Huerta de Albalá – zwischen zwei Meeren und auf zwei Böden

Huerta de Albalá, Weinberg, Elisa Martin und Santiago Jordi, Titel

Vor 3000 Jahren gründeten die Phönizier überall am Mittelmeer sowie an Spaniens südlicher Atlantikküste neue Handelsstationen. Eine davon war Gadir, das heutige Cádiz. Als Handel treibendes Seefahrervolk führten die Phönizier den Weinbau auf der iberischen Halbinsel ein. Sie ließen Wein an den Küsten und deren Hinterland produzieren und verschifften das Getränk anschließend im Mittelmeerraum. Um den Wein haltbarer für den Transport zu machen, wurde er mit Alkohol angereichert. 

Das Prinzip des Anreicherns von Wein mit Alkohol wurde in Cádiz zu einer riesigen Erfolgsgeschichte – Stichwort Sherry. Zwar ist der Konsum von Sherry seit drei Jahrzehnten rückläufig, doch bis heute werden Andalusien und insbesondere die Provinz Cádiz mit den Orten Jerez de la Frontera, Sanlúcar de Barrameda und El Puerto de Santa Maria mit diesem spezifischen Weinstil identifiziert. Sherry ist nach wie vor ein Aushängeschild und das Zeugnis einer einzigartigen spanischen Weinkultur.

Seit gut fünfzehn Jahren kommen außerdem qualitativ hochwertige Weiß- und Rotweine aus der Provinz Cádiz. Es handelt sich hierbei um trocken ausgebaute Stillweine, die nicht gespritet sind. Ein wegweisendes Weingut ist in dieser Hinsicht Huerta de Albalá, welches ich kürzlich besucht habe.

Weingut Huerta de Albalá nahe Arcos de la Frontera, V.T. Cádiz
Weingut Huerta de Albalá nahe Arcos de la Frontera, V.T. Cádiz

Vicente Taberner – ein Wegweiser für Cádiz

Huerta de Albalá wurde von Vicente Taberner gegründet, einer charismatischen Persönlichkeit mit Vision. Taberner war Psychologe aus Valencia, er heiratete nach Deutschland und gründete dort in den 1990ern einen Weinimport. Darüber hinaus ging er auf die Suche nach einem geeigneten Standort für ein eigenes Weingut. Taberner war ein vermögender Mann – es hätten Rioja, Ribera del Duero oder Priorat sein können. Doch ausgerechnet im unbeschriebenen Blatt Arcos de la Frontera, in der Provinz Cádiz, erstand er 2001 ein weitläufiges Grundstück, pflanzte siebzig Hektar Rebland neu an und ließ eine Kellerei erbauen, deren Ausmaße deutlich aufzeigten, dass hier jemand von Beginn an nicht klein, sondern groß denkt. Bereits mit dem ersten Jahrgang 2005 erhielt Huerta de Albalá für einen Rotwein 95 Parker-Punkte. Das Weingut genießt seither hohes Ansehen und ist weit über Andalusien hinaus bekannt.

Vicente Taberner kannte die Welt der Weine, er hatte Vision und finanzielle Mittel. Und so vollbrachte er eine beeindruckende Leistung in Cádiz: Als erster Weinmacher hat er gezeigt, dass man in dieser Provinz neben Sherry auch trockene Weiß- und Rotweine im Premiumsegment erzeugen kann. Er hat damit einen Weg aufgezeigt, dem heute weitere Weingüter in der Region folgen.

Vicente Taberner starb dieses Frühjahr mit 63 Jahren an einer Krebserkrankung. Persönlich habe ich ihn nie kennengelernt, aber sein Name war mir – als jemand der über spanischen Wein schreibt – freilich geläufig. Er hinterlässt eine große Lücke und ein Weingut, für dessen Weinbereitung seit 2018 der Önologe Santiago Jordi zuständig ist. Mit Santiago habe ich mich beim Besuch ausführlich unterhalten, dazu nun mehr.

Weingutsgründer Vicente Taberer
Weingutsgründer Vicente Taberner: ein Pionier und Visionär für Cádiz

Huerta de Albalá – zwischen Atlantik und Mittelmeer

Das Weingut befindet sich nahe der reizenden Kleinstadt Arcos de la Frontera. Die Luftlinie zum Atlantik beträgt 42 Kilometer, zum Mittelmeer sind es 65 Kilometer. Diese geografische Lage ist von Bedeutung für den Weinbau, denn so bekommen die siebzig Hektar Rebland sowohl den frischen und feuchten Atlantikwind „Poniente“, als auch den trockenen und heißen Mittelmeerwind „Levante“ ab. Die Winde halten die Weinberge zum einen kühl (Poniente), zum anderen schützen sie vor Krankheiten (Levante). 

Darüber hinaus ist die Sierra de Grazalema nur 25 Kilometer entfernt. Dieser Bergzug ist tatsächlich der regenreichste Ort Spaniens. Nicht etwa am galicischen Atlantik, sondern in jenem andalusischen Berggebiet sind die Niederschläge höher als sonst wo im Land, sie liegen bei sage und schreibe 2100 mm im Jahresschnitt.

Die Weinlagen von Huerta de Albalá bekommen im Vorland des Gebirgszugs natürlich viel weniger Regen als die Berge ab. Doch über das Jahr hinweg gesehen, ist Wasser bei etwa 600 mm Niederschlag nicht das Problem, sagt mir Santiago Jordi. Die größte Herausforderung für den Weinmacher ist die extreme Hitze im Sommer. Damit die Trauben nicht zu schnell überreifen, steckt er viel Arbeit in den Beschnitt der Reben: Einerseits soll das Laub den Trauben Schatten spenden. Andererseits darf das Blattwerk nicht zu dicht geraten, denn sonst würde keine Durchlüftung im Weinberg herrschen, und dies würde unerwünschte Krankheiten wie Mehltau begünstigen.

Elisa Martin und Santiago Jordi in einem Weinberg von Huerta de Albalá. Nahe Jerez, typisch der weiße Albariza-Boden.

Santiago Jordi stammt aus Jerez und ist eine interessante Person. Er ist Präsident des spanischen Önologen-Verbandes und ferner als Weinmacher und Berater in zahlreichen Projekten in Spanien und Südamerika involviert. Wie Vicente Taberner kennt auch er die Welt der Weine, und wie Vicente Taberner hat er früh damit begonnen Rotweine im Cádiz-Gebiet zu erzeugen. Folglich erscheint es konsequent, dass Santiago Jordi nun für die Weine bei Huerta de Albalá zuständig ist.

Als Rebsorten sind Chardonnay, Syrah, Merlot, Cabernet Sauvignon und die lokale Rotweintraube Tintilla de Rota im Anbau. Santiago Jordi erzählt mir, dass die Tintilla de Rota genetisch über die gleiche DNA wie die Graciano verfügt – eine Rebe, die wir aus der Rioja kennen. Trotz dieser identischen DNA würden sich die Rebstöcke der Tintilla und Graciano aber optisch unterscheiden. Es scheint, als habe sich die Sorte über die Jahrhunderte hinweg an diesen völlig verschiedenen Standorten anders entwickelt.

Santiago Jordi ist jedenfalls ein Fan der Tintilla de Rota und arbeitet gerne mit ihr. Die Traube sei eine gute Sorte für Cuvées, weil sie prima Säure und Struktur und ebenso Farbe und Körper mitbringe. Sie kann Rotweinen also ein Rückgrat geben – das gilt für die Rioja genauso wie für Cádiz. Santiago Jordi baut die Tintilla de Rota zudem gerne sortenrein aus, weil er findet, dass die Traube auf den Albariza-Böden von Jerez sehr gut zum Ausdruck kommt und insgesamt schön balancierte Rotweine ergibt.

Die Weinkellerei ist in allen Bereichen tiptop ausgestattet und "State of the Art".
Die Weinkellerei ist in allen Bereichen tiptop ausgestattet und „State of the Art“.

Eine zweite Weinlage im Sherry-Gebiet

Mit dem Stichwort Albariza kommen wir ins Sherry-Gebiet. Neben den 70 Hektar Weinland bei Arcos de la Frontera gehört zu Huerta de Albalá ferner eine Lage nahe Jerez: Finca el Caballo ist ein Landhaus und Weinberg, einst im Besitz der berühmten Osborne-Familie. Nun baut Huerta de Albalá dort die Sorten Chardonnay und Syrah an. Mit Geschäftsführerin Elisa Martin und Santiago Jordi besichtigen wir das Grundstück.

„Albariza“ nennt man die legendären Kalkböden des Sherry-Gebiets. Teils sind sie strahlend weiß, bestehend aus feinem Kalksand bzw. aus Klumpen, die sich leicht in der Hand zerbröseln lassen. Die Albariza-Böden verfügen über eine ausgezeichnete Wasserspeicherkapazität. In Bezug auf die heißen, trockenen Sommer ist dies sicher eine bedeutende Eigenschaft. Ähnliche (aber nicht identische) Böden finden sich nur noch in Cordoba und in der Champagne. Albariza ist somit ein Alleinstellungsmerkmal des Sherry-Gebiets bzw. von Cádiz.

Ich frage Santiago, ob die Syrah-Weine aus dieser Albariza-Lage bei Jerez anders sind als die Syrahs, die Huerta de Albalá auf den lehmigen Böden in Arcos de la Frontera erhält. Ja erwidert er, es gebe Unterschiede: Bei der Albariza-Lage komme seiner Meinung nach ein Tick mehr Frische und Eleganz zum Ausdruck; während die Syrah auf den Lehmböden in Arcos Weine mit reiferer Frucht und mehr Körper ergebe. Wir sprechen hier wohlgemerkt von Feinheiten: Denn alle Rotweine von Huerta de Albalá haben Körper, reife Frucht und Konzentration. Sie sind schon „jammy“, wie man auf neudeutsch sagt, aber gleichzeitig eben auch frisch und top ausbalanciert. 

Weinlage von Huerta de Albalá nahe Jerez mit den typisch weißen Albariza-Kalkböden.
Weinlage von Huerta de Albalá nahe Jerez mit den typisch weißen Albariza-Kalkböden.

Die zwei Weinlinien von Huerta de Albalá

Huerta de Albalá füllt jährlich um die 400.000 Flaschen ab. Das Weingut erzeugt insgesamt fünf verschiedene Weine, die sich auf zwei Weinlinien mit einem unterschiedlichen Profil und Geschmacksbild verteilen.

Die Reihe Barbazul besteht je aus einem trockenen Weiß-, Rosé- und Rotwein. Sie decken den gesamten Rebsortenspiegel des Weinguts ab und liegen preislich bei um die zehn Euro. In Andalusien stoße ich in Weinhandlungen häufig auf diese Gewächse. Es sind anspruchsvolle, sehr gute Weine für jeden Tag. Beispielsweise ist der leichtfüßige Barbazul Blanco 2019 aus Chardonnay ein trinkiger Weißwein mit Frische und Frucht – sowohl in der Nase als auch im Mund. Dieser Wein macht Spass und eignet sich als prima Essensbegleiter, in meinem Fall war es ein leichter Gemüsereis. Der Rotwein Barbazul Tinto 2018 aus Tintilla de Rota, Merlot, Syrah und Cabernet Sauvignon fällt in die Kategorie „Sonne im Glas“. Es dominiert reife Primärfrucht, sicher auch wegen einer eher kurzen Ausbauzeit in französischen Barriques.

Mit der Taberner-Linie betreten wir das Premiumsegment. Der Rotwein Taberner liegt preislich bei etwa 25 Euro. Das Gewächs Taberner No. 1, ebenfalls rot, kommt auf um die 85 Euro. Beides sind komplexe, konzentrierte, dicht strukturierte und tiefe Rotweine, für die jedes Jahr die besten Fässer ausgewählt und vermählt werden. Deshalb kann sich die Zusammensetzung der Rebsorten je nach Jahrgang verändern. Es geht in der Taberner-Linie nicht um eine bestimmte Traube, sondern um höchstmögliche Qualität. Eine Qualität, für die Vicente Taberner sein Leben lang gestanden hat und für die sein Name nach wie vor steht.


Weitere Infos:

Bezugsquelle: www.vinopolis.de

Bildrechte: Fotos 1-2 © Huerta de Albalá; Fotos 3-5 © Spaniens Weinwelten

2 Kommentare

  1. Hallo an alle Weingenießer,
    auch ich habe im Juli 2019 das Weingut mit anschließender Verkostung besichtigen dürfen. Obwohl ich der einzige Gast war, wurde ich von 2 Mitarbeitern (weiß leider nicht mehr, wie die hießen) äußerst nett und informativ durch das Weingut geführt. Anschließend bei der Verkostung kamen wir nett ins plaudern, natürlich in erster Linie über die Weine, die ich teilweise schon kannte. Das Weingut ist beeindruckend!!
    Zumindest den Barbazul Tinto habe ich ständig bei mir im Haus. Einfach wunderbar.
    Insofern ist Arcos de la Frontera immer eine Reise wert, zumal ich mich auch im Ort sehr wohl gefühlt habe.
    Die Weine sind unbedingt eine Empfehlung!
    Danke für den super Bericht.
    HERZlichst Roland Schmidt aus Schwerte

    1. Hallo Roland,
      Danke für den Kommentar. Ein solch exklusiver Besuch, wie du ihn beschreibst, ist natürlich klasse. Weiterhin viel Spass mit den Weinen von Huerta de Albalá!
      Beste Grüße, Thomas Götz

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