Erntezeit in den Höhenlagen von Granada

Bei Garcia de Verdevique, Granada

Nach einem eher kühlen Sommer hat die Weinlese jetzt auch in den Höhenlagen der Provinz Granada begonnen. Mit Raimund, einem Freund aus Kindheitstagen, sind wir diese Woche in der Sierra de la Contraviesa überall auf rege Betriebsamkeit gestoßen. Trauben werden eingefahren und entrappt, und in den Gärtanks blubbert es gewaltig.

Weintrips in die Sierra de la Contraviesa sind für mich fast eine Gewohnheit, schließlich lebe ich in der Provinz Granada. Es vergeht kaum ein Monat, an dem ich nicht in dem nahezu menschenleeren Mittelgebirge unterwegs bin und von dessen Bergrücken die Sicht auf das nahe Mittelmeer und in nördlicher Richtung auf die Bergriesen der Sierra Nevada genieße. Zur Erntezeit war ich hingegen noch nie in der Contraviesa, und so stellte jener Tagesausflug mit Raimund eine Premiere dar. 

Reben, Barranco Oscuro
Erntereif: In einem Weinberg von Barranco Oscuro.

Barranco Oscuro – Naturweine aus der Höhe
„Ich bin mir nicht sicher, ob er Zeit für uns hat“, meinte ich zu Raimund, als wir beim Weingut Barranco Oscuro einen Stopp einlegten. Mit „er“ ist Manuel Valenzuela gemeint, der zu den ersten und bekanntesten Naturweinmachern Spaniens gehört. Einige seiner Weine werden in den besten Restaurants der Welt wie dem El Celler de Can Roca kredenzt. Kaum waren wir aus dem Auto ausgestiegen, kam uns auch schon Manuel Valenzuela entgegen – freundlich wie immer, obwohl es Schwierigkeiten mit einem Maschinenteil zur Weiterverarbeitung des Leseguts gab, wie er erzählte. 

Technikprobleme sind freilich das letzte, was man zur Erntezeit benötigt, und so ging ich bereits gedanklich davon aus, dass es ein kurzer Besuch werden würde. Der Winzer hat im Moment sicher Wichtigeres zu tun als einen Weinblogger und dessen Gast aus Deutschland zu geleiten, dachte ich mir. Letztlich blieben wir über eine Stunde, in der uns Manuel Valenzuela zuerst in den Fasskeller und danach zu den Gärtanks führte und abschließend ein paar seiner exzellenten Schaum- und Rotweine ins Glas goss. 

Manuel Valenzuela
Mit Manuel Valenzuela von Barranco Oscuro.

Als „Vinos Naturales de Altura“ – „Naturweine aus der Höhe“ bezeichnet Manuel Valenzuela seine Gewächse. Das kann man definitiv so sagen: Auf bis zu 1368 m Höhe baut er Sorten wie Garnacha, Tempranillo und Pinot Noir an. Sogar aus Riesling und Gewürztraminer erzeugt er Weißweine, allerdings nur in Hundertermengen, in den regulären Handel gelangen diese Liebhabertropfen nicht.

Stets aufs Neue bin ich von der Tiefe und Eleganz der Rotweine von Barranco Oscuro angetan. Oftmals entwickeln sie sehr schöne Alterstöne von feuchter Erde und nassem Tier, wie zum Beispiel der sortenreine Pinot Noir „Borgonón Granate“ von 2006 oder der ausgezeichnete Jahrgang 2004 des „1368 Cerro Las Monjas“, eine Cuvée aus Garnacha, Syrah, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Merlot. Zugleich stehen diese älteren Jahrgänge noch ganz im Saft und sind voller Lebendigkeit. Das zeugt von wirklich großer Klasse.

Im Gärkeller von Barranco oscuro
Bei der Gärung läuft alles nach Plan. Ein zufriedener Manuel Valenzuela.

Los Barrancos – top Reserva aus Tempranillo und Cabernet Sauvignon
Gut gelaunt und mit ein paar Weinen im Gepäck stiegen Raimund und ich wieder ins Auto. Wir mussten grade mal einen Kilometer fahren, da landeten wir beim Weingut Los Barrancos. Der deutsche Weinmacher Peter Hilgard zeigte sich freudig überrascht mich wiederzusehen. Auch seine Frau Isabel del Olmo kam sogleich herbei, und wir schauten mit den beiden ihre Kellerei an, die auf genau 1297 m Meereshöhe liegt. 

Mitten im Weinkeller standen aufgetürmte Paletten frisch gelesener Tempranillo-Trauben, aus denen Isabel und Peter ausgezeichnete Rotweine keltern, die der Weinkritiker José Penin als „nördlich kühle Weine aus dem äußersten Süden Europas“ beschreibt. Zu jenen Weinen gehört beispielsweise der „Corral de Castro Reserva“ aus Tempranillo und Cabernet Sauvignon, von dem wir den 2014er zusammen verkosten: In der Nase und am Gaumen aromatisch komplex, mit prima Säure und präsenten Tanninen, die sehr schön eingebunden sind und dem Wein eine richtig gute Struktur geben.

Peter Hilgard ist übrigens nicht nur Weinmacher, sondern auch ein fachkundiger Weinautor. Unter anderem wird der lesenswerte Blog La Vineria von ihm betrieben.

Bei Los Barrancos, Granada
Raimund mit Isabel del Olmo und Peter Hilgard und vielen Tempranillo-Trauben.

Beim Gang durch die Kellerei berichten uns Isabel und Peter von einem neuen Wein, den sie dieses Jahr erstmals sortenrein aus alten Garnacha-Reben keltern. Darauf darf man jetzt schon gespannt sein. Auch Pinot Noir vinifizieren sie heuer das erste Mal – die Burgundersorte funktioniert in den Hochlagen von Granada sehr gut und erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Hiervon probieren wir den gerade gärenden Most aus dem Tank. Der schmeckt freilich noch süß, aber die Frucht ist schon einmal da. Ganz sicher werde ich bei diesen Klasseweinen auch wieder „einmal da“ sein bei Los Barrancos. Für Raimund und mich geht die Reise fürs Erste aber weiter.

García de Verdevique – Weinprobe aus dem Stahltank
Denn eine Weintour in die Sierra de la Contraviesa ist erst mit einer Visite bei Garcia de Verdevique komplett. Nach dem Lunch, in dem es ausnahmsweise nur Wasser gab, machten wir uns zu eben diesem Weingut von Antonio und Alberto Garcia auf den Weg. 

Vater Antonio und Sohn Alberto keltern in ihrer abgelegenen Bodega exzellente Naturweine aus zumeist sehr alten Reben, die auf plusminus 1300 m Höhe und auf Schieferböden wachsen. Da ich auf diesem Blog schon häufiger ausführlich und erst kürzlich einen Artikel zu den „Verdeviques“ veröffentlicht habe, fasse ich mich heute kürzer. 

Bei Garcia de Verdevique, Granada
Mit Alberto García. Im Hintergrund werden Moscatel-Trauben entrappt und danach gepresst.

Angesichts der Weinernte herrschte bei den Garcias ebenfalls rege Betriebsamkeit, doch das hielt Alberto nicht davon ab, sich Zeit für uns zu nehmen. Die Weinproben zapfte Alberto aus den Stahltanks, in denen (logischerweise) die noch nicht abgefüllten Tropfen schlummern. Raimund und mir gefiel der im Edelstahltank ausgebaute und fruchtige „Tempranillo Joven“ 2017 genauso wie der viel würzigere „Tempranillo Gran Reserva“ 2011, der dreißig Monate in Barriquefässern reift. 

Insgesamt kann ich sagen, dass jeder Wein der Garcias viel Charakter zeigt, und einige einfach nur fabelhaft sind. So der weiche und zugleich druckvolle „Curore Profundo“ 2017 aus Pinot Noir, Petit Verdot, Garnacha und Syrah. Alberto sagt, dass dieser Tropfen in einigen Wochen abgefüllt wird. Nachdem der Jahrgang 2016 bereits vor dem Abfüllen quasi ausverkauft war, habe ich für diese Saison sichergestellt, dass ich nicht zu kurz komme. 

Garcia de Verdevique, Weinberg in Granada
Weingut García de Verdevique in den Hochlagen der Provinz Granada. 

Weinreisen mit Spaniens Weinwelten
Der Weintrip mit Raimund hat viel Spass gemacht. Auch er findet, dass Granada und die Sierra de la Contraviesa landschaftlich und in Sachen Wein etwas Besonderes zu bieten haben: Wir bewegen uns hier abseits der ausgetretenen Weintourismus-Pfade und in einem Kontext von handwerklich arbeitenden Weinerzeugern, die ihre Rebgärten ökologisch bewirtschaften, die bei der Weinbereitung auf eine natürliche Spontanvergärung setzen und auf eine Schwefelzugabe verzichten.

Falls Sie – liebe Leser und Leserinnen – ebenfalls Lust auf eine Weintour durch die Provinz Granada (und ebenso Málaga) verspüren, dann lade ich Sie herzlich hierzu ein. Auf unserer Weinreisen-Seite finden Sie entsprechende Informationen.

Raimund
Raimund. Gut gelaunt mit Petit Verdot.

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