Finca Losada – von eleganter Mencía und spanischer Chardonnay

Die nordspanische Appellation Bierzo rangiert hinsichtlich Größe und Bekanntheit weit hinter Gebieten wie Rioja und Ribera del Duero. Sprechen wir von Qualität, dann ist das Bierzo mit seinen Rotweinen aus der Rebsorte Mencía auf einer Stufe mit jenen großen Anbauregionen anzusiedeln. Spitzengewächse kommen unter anderem vom Weingut Finca Losada, mit dessen Weinmacher Amancio Fernández ich mich neulich auf Zoom unterhalten und dabei einige seiner Weine verkostet habe. 

Bierzo – irgendwo zwischen Galicien und Kastilien

Finca Losada wurde im Jahr 2005 gegründet. Von Beginn an ist Amancio Fernández mit dabei und für die Weinbereitung zuständig. Er stammt aus dem Bierzo – sein Vater und Onkel waren bereits Weinbauern – und hat eine Zeit lang als Weinmacher in Ribera del Duero gearbeitet. Für das Losada-Projekt zog es ihn dann wieder zurück in seine Heimatregion. 

Weinmacher Amancio Fernández im Weinberg
Amancio Fernández, Weinmacher im und aus dem Bierzo

Jene D.O. Bierzo ist mit etwa 2500 Hektar Rebland eine kleine Appellation. Die Fläche entspricht im Vergleich nur vier Prozent zu jener der DOCa Rioja. Das Gebiet gehört zu Kastilien-León; es grenzt direkt an Galicien und weist einige Gemeinsamkeiten mit dortigen Anbaugebieten wie Valdeorras und Ribeira Sacra auf. Dazu später mehr.

Zum Atlantik beträgt die Luftlinie etwa 100 Kilometer. Da Berge das Bierzo abschirmen, können die Regenwolken vom Ozean nicht ungehindert hereinziehen. Mit jährlich 700 bis 800 mm Niederschlag gehört das Bierzo aber immer noch zum „grünen Spanien“. Gleichzeitig kommt das Gebiet auf über 2000 Sonnenstunden im Jahr. Zudem verfügt es über Höhenlagen, die für kühle Sommernächte sorgen – der Weinbau findet auf 450 bis 800 Metern statt. Lassen wir nun Amancio Fernández zu Wort kommen. Wie beschreibt er das Bierzo-Klima?

„Im Bierzo existiert ein Zwischenklima: Wir haben den Einfluss sowohl vom Atlantik als auch von der kastilischen Hochebene. Das Bierzo bekommt die guten Seiten von beiden Klimazonen ab: Regen vom Atlantik, aber nicht zu viel davon. Sonne vom Landesinnern, aber keine so extreme Hitze. Man kann sagen: Es ist feuchter und weniger heiß als auf der kastilischen Hochebene, und außerdem ist es sonniger und weniger nass als am Atlantik in Galicien.

Weinlage von Losada im Bierzo
Das Teroir des Bierzo: Alte Reben, Höhen von 450 bis 800 müNN, Mischung aus kontinentalem und atlantischem Klima.

Ein faszinierender Aspekt des Bierzo ist der hohe Bestand an alten Reben. Die Weinkritikerin Jancis Robinson beziffert in ihrem Werk „The World Atlas of Wine“ achtzig Prozent der Reben im Bierzo auf sechzig Jahre und älter. Amancio Fernández bestätigt diese Zahl im Interview indirekt: 85 Prozent seien vierzig Jahre und älter. Tatsächlich stellt das Bierzo laut Amancio die „höchste Dichte an alten Reben in Europa“. Bis zu 115 Jahre alte Reben finden sich in den Weinbergen von Finca Losada. Es sind Reben der Sorte Mencía, zu der wir nun kommen.

Bierzo, Karte, Zeichnung
Das Bierzo gehört zu Kastilien-Leon, grenzt an Galicien und ist zirka 100 km vom Atlantik entfernt. (Foto: © Spaniens Weinwelten)

Mencía – die Rebsorte des Flusses Sil

Mencía ist vielleicht zusammen mit Garnacha meine liebste spanische Rotweinsorte. Bei Erzeugern wie Guimaro, Algueira, Envínate, Raul Pérez, Veronica Ortega und eben Losada zeigt sie fruchtige, florale und teils filigrane Facetten. Die Mencia ergibt frische und saftige Rotweine, die viel Trinkspass bereiten. Gleichzeitig können diese atlantisch kühlen Weine wunderbar strukturiert, mineralisch und tiefgründig daherkommen.

Mit über 75 Prozent im Anbau ist die Mencía eindeutig die Hauptsorte des Bierzo und ebenso die wichtigste Traube im Portfolio von Finca Losada. Amancio Fernández arbeitet seit 16 Jahren täglich mit dieser Rebe. Was denkt er über sie?

„Die Mencía ist die wichtigste Rebe im Bierzo, aber sie ist vor allem die Hauptrebe des Flusses Sil, also auch in den galicischen Appellationen Valdeorras und Ribeira Sacra. Der Sil ist Mencía! Es gibt die Traube zwar auch anderswo, aber entlang des Flusses Sil drückt sie sich am besten aus: Die Mencía ergibt superelegante Weine; die Eleganz ist ihr Markenkern. Sie hat Frucht, Frische, eine gute Farbe und entwickelt sich sehr schön in der Flasche.

Weinberg im Sommer im Bierzo
Begrünter Weinberg bei Losada. So viel Bio wie möglich.

Spätestens jetzt bekomme ich während unseres Zoom-Gesprächs Durst. Ergo nehme ich die Flasche des 2018 Losada zur Hand und gieße mir ein Glas davon ein. Der Rotwein besteht zu 99 Prozent aus Mencía und zu einem Prozent aus der weißen Doña Blanca. Im Gegensatz zu vielen Winzern im Bierzo (und anderswo) vergärt Amancio Fernández die Trauben nicht mit den Rappen. Er will keine grüne Noten in seinen Weinen haben, sagt er. Außerdem extrahiert er so wenig wie nötig, da das Tannin in den Beerenschalen der Mencía mitunter ebenfalls etwas grün ausfalle: Die Maischestandzeiten betragen nur zehn bis zwölf Tage. Der Wein zieht dabei eine schöne Farbe und Frucht und gleichzeitig gewinnt das Tannin nicht die Oberhand.

Die Trauben für den 2018 Losada kommen aus diversen Weinbergen aus der Region, die alle über lehmige Böden verfügen. Teils stammen sie aus eigenen Lagen, teils werden die Trauben von anderen Weinbauern dazugekauft. Die Erträge sind niedrig und liegen bei nur 24 hl/ha. Amancio Fernández verwendet nur den Vorlaufmost, vergärt diesen in Edelstahltanks und baut den Wein für 12 Monate in neuen und gebrauchten französischen Barriques aus.

Im Ergebnis ist das klasse: 2018 Losada mutet kühl und fruchtig in der Nase an, das Gewächs hat eine seidige Textur und einen saftigen Zug. Es ist kraftvoll und ebenso elegant. Ach ja, und dann enthält dieser Rotwein auch noch einen ganz kleinen Anteil der autochthonen Weißweinsorte Doña Blanca. Man findet sie in Kastilien-León in Anbaugebieten wie Arribes und Bierzo und in galicischen Appellationen wie Monterrei und Ribeira Sacra. Aber weshalb landen ein bis zwei Prozent einer weißen Traube in diesem Rotwein, Amancio?

Die alten Weinberge des Bierzo sind nicht zu hundert Prozent mit Mencía bestockt. Wir finden darin andere rote und weiße Sorten. In früheren Jahren haben wir nur die Mencía-Trauben verwendet und die wenigen Prozent der anderen Trauben aussortiert. Aber nun beobachten wir mit dem Klimawandel einen Anstieg der Alkoholgrade bei der Mencía. Deshalb ernten und vergären wir den kleinen Anteil dieser anderen Trauben wie Doña Blanca mit. Um einen Tick mehr Frische und Säure im Wein zu erhalten.

Finca Losada, Bierzo
Finca Losada, umgeben von alten Weinbergen mit lehmigen Böden. Das Weingut liegt direkt am Jakobsweg.

Losada: Orts- und Lagenweine wie im Burgund

Der Top-Stoff kommt jetzt. Letztes Jahr hat die D.O. Bierzo eine neue Klassifikation eingeführt, die sich am Terroir orientiert und nicht mehr an den für Spanien so üblichen Reifezeiten in Barrique und Flasche (Crianza, Reserva, Gran Reserva).

Man kann die Einteilung mit jener im Burgund bzw. mit der Qualitätspyramide des deutschen VDP vergleichen: Die Basis sind regionale Weine, die aus Trauben aus diversen Parzellen aus dem gesamten Gebiet gekeltert sind. Das wäre zum Beispiel der besagte 2018 Losada. Die nächste Stufe sind die Ortsweine (Vino de Villa). Diese Weine stammen aus Lagen innerhalb einer einzigen Gemeinde. Die oberste Stufe stellen die Einzellagenweine (Vino de Paraje) dar. Soweit der heutige Stand. In fünf Jahren werden die Einzellagenweine dann noch in Erste Lage und Großes Gewächs unterteilt.

Ein Ortswein „Vino de Villa“ ist 2018 Altos de Losada. Seine Mencía-Trauben kommen einzig aus höher gelegenen Weinbergen mit größtenteils lehmigen Böden in der Gemeinde Valtuille de Arriba. Die Trauben aus vier bestimmten Parzellen (etwa 20 Prozent des Leseguts) vinifiziert Amancio Fernández in Betoneiern. Die Trauben aus den anderen Lagen werden im Stahltank vergoren und anschließend zum Teil in Barriques und teils im Fuder ausgebaut. Im Resultat teilt 2018 Altos de Losada viele positive Eigenschaften mit dem zuvor erwähnten 2018 Losada. Im Vergleich hat er sogar noch mehr Grip am Gaumen, mehr Druck und Länge.

Großes Kino ist der Parzellenwein „Vino de Paraje“ 2018 La Bienquerida. Er ist nochmals strukturierter, feinnerviger und mineralischer – mit einer griffigen Textur am Gaumen, ohne von Tanninen dominiert zu werden. La Bienquerida ist der Name einer 2,8 Hektar großen Weinlage aus dem Jahr 1906. Sie ist zu etwa 93 Prozent mit Mencía bestockt, den Rest stellen weiße und rote Sorten wie Godello, Doña Blanca und Merenzao. Der Boden ist purer Schiefer. Alle Trauben werden gleichzeitig gelesen und zusammen vergoren. Der Ausbau erfolgt für 15 Monate in französischen Barriques (500 Liter). Vom Jahrgang 2018 wurden nur 2500 Flaschen abgefüllt. Für mich ist dies einer der feinsten und interessantesten Rotweine des Bierzo.

Im Weinkeller bei Finca Losada
Im Keller. Die Betoneier kommen beim Ortswein Altos de Losada zum Einsatz.

Godello – die spanische Chardonnay

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Losada ebenfalls einen Einzellagenwein aus der roten Sorte Garnacha Tintorera erzeugt. Jene Traube – die ich vor allem aus der östlichen La Mancha und aus Valencia kenne – war nach der Reblausplage plötzlich in Valdeorras und Bierzo populär. Warum? Keine Ahnung, und ich habe vergessen Amancio Fernández danach zu fragen.

Jedenfalls mutet der Weinname „La Senda del Diablo“ (der Weg des Teufels) für ein Weingut, das direkt am Jakobsweg liegt, irgendwie lustig an. Probiert habe ich das Gewächs nicht, deshalb gehe ich jetzt zu einem Top-Weißwein aus Godello über.

Wie für Mencía trifft auch auf die Godello zu, dass man sie vor allem entlang des Flusses Sil in den Appellationen Bierzo, Valdeorras und Ribeira Sacra findet. Dabei ist die Godello im Bierzo noch nicht einmal die am häufigsten kultivierte weiße Traube. Das ist Palomino Fino. In Sachen Qualität verbinden Weinkenner das Bierzo allerdings mit Godello (bei den Weißweinen). Was gefällt Amancio Fernández an dieser Rebsorte?

„Für mich ist die Godello die spanische Chardonnay. Es ist eine Sorte, die von Natur aus weniger aromatisch ist wie zum Beispiel Verdejo und Albariño. Godello ist neutraler. Aber sie hat ein unverwechselbares Mundgefühl: Sie hat Textur, Volumen und Cremigkeit. Und was sie mit der Chardonnay ebenfalls gemein hat, ist ihr großes Reifepotenzial. Wegen dieser Reifefähigkeit ist sie für mich die spanische Chardonnay.

Aber wenn die Godello so viele fabelhafte Eigenschaften besitzt, warum findet man sie dann nicht überall in Spanien oder in anderen Ländern?

„Die Godello ist eine empfindliche Rebsorte. Sie mag keine Hitze. Mit zu viel Sonne und Hitze kommt sie nicht klar. Zugleich braucht sie aber Wärme, um auszureifen zu können. Und genau diese gemäßigten Bedingungen findet sie am Fluss Sil: nicht zu heiß, nicht zu kalt. Sie reift in diesem Klima sehr gut und konserviert dabei eine hohe Säure.

Gleich zwei rebsortenreine Weißweine keltert Amancio Fernández aus der Godello. Ich probiere den 2019 Losada Godello. Amancio Fernandez baut ihn zu 80 Prozent im Stahltank und zu 20 Prozent in gebrauchten 500-l-Holzfässern für sechs Monate auf der Feinhefe aus. Die Trauben entstammen Hanglagen mit Schieferböden. Das Bierzo ist von Bergen umgeben, und in deren schiefrigen Hanglagen findet man hauptsächlich die Godello (während auf den Ebenen Lehmböden dominieren).

Die 2019 Losada Godello zeigt sich mineralisch und vollmundig, mit cremiger Textur und lebendiger Säure. Der Wein hat Spannung und Zug. Bevor ich weitere Notizen machen kann, ist die Flasche schon leer und ich hätte gerne mehr davon.

Godello-Weinberg von Losada. Im Vergleich zur Mencía sind die Reben jung.
Godello-Weinberg von Losada. Im Vergleich zur Mencía sind die Reben jung.
Diese vier Flaschen machen Spass!

Weitere Informationen:

Fotos 1-2, 4-7: © Finca Losada

Bezugsquelle, u.a.: www.vinopolis.de

Offenlegung: Von den hier besprochenen Losada-Weinen kenne ich bereits frühere Jahrgänge. Ich kaufe die Weine immer wieder mal für meinen privaten Konsum. Für ein Online-Tasting, welches ich kürzlich mit Sommelier Christoph Schönegge durchführte, habe ich die 2018er-Rotweine und den 2019er-Godello als Muster erhalten. Aus dem Vorgespräch mit Amancio Fernández ist dieser Beitrag entstanden.

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