La Bodega de las Estrellas – der Himmel über Valdepeñas

Dionisio de Nova

Das Anbaugebiet Valdepeñas ist nicht unbedingt für charaktervolle Qualitätsweine, sondern eher für günstige Massenweine bekannt. Doch es gibt Ausnahmen und eine solche habe ich kürzlich in Form des Weinguts La Bodega de las Estrellas besucht. Winzer Dionisio de Nova erzeugt in der Ortschaft Valdepeñas ausgezeichnete Bioweine, einige davon sogar als Naturweine und Orange Wine ausgebaut.

Windmühle Valdepenas
In der Stadt Valdepeñas

La Bodega de las Estrellas – Klein und Bio aus Valdepeñas
Bei einer Internetrecherche stieß ich zufällig auf ein eher kleines Bioweingut in Valdepeñas. Nach allem was man von dieser Weinregion kennt und hört, gibt es das eigentlich nicht. Das machte mich freilich so neugierig, dass ich kürzlich auf einer Fahrt nach Madrid samt Familie im Schlepptau bei La Bodega de las Estrellas aufschlug.

Dionisio de Nova hat das Weingut 1986 in vierter Familiengeneration übernommen und die Produktion sogleich auf Bio umgestellt. Seine Weinberge werden ausschließlich mit Naturdüngern wie Tierdung oder Kompost bestellt. Darüber hinaus verzichtet der Weinmacher gänzlich auf den Einsatz sogenannter Pflanzenschutzmittel. Das trockene kontinentale Klima kommt dem biologischen Weinanbau zugute, erklärt uns Dionisio de Nova, denn es verringert die Gefahr von Schädlingsbefall und Krankheiten.

In Valdepeñas – auf rund 700 m Meereshöhe auf der zentralspanischen Hochebene – fallen die Temperaturunterschiede zwischen Winter und Sommer sehr groß aus. In den heißen trockenen Sommern existieren ferner signifikante Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht. Dies ist unter anderem der Säurebildung in den Trauben dienlich, und so zeigen die Weine von La Bodega de las Estrellas durchgängig Frische und Saftigkeit. Dazu später mehr.

Eingang zu Bodega
Ein kleiner Straßenzug in Valdepeñas, Ziegelfassade, zwei Holztüren und dahinter La Bodega de las Estrellas.

Wein im Zeichen des Mond- und kosmischen Kalenders
Neben der biologischen Landwirtschaft ist ein weiteres spezifisches Merkmal die Arbeit nach dem Mondkalender und kosmischen Kalender. Der Mond, das zeigen bereits die Gezeiten Flut und Ebbe, wirkt sich physikalisch auf unsere Erde aus. Dionisio de Nova, der ursprünglich Agrarwirtschaft in Barcelona studierte, macht sich außerdem die Kenntnisse der Astronomie zu eigen.

Die Arbeit im Weinberg und die Weinbereitung im Keller nach dem Mond- und kosmischen Kalender abzustimmen, sei kompliziert und komplex, wie uns Dionisio sagt. Aber er ist davon überzeugt, dass sich diese Herangehensweise positiv auf den Wein auswirkt. So zieht er beispielsweise den Wein nur dann in ein anderes Behältnis um, wenn der Mond abnimmt, denn dann komme der Wein besser zur Ruhe. Ein abnehmender Mond fördere zudem eine langsamere Vergärung des Mosts, führt er als weiteres Beispiel auf. Eine solche gezügelte Vergärung kann meines Wissens nach die Aromatik eines Weins erhöhen.

Allein ein abnehmender Mond ist jedoch zu einfach dargestellt: Der Mond befindet sich nämlich auf einer annähernd elliptischen Umlaufbahn zur Erde. Ob er sich dabei in einer Aufwärts- oder Abwärtsbewegung zum jeweiligen Standort auf unserem Planeten befindet, ist ein weiteres Kriterium für die Bestimmung des richtigen Zeitpunkts einer Tätigkeit im Weinberg und Keller. Bei diesen sehr allgemeinen Ausführungen belasse ich es an dieser Stelle, da mir die Kompetenz in diesem Feld fehlt.

Dionisio de Nova
Weinmacher Dionisio de Nova erklärt uns den kosmischen Kalender.

Ein Weinidyll mitten im Ort
La Bodega de las Estrellas bewirtschaftet 39 Hektar Rebland, darunter befinden sich Parzellen mit bis zu 90 Jahre alten Reben der Tempranillo und der weißen Airén. Die Böden sind kalkhaltig, mal fester, mal durchlässiger und erlauben eine Gesamtproduktion von rund 150.000 Litern im Jahr.

Die Kellerei liegt mitten in der Stadt Valdepeñas. Hinter einer Ziegelfassade und zwei rustikalen Holztüren tut sich ein Weinuniversum auf, in dem man zuerst einen liebevoll dekorierten und friedlichen Patio (Innenhof) betritt. Die Bodega steht seit über 200 Jahren an diesem Ort.

Früher, sagt uns Silvia García, die uns durch die Kellerei führt, sei es üblich gewesen die Weingüter im Schutz der Dörfer zu errichten. Da Banditen die Gegend unsicher machten, wäre ein einzelnes Weingut in freier Landschaft ein leichtes Angriffsziel gewesen.

Tonamphoren oberer Keller
Ein ebenerdiger Weinkeller mit beeindruckend großen Tonamphoren.

Bio-, Orange- und Naturweine
Nach Auskunft von Silvia García ist La Bodega de las Estrellas das letzte in der Stadt Valdepeñas verbliebene Weingut, welches seine Weine komplett aus eigenen Trauben keltert. Ansonsten wird die Weinerzeugung in Valdepeñas von riesigen „Marken“ wie Félix Solís, López Navarro und Pata Negra bestimmt, deren Produktion etliche Millionen Liter im Jahr beträgt. Die Weine sind uniform und austauschbar.

Im Gegensatz dazu sprüht das Weingut La Bodega de las Estrellas geradezu vor Experimentierfreude, denn es werden neben Bioweinen zum Beispiel auch Naturweine und Orange Wine erzeugt. Der Unterschied zwischen Bio- und Naturweinen, dies als kurze Erläuterung, liegt in der Weinbereitung im Keller. Naturweine werden spontan mit natürlichen Hefen vergoren, ihnen wird kein Schwefel beigesetzt und sie werden zudem nicht geschönt und filtriert. Bei Bioweinen sind hingegen all diese genannten Verfahren durchaus möglich. Das „Bio“ bezieht sich im Grunde nur auf den Anbau, sprich die Landwirtschaft. Zwar liegt die gesetzlich geregelte Schwefeldosierung bei Bioweinen niedriger als bei konventionellen Weinen, aber die erlaubte Menge ist immer noch sehr hoch.

Ein Orange Wine wiederum ist ein aus weißen Trauben gekelterter Most, der wie Rotweine auf den Beerenschalen vergoren wird. Dabei zieht der Most die Farbe aus den Häuten und erhält eine kräftige, oftmals ins Orange gehende Farbe. Kräftiger, wie es bei gewöhnlichen Weißweinen der Fall ist, die sofort gepresst und einzig als Saft vergoren werden.

Im Weinkeller
Dionysos, der Gott des Weines.

Weinbereitung in 200 Jahre alten Tonamphoren
Besucht man La Bodega de las Estrellas, so wird man auch in einen spektakulären, neun Meter tief gelegenen Weinkeller geführt. Vor 150 Jahren existierte ein ganzes Netz solcher unterirdischer Weinkeller in Valdepeñas. So tief unter der Erde sind die Temperaturen mit 10 bis 15 ºC konstant kühl, das war in Zeiten ohne Kühlaggregate und temperaturregulierenden Edelstahltanks natürlich von Vorteil.

Bei La Bodega de las Estrellas dient der über 200 Jahre alte Keller immer noch zur Weinherstellung. Fast noch spektakulärer sind dabei die 200 Jahre alten Tonamphoren, die hier stehen und in denen die Weine ausgebaut werden.

Amphoren aus Ton sind die traditionellen Behältnisse für den Weinausbau in Valdepeñas. Bäume, sprich Holz, gab und gibt es in der Region so gut wie keine. Dafür verfügen weite Teile der Mancha über stark tonhaltige Böden – vor allem rund um die Stadt Villarrobledo, die sich zu einem Zentrum der Herstellung von Tonamphoren entwickelte.

Bei La Bodega de las Estrellas hat die Verwendung von Tonamphoren eine lange Geschichte. Weltweit setzen erst in jüngster Zeit wieder mehr Weingüter auf Tonbehältnisse, denn im Gegensatz zu den luftdichten Edelstahltanks ermöglichen sie eine Mikrooxidation des Weins. Und im Gegensatz zu Holz geben sie keine Eigenaromen an den Wein ab.

Unterirdischer Weinkeller
Neun Meter unterirdisch gelegener Keller mit 200 Jahre alten Tonamphoren.

Die Weinverkostung
Unsere Verkostung umfasst mehrere, durchweg überzeugende Weine, von denen ich vier hervorhebe.

Ein Spitzenwein ist der „Dionisos ego Amphora 2014“. Er wird sortenrein aus alten Tempranillo-Reben gekeltert und für vier Jahre in Tonamphoren ausgebaut (Gärung und Reifung). Sogleich gefällt mir die Saftigkeit dieses Rotweins, die sich aus der Kombination von lebhafter Säure und reifer roter Frucht ergibt. Umrahmt wird diese Saftigkeit von feinem Tannin, das dem Wein festen Grip und einen langen Abgang beschert. Als i-Tüpfelchen kommt eine tolle Mineralität hinzu.

Zart und floral im Bukett sowie frisch und anhaltend am Gaumen zeigt sich der „Dionisos Blanco de Tinto 2017“, ein Blanc de Noir aus Tempranillo. Auch dies ist ein sogenannter „vino de tinaja“, also ein Wein aus Amphoren. Sehr schön und einfach zu trinken, und trotzdem speziell.

Weine von Bodega de las Estrellas
Spannende, ausgezeichnete Weine von La Bodega de las Estrellas

Last, but not least zwei Orange Wine: einer aus der autochthonen Weißweinrebe Airén, der andere aus der Sorte Macabeo. Für beide gibt es noch kein Etikett, denn der Jahrgang 2018 wird ihr erster sein.

Dionisio de Nova erkannte sogleich mein aufflammendes Interesse, als er mir von seinen neuen Orange Weinen erzählte und gab mir jeweils die sortenreinen Airén und Macabeo frisch abgezapft mit auf den Weg.

Orange Weine entwickeln oft ganz andere Aromen als „gewöhnliche“ Weißweine, denn die Vergärung im Kontakt mit den Schalen macht sie kräftiger. Beim Airén dominieren zuerst gelber Apfel und eine gute Säure; beim Macabeo nehme ich Aromen von Heu und Trockenblumen und Mineralität wahr.

Direkt nach dem Öffnen sind die beiden Weine etwas wild. Da ich die Orange Weine mitnahm, probierte ich sie über einen Zeitraum von mehr als einer Woche hinweg. Sie verändern dabei ihren Geschmack, werden weicher und runder, bleiben aber stets interessant zu trinken.

So kann ich abschließend sagen, dass sich mein Bild von Valdepeñas dank La Bodega de las Estrellas verändert hat. Wo viel Masse ist, findet man dann irgendwo doch auch Klasse und Charakter, wenn man ein bisschen danach sucht. Das „Estrellas-Terroir“ aus kontinentalem Klima, kalkhaltigen Böden, alten Reben, biologischer Landwirtschaft, Weinanbau nach Mond- und kosmischem Kalender und der Ausbau in Tonamphoren ist hierfür geradezu prädestiniert.

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