Chinchilla lautet der Name einer Anhöhe nahe der andalusischen Kleinstadt Ronda. An einem kühlen Januartag habe ich das dortige Weingut Doña Felisa im Rahmen einer Führung besucht. Die Bodega liegt inmitten einer reizvollen Landschaft. Die letzten drei Kilometer zum Ziel führen auf einer holprigen Schotterstraße durch einen Wald, ehe sich der Baumbestand lichtet und den Platz für weitläufige Weinfelder freigibt.
Die Bodega Doña Felisa in der Gegend von Chinchilla.
Aus Brachland entsteht ein Weingut
Wie die Landschaft, so der Wein – dachten sich die beiden Gründer, das Ehepaar José Maria Losantos und Gema Alonso: Unter dem Label Chinchilla Wine bringen sie demzufolge ihre Weine auf den Markt. Das Weingut selbst ist nach der Großmutter Doña Felisa benannt. Gemessen an den Standards der Weinwelt handelt es ich um ein Jungunternehmen: 1999 kauften José und Gema mehrere Hektar Brachland auf Chinchilla und bepflanzten es mit Rebsorten wie Chardonnay, Cabernet Sauvignon, Petit Verdot und Tempranillo. 2004 konnte die erste Ernte eingefahren werden. 2007 gingen die ersten Weine in den Handel.
Gleichzeitig wurde die Bodega im Stile einer Finca gebaut. Darin befinden sich Weinkeller, Labor, Lager, Verkostungsraum und ein kleines Museum mit Schautafeln, die sich unter anderem dem Thema Korkeichen widmen. Ganz in der Nähe von Ronda erstrecken sich große Korkeichenwälder, die eine beeindruckende Natur- und Kulturlandschaft darstellen. Ausgewachsene Korkeichen können alle neun Jahre geschält werden. In einem aufwändigen, mindestens 18 Monate umfassenden Herstellungsprozess entstehen aus den abgezogenen Baumrinden elastische Naturkorken.
Neben meiner Frau und meinem Sohn schauten sich auch Bob und Robbert, zwei niederländische Weindistributoren, das Weingut mit uns an.
José Maria Losantos und Gema Alonso kommen eigentlich aus dem nordspanischen Burgos. Er arbeitete als Ingenieur bei der spanischen Marine. Das bedeutete, dass er rund sechs Monate im Jahr weg von zuhause war. Mit der Geburt des ersten Kindes wollte die Familie diesen Zustand ändern – José gab seinen Job bei der Marine auf und war fortan in der Immobilienbranche tätig. So ganz brachte dieser neue Beruf aber auch nicht die Erfüllung. Bei einem Urlaubstrip nach Ronda war das Paar nicht nur fasziniert von der Stadt, sondern bekam auch vom Weinboom mit, der die Region in den späten 1990er-Jahren erfasste. Zahlreiche Weingüter wurden seinerzeit gegründet.
Nachdem sie das passende Land für ihr eigenes Weingut gefunden und gekauft hatten, belegte José Maria erste Kurse in Önologie. „Man muss ein bisschen verrückt sein, so etwas zu tun“, meint Gema halb im Scherz, halb im Ernst. Doch die Rechnung scheint aufzugehen. Mit einem 29 Hektar umfassenden Rebbestand und einer Produktion von jährlich 150.000 Flaschen zählt der vierköpfige Familienbetrieb bereits zu den großen Weingütern in Ronda. Zunehmend gut sind die Weine auf dem regionalen, nationalen und internationalen Markt platziert.
Wer gesunde Beeren erntet und dazu seinen Keller sauber hält, muss wenig Schwefeln. Das wissen auch die Verantwortlichen bei Doña Felisa und handeln entsprechend danach.
Atlantik, Mittelmeer, Hochlage: der Dreiklang der Ronda-Weine
Dieser Artikel ist quasi der dritte Teil einer kleinen Ronda-Serie, die ich zuletzt auf diesem Blog publiziert habe und in deren vorangegangenen Beiträgen ich bereits auf das spezielle Miroklima der Serrania de Ronda hingewiesen habe. Die geografische Nähe zum Mittelmeer wie zum Atlantik wirkt sich auf den Charakter der Weine aus. Mediterrane Weine sind aufgrund des trocken-heißen Klimas tendenziell fruchtig, schwer und alkoholbetont. Atlantische Weine sind aufgrund des feucht-kühlen Klimas tendenziell frisch und säurebetont. In Ronda vermischen sich diese Einflüsse.
Dazu kommt die Hochlage: Die Weinberge von Chinchilla liegen auf einer Meereshöhe von bis zu 860 Metern, was selbst in den extrem heißen Sommermonaten Juli und August mit Tagestemperaturen von vierzig Grad und mehr zu einer Abkühlung in der Nacht führt und die Beeren knackig hält. So verwundert es nicht, dass zum Beispiel der Moscatel Dulce – ein Süßwein aus der Muskateller-Traube – neben wunderbar intensiven Aromen eine belebende Säure und Leichtigkeit besitzt. Für zehn Euro die Halbliterflasche stellt dieser Süßwein eine schöne und günstige Alternative zu einem Sauternes aus dem Bordeaux oder einer deutschen Beerenauslese dar.
Gema Alonso, Besitzerin des Weinguts, nahm sich trotz Erkältung viel Zeit für uns.
Encaste ist ein weiter Wein, der bei unserer Degustation geschmacklich herausstach. Dieser sortenreine Cabernet Sauvignon von 2012 kommt kräftig und körperbetont daher, er zeigt die für Cabernet Sauvignon typischen vegetabilen Noten von grüner Paprika und gekochtem Spargel und seine Tannine sind weich eingebettet. Insgesamt gedeiht diese für Spanien eher untypische Rebe gut in und um Ronda herum. Verglichen mit der „Nationalrebe“ Tempranillo kann Cabernet Sauvignon rund einen Monat später geerntet werden. Bei Tempranillo besteht die Gefahr, dass er in der südspanischen Sommerhitze schnell überreif wird, rasch an Säure verliert und ins Plumpe hinüberkippt. Die Cabernet-Sauvignon-Beeren können die Säure besser und länger konservieren, der Wein schmeckt entsprechend frischer.
Wie alle Winzer, die ich bei meiner dreitägigen Reise durch die Serrania de Ronda (eine Subzone der D.O. Sierras de Málaga) kennengelernt habe, verfolgen auch die Macher von Chinchilla Wine die Philosophie des Terroir-Weins: Der Wein möge das Land, auf dem er gedeiht, widerspiegeln! In der Praxis bedeutet dies: eine naturnahe Bewirtschaftung der Weinberge, eine konsequente Ertragsreduzierung auf etwa ein Kilogramm Trauben je Rebstock sowie eine behutsame Kellerarbeit, bei der unter anderem auf die Zugabe von geschmacksverändernden Zuchthefen im Gärungsprozess verzichtet wird und Schwefel – wenn überhaupt – nur minimal zum Einsatz kommt.
Das Weingebiet in und um Ronda – so lässt sich für mich abschließend sagen – ist klein, aber fein.
Neben einer historischen Weinpresse zeigt dieses Foto, wie die Weinparzellen am Rand mit Rosmarin und weiteren Kräuterbüschen sowie zwischen den Reihen mit Gras bepflanzt sind. Dies erhöht die Biodiversität im Weinberg und stellt u. a. ein probates Mittel gegen Schädlingsbefall dar.
Lesen Sie aus der Reihe zur „Serrania de Ronda“ bitte auch folgende Artikel:
Friedrich Schatz und sein Lemberger aus Ronda
Descalzos Viejos – eine Kirche für den Wein
Ich kenne das Label „Chinchilla“ Wine und habe mich daher sehr über den Artikel gefreut. Chinchilla – damit assoziiert man zwar eher Hunde als Wein, aber das Jungunternehmen hat mich eines besseren belehrt 😉 Ich wünsche José und Gema weiterhin viel Erfolg.
Ich glaube man assoziiert mit Chinchilla eher das Tier Chinchilla 🐭 😅 und nicht den Hund Chihuahua