mit 190.000 Hektar das größte Weingebiet der Welt.
Kontinentales Klima: In Kastilien-La Mancha liegt die zentralspanische Hochebene teils auf über 1000 m, wie hier bei einer Weinlage von Finca Elez (Foto: Patricia R. Soto / © ICEX).
Atlantisches Klima
Nahezu ganz Nordspanien liegt am Atlantik. Das Klima zeichnet sich durch warme Sommer und milde Winter aus. Gegenüber kontinentalem Klima kommt es zu wesentlich geringeren Unterschieden zwischen Tag und Nacht. Die Niederschläge sind hoch – in Galicien im äußersten Nordwesten Spaniens liegen sie bei bis zu 1500 mm pro Jahr. Das ist in etwa das Doppelte, was in Deutschland so jährlich herunterfällt. Winde und eine hohe Luftfeuchtigkeit sind zudem prägend. Hier fehlen die für Spanien sonst so typischen Hochlagen, und sie werden auch nicht gebraucht, denn der Atlantik fungiert als ausgleichender Temperaturpuffer: Im Sommer wird das Land vom Ozean gekühlt und im Winter erwärmt. Die Weine fallen tendenziell säurebetont, frisch und filigran aus, was in Galicien aber nicht nur am Atlantik, sondern auch am Zusammenspiel mit den dortigen Granitböden liegt, die über einen hohen Säuregehalt verfügen sowie die Eigenschaft besitzen, eine klare Mineralität und frische Säure an die Weine abzugeben.
Galicien, D.O. Rias Baixas: Unter dem Einfluss des Atlantiks (Foto: Juan Manuel Sanz / © ICEX).
Nur eine Tendenz, kein Gesetz
Was ich hier aus diversen Quellen – eigene Gespräche mit Winzern und (Online-)Literatur – zusammengetragen habe, gibt freilich nur eine ganz allgemeine Richtung vor. Mediterrane Weine = körperbetont, reife Frucht und alkoholisch. Atlantische Weine = säurebetont, schlank und frisch. Diese Gleichungen zeigen lediglich Tendenzen, zu denen es viele Ausnahmen gibt. Gerade dieses „Gesetzlose“ macht das Thema Wein so komplex und interessant. Neuerdings hatte ich zum Beispiel einen Rotwein vom Weingut Stachel in der Pfalz im Glas: 100% Cabernet Sauvignon, 15% Vol., 18 Monate Barrique, 5 Wochen Maischegärung (Kirchenstück 2015). Ein Wein, der mit seiner Dichte und Kraft und seinem hohen Alkoholgehalt bei einer Blindverkostung locker als mediterraner Wein durchgehen würde, auch wenn die Pfalz unbestritten nicht grade nah am Mittelmeer liegt und niemals dessen Sonnenstunden erreicht.
Atlantik und subtropisches Klima: eine spannende Mischung auf Teneriffa (Foto: Desconocido / © ICEX).
Regionen mit verschiedenen Klimaeinflüssen
Darüber hinaus gibt es freilich viele spanische Anbaugebiete, die unter dem Einfluss von zwei oder drei Klimazonen stehen. Das Bierzo mit seinen teils fantastischen Weinen aus der Mencia-Rebe ist atlantisch-kontinental geprägt. Ebenso wie die Appellationen Rioja und Navarra, bei denen die südöstlichen Gebiete sogar ergänzend einen mediterranen Einschlag erfahren.
Das Anbaugebiet Jumilla in Murcia steht wiederum unter mediterran-kontinentalem Einfluss, während die andalusische Serrania de Ronda – eine Subzone der D.O. Sierras de Málaga – als mediterran-atlantisch durchgeht.
Eine Besonderheit stellen die Kanaren Inseln dar: Auf La Palma, Teneriffa & Co. herrscht atlantisch-subtropisches Klima. Die dortigen (Hoch-)Lagen mit ihren vulkanischen Böden sind mitunter spektakulär und ebenso die Weine.
Zum Abschluss ein paar Weintipps:
Mein Tipp für einen mediterranen Wein: Finca Collado, Delit Plaer de Monastrell 2013, D.O. Alicante, ca. 15 Euro (dichter Rotwein aus Monastrell-Rebe).
Mein Tipp für einen mediterranen Bergwein: Barranco Oscuro, Garnata 2010, Sierra de la Contraviesa, ca. 20 Euro (Naturwein aus Garnacha).
Mein Tipp für einen kontinentalen Wein: Javier Sanz Viticultor, Malcorta 2015, D.O. Rueda, ca. 18 Euro (mächtiger Weißwein aus der seltenen Verdejo-Varietät „Malcorta“).
Mein Tipp für einen atlantischen Wein: Bodegas Albamar, Pepe Luis 2015, D.O. Rías Baixas, ca. 20 Euro (knackiger Weißwein aus Albarino, mit viel Struktur).
Mein Tipp für einen Wein von den Kanaren: Suertes del Marqués, 7 Fuentes 2013, D.O. Valle de la Orotava, Teneriffa, ca. 13 Euro (komplexer Rotwein aus den autochthonen Sorten Listán Negro und Tintilla).