Antigua Casa de Guardia – der Geschmack von Málaga

In Bodega Antigua Casa de Guardia

Mitten in Málaga gibt es eine Taverne, die das Patina früherer Tage verströmt. Jeder kennt die Antigua Casa de Guardia, ob es die Einheimischen sind oder die Touristen, welche die Stadt an der Costa del Sol zusehends in Beschlag nehmen. Immer wenn ich in der fantastischen Markthalle von Málaga einkaufen gehe, schaue ich kurz in dem nahegelegenen Wirtshaus vorbei, bestelle einen Moscatel Seco oder Dulce, betrachte das Geschehen und bin nach fünf bis zehn Minuten wieder weg. 

Antigua Casa de Guardia in Málaga Stadt
Antigua Casa de Guardia, Taverne im Herzen Málagas

Im Antigua Casa de Guardia gibt es keine Tische und Stühle, sondern nur einen langen Holztresen, an dem die Gäste stehen. Es herrscht stets eine andere Atmosphäre. Mal ist die Taverne von Touristengruppen bevölkert, mal ist der Ort fast leer und nur ein paar Málaguenos tauschen sich angeregt aus. So bildet diese alte Bar von 1840 einen guten Querschnitt des heutigen Málaga ab – eine beliebte Touristenmetropole und zugleich immer noch eine Stadt mit charmanten Ecken, an denen sich die Milieus und Lebensstile vermischen. 

Eingangsschild vor der Taverne
Die Eingangstür zum Schankhaus.

Nicht nur Taverne, sondern auch Weingut
Weniger Leute wissen hingegen, dass Antigua Casa de Guardia nicht nur das älteste Schankhaus in Málaga, sondern auch ein produzierendes Weingut ist. Die Bodega liegt ungefähr 45 Autominuten außerhalb der Stadt in den Montés de Málaga. Wie der Name „Montés“ (Berge) schon sagt, ist es eine bergige Gegend, in die man sich auf schmalen, kurvigen Straßen begibt und dabei abwechselnd den Blick auf das Hinterland und auf das nahe Mittelmeer genießt. 

Die Montés de Málaga stellen als Weinanbaugebiet eine Subzone der DO Málaga y Sierras de Málaga dar. Unter dem Label „DO Sierras de Málaga“ kommen jene Weine in den Handel, die trocken oder als natürliche Süßweine (Begriff: Naturalmente Dulce) ausgebaut werden. Diese natürlichen Süßweine werden aus in der Sonne getrockneten Trauben erzeugt. Ihre Gärung wird in der Regel durch einen Kälteschock gestoppt. Auf diese Weise bleibt der Fruchtzucker im Wein. 

Bodega Antigua Casa de Guardia
Bodega Antigua Casa de Guardia in den Montés de Málaga.

Als „DO Málaga“ firmieren die traditionell hergestellten Süßweine (Begriff: Dulce Natural), welche wie die Sherrys in der benachbarten Provinz Cadiz mit Weingeist aufgespritet werden, um die Gärung zu stoppen. Bei diesem Gärstopp bleibt der Fruchtzucker, der sonst ja in Alkohol umgewandelt werden würde, ebenfalls erhalten. Ferner wird diesen gespriteten Likörweinen manchmal auch das Traubenmostkonzentrat „Arrope“ zugegeben, um ihren Süßegrad nochmals zu erhöhen. Es gibt entsprechend viele verschiedene Typen und Klassifizierungen von Málagaweinen, die ich in einem Artikel schon einmal beschrieben habe.

Diese traditionellen Vinos de Málaga waren bis ins 19. Jahrhundert eine große Nummer und wurden in die ganze Welt verschifft. Als 1878 die Reblaus in Málaga auftrat und in der Folge fast alle Rebflächen vernichtete, bedeutete dies das Ende des Booms. Dennoch gibt es bis heute eine gute Hand voll Weingüter, die den traditionellen Málagawein erzeugen und exportieren, und dazu gehört eben auch Bodega Antigua Casa de Guardia. Gerade erst habe ich dem Weingut, mit meiner Familie im Schlepptau, einen Besuch abgestattet. 

Daniel Fernandez
Daniel Fernandez, hier in einer Parzelle mit PX-Reben.

Wir werden von Daniel Fernandez begrüßt, der uns zuerst in die Weinberge führt, die direkt beim Weingut liegen. Auf sechs Hektar werden ausschließlich die regionaltypischen Weißweinsorten Moscatel de Alejandría und Pedro Ximénez angebaut. Mit 65 bis 70 Jahren sind es alte Gewächse, die hier auf Schieferböden gedeihen. Die Lagen befinden sich auf einer Meereshöhe von etwa 600 Metern. 

Neben diesem ausgezeichneten Terroir werden die Erträge bei Bodegas Antigua Casa de Guardia begrenzt: Bald im Juni findet der Grünschnitt statt, erzählt uns Daniel. Hierbei werden die Reben um einige Triebe ausgedünnt, das erhöht später die Qualität der am Stock verbliebenen Trauben. Auch auf eine künstliche Bewässerung verzichtet das Weingut, trotz der extrem trockenen Gegend. „Wenn die Reben leiden, freut sich der Wein“, sagte mal ein deutscher Weinkritiker.

In Bodega Antigua Casa de Guardia
In der Herzkammer der Bodega.

Nach den Weinbergen führt uns Daniel in die Bodega, und es ist immer wieder auf’s Neue etwas Besonderes für mich diese traditionellen Kellereien in Andalusien zu besuchen. In ihrer Architektur und Aura bilden sie eine Mischung aus Kathedrale und Fabrik. Das Sakrale und Handwerkliche gehen hier Hand in Hand. Am eindrücklichsten finde ich die aufgetürmten Holzfassreihen in den Bodegas, so auch bei Antigua Casa de Guardia. 

In der Art und Weise des Fassausbaus tut sich zwischen dem Málagawein und den „normalen“ trockenen Weinen ein deutlicher Unterschied auf: Ein trockener Rotwein wird in Spanien in der Regel in 225 Liter fassenden Barriques gereift. Die Fässer sind zumeist neu und geben Tannine und Aromen an den Wein ab. Bereits nach einigen Jahren wird das Eichenfass aussortiert, weil es dann nicht mehr in der Lage ist den Wein mit den genannten Stoffen zu versorgen. Beim Málagawein verhält es sich umgekehrt: Je älter die Fässer sind, umso besser. Viele der Holzfuder, die bei Bodega Antigua Casa de Guardia lagern, sind über 100 Jahre alt. Es geht hierbei zuvorderst um die oxidative Reifung im Holzfass und weniger um eine Geschmacksübertragung vom Fass auf den Wein. 

Andreas schaut Fässer an
Sohn Andreas guckt Spinnweben zwischen den Fässern.

Die Verkostung
Unsere Verkostung beginnt mit einem jungen Süßwein, der gar nicht im Holzfass ausgebaut wird. Entsprechend gelblich hell zeigt sich der „El Chavea“ des Jahrgangs 2017 im Glas. In der Nase treten deutlich die typisch floralen und fruchtigen Moscatel-Aromen zu Tage. Am Gaumen zeigt sich der Tropfen trotz seiner (dezenten) Süße schön frisch, saftig und mineralisch.

Als nächstes kommen wir zu einem Wermut, der aus Pedro Ximénez gekeltert wird. Wermut ist ein mit Weingeist aufgespriteter Wein, der zusätzlich mit Gewürzen und Kräutern aromatisiert wird. Der „Vermut PX“ von Antigua Casa de Guardia, vier Jahre im Holzfass gealtert, verströmt eine Zimt- und Nelkenwolke in der Nase und verfügt über schokoladige Anklänge am Gaumen. Was Wermut angeht, so bin ich kein Experte, aber dieser schmeckt mir prima und ich habe mir davon eine Flasche für zuhause mitgenommen.

Selektion für Degustation
Von goldgelb bis dunkles Mahagoni: Likörweine von Antigua Casa de Guardia

Nun steht das Flaggschiff des Weinguts auf der Agenda: Der Likörwein „Isabel II.“ ist nach der einstigen Königin Spaniens benannt. Bodega Antigua Casa de Guardia wurde 1840 von José de la Guardia gegründet. Er war ein Vertrauter von Königin Isabel II. und wurde später Gouverneur von Segovia. Von der Königin erhielt er das urkundlich verbriefte Recht seinen Wein nach ihrem Namen zu benennen. Es ist ein sortenreiner Moscatel mit zehn Jahren Reifung im Holzfass. Eine Farbe wie dunkles Mahagoni lässt bereits auf einen mächtigen Körper schließen, in dem sich Aromen von Cacao und getrockneten Früchten auftun.

Den Abschluss der Degustation bildet der „Pajarete 1908“, der zu 100% aus Pedro Ximénez gekeltert wird und eine etwas hellere Mahagonifarbe besitzt. Auch dieser drei Jahre im Fass ausgebaute Likörwein offenbart eine Vielfalt von Aromen, darunter Karamell, Kaffee und getrocknete Früchte.

Cayetano vor Bodega
Kurze Arbeitspause: Cayetano Garijo, dessen Familie das Weingut gehört

Wir verabschieden uns von Daniel und im Anschluss von Cayetano Garijo, der für das Weingut und die Weinerzeugung verantwortlich ist. Bodega Antigua Casa de Guardia wird in vierter Generation von seiner Familie Garijo geführt. Cayetano erstellt mit ein paar Mitarbeitern gerade die Holzrahmen für neue Fässer. Die nächsten 100 Jahre dürften somit gesichert sein. 


Link zur Bodega: antiguacasadeguardia.com

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