In einem kargen wie menschenleeren Landstrich an der Provinzgrenze von Almeria zu Murcia liegt Bodega Palomillo. Seit zwei Jahren hat es kaum mehr geregnet und für die Felder gibt es kein Bewässerungssystem. Doch Francisco „Paco“ García schrecken diese widrigen Umstände nicht ab. Hier hat er sein Weingut gegründet: 2008 zehn Hektar Land erstanden, es 2011 mit Tempranillo-Reben bepflanzt, 2014 seine ersten Weine abgefüllt und 2015 seine Weinkellerei nach modernen Maßstäben ausgebaut.
Bodega Palomillo im Grenzland von Almeria und Murcia.
Das junge Weingut betreibt Francisco García zusammen mit seiner Frau Inés. Gemeinsam sind sie auch die Inhaber einer Baufirma. So generieren sie aktuell ihr Haupteinkommen. Unterstützt werden sie bei der Weinbereitung von der Önologin Rosa María Pascual, die treue Leser dieses Blogs bereits aus Beiträgen zu den Weingütern Dominio Buenavista und Rambla Huarea kennen. Und auch die drei Kinder von Francisco und Inés helfen gern und häufig auf dem Weingut mit.
Das Motto von Francisco García lautet „das Beste kommt noch“ und diesen Optimismus strahlt er bei meinem Besuch auch aus. Man spürt geradezu seine Leidenschaft und seinen Lebensmut. Das Leitmotiv lässt sich auch auf sein Weingut übertragen, denn mit diesem Projekt ist er noch lange nicht dort angekommen, wo er hin will. Fünf Hektar Land plant er ergänzend zu kaufen, um Weißweinreben zu pflanzen. Bislang kultiviert er im biologischen Anbau die roten Sorten Tempranillo, Syrah und Merlot. Einzig aus Tempranillo keltert er bislang seine Weine.
Weinfeld mit Tempranillo-Reben
Als ich gegen 11.30 Uhr mit meinem Auto eintreffe, befindet sich Francisco gerade in seinen Weinbergen, die etwa einen Kilometer von der Kellerei entfernt liegen. Mit Rosa María, die mich begrüßt, hat er den Morgen über die Weine geschönt. Dabei wird frisch aufgeschlagenes Hühnereiweiß mit dem Wein verrührt. Das Eiweiß bindet die Trübteile im Wein, die als Flocken auf den Boden des Fasses bzw. des Stahltanks sinken. In etwa zehn bis vierzehn Tagen sei es soweit, dass der neue Jahrgang filtriert und in Flaschen abgefüllt werden kann, erzählt Rosa María.
Nun trifft auch Francisco ein, und nach einer herzlichen Begrüßung sprechen wir über ihn und seine Bodega Palomillo. Wie er denn zum Weinmachen und auf die Idee eines eigenen Weinguts gekommen sei, frage ich. Francisco erzählt von seinem Großvater, dem er früher beim Weinkeltern zusehen und mithelfen durfte. Es waren die regional typischen Landweine, die der Opa zum Eigengebrauch erzeugte. Weiß- und Rotweinreben werden darin gemischt. Seit diesen Kindheitstagen ist Francisco vom Weinmachen fasziniert und seither hegte er den Traum vom Winzerberuf. Diesen Wunsch hat er sich nun vor ein paar Jahren erfüllt.
Winzer Francisco García. Die grünen Farbteppiche im Hintergrund sind seine Weinberge.
Bodega Palomillo liegt auf 960 Metern Meereshöhe. Das sorgt in diesem heißen Teil Spaniens zumindest für kühle Nächte und verlängert die Reifezeiten der Beeren, was positiv ist, denn so können sie natürliche Säure und Tannine bilden. In der Regel findet die Lese im September statt. Aufgrund der Hitzewelle, die ganz Südspanien bereits im Juni extrem schwitzen ließ, sind die Trauben dieses Jahr allerdings schneller gereift und somit wird heuer wohl schon am letzten Augustwochenende geerntet.
Die andalusische Provinz Almeria, in der sich Bodega Palomillo befindet, ist in der weiten Weinwelt praktisch ein Niemandsland und selbst in Spanien als Weinregion weitgehend unbekannt. Italo-Western wie „Spiel mir das Lied vom Tod“ wurden in den Wüstenlandschaften Almerias gedreht und locken Filmenthusiasten an, die sich an die Originalschauplätze begeben. Manchen Deutschen dürfte auch die faszinierende Küste am Cabo de Gata ein Begriff sein.
Einige hochinteressante, zumeist junge Weingüter gibt es in Almeria jedoch ebenso: Bodegas wie Pagos de Indalia, Finca Anfora und nun auch Palomillo leisten wichtige Pionierarbeit in Sachen Qualitätsweinbau, und ihre Erzeugnisse müssen den Preis-Leistungs-Vergleich mit jenen aus größeren und bekannteren spanischen Weingebieten nicht scheuen. Was die Region für mich als Weinblogger unter anderem so spannend macht, ist, dass man hier noch auf fast unbetretenen Pfaden entdecken kann.
Roter Schmatzer: Der im Tank ausgebaute Tempranillo Joven schmeckt fruchtig-frisch.
Das Palomillo-Team erzeugt bewusst weiche und runde Weine. Ein Säuregehalt von etwas über 5 g/l verleiht den Tropfen ergänzend zu Frucht und Körper eine animierende Saftigkeit. Der Alkoholgrad fällt mit 13% Vol. für südspanische Verhältnisse angenehm moderat aus. Am meisten überzeugt mich der Tempranillo Roble, dem sechs Monate Barrique eine samtige Weichheit sowie die typischen Röstaromen verleihen. Auch der Tempranillo Joven mit dem auffälligen roten Kussmund auf dem Etikett gefällt mit einer schönen Frische und Frucht. Gesunde Tannine sind spürbar, ohne dass sie den Gaumen überfordern.
Als dritter Palomillo-Wein kommt dieses Jahr ein Rosado neu hinzu. Das Etikett für den Roséwein ist noch in der Entwicklung, aber ich darf natürlich verkosten. Francisco erzählt mir, dass er ihn als Landwein in der regionalen traditionellen Weise vinifiziert, und ich vermute, dass dieser Rosado auch eine Art Hommage an seinen Großvater ist. Der Rosé offenbart sich kräftig und gehaltvoll. Farblich wie geschmacklich übertrifft er an Intensität so manchen württembergischen Trollinger, der in Deutschland bekanntlich als Rotwein durchgeht.
Der Tempranillo Roble reift sechs Monate in Barriques aus amerikanischer Eiche.
Bodega Palomillo stand vor ein paar Jahren, noch bevor die ersten Weine gekeltert werden konnten, dicht vor dem Aus. Ein aggressiver Pilz hatte die Rebstöcke befallen und fraß sich bis in ihre Stämme hinein. Ein industrielles Gegenmittel, das man hätte spritzen können, gab es nicht. Wie durch ein Wunder machte sich auf den Weinfeldern ein neuer, natürlich entstandener Pilz breit, der den angreifenden Schädling abtötete.
Um einen solchen existenzbedrohenden Befall in Zukunft zu vermeiden, setzten die Palomillo-Winzer darauf, die natürlichen Abwehrkräfte der Reben zu stärken. Beispielsweise, indem sie die Böden mit Meeresalgen düngen und dem Land auf diese Weise wichtige Minerale und Nährstoffe zuführen. Ferner reduzieren sie beim Grünschnitt nicht nur die Erträge der Trauben im Sinne einer bestmöglichen Qualität, sondern dünnen auch den Blattbestand der Reben aus, damit mehr Luft und Licht durchdringen kann, was Pilze ungern mögen.
So können wir glücklicherweise die Weine von Bodega Palomillo heute genießen und dürfen ebenso gespannt darauf sein, was dieses interessante Projekt in den kommenden Jahren für uns an Überraschungen bereithält. Das Beste steht uns bekanntlich noch bevor.
Önologin Rosa María Pascual und Francisco García vor dem Eingang zur Kellerei.