Bodegas Juan Gil – Neun Brüder und Schwestern

Bodegas Juan Gil, Blick auf El Nido

Im Jahr 1916 gründete Juan Gil Jiménez ein Weingut im Herzen der Ortschaft Jumilla. Seine Bodegas Juan Gil wurde innerhalb der Familie von Generation an Generation übergeben, bis 1981 der damalige Inhaber unerwartet verstarb. Die neun Kinder, die er hinterließ, waren alle zu jung, um ein Weingut zu übernehmen. Deshalb verkaufte die Mutter die Kellerei samt Grundstücken. Mit dem Geld konnten ihre Söhne und Töchter später eine Universität besuchen.

Vom Weingut zur Weingruppe
Die neun Brüder und Schwestern studierten und arbeiteten fleißig, und im Jahr 2001 eröffneten sie gemeinsam Bodegas Juan Gil wieder. Die Geschäfte werden seither von den Brüdern Miguel und Ángel Gil Vera geführt. Zwölf Kilometer nördlich der Stadt Jumilla liegt das Anwesen in einer faszinierenden Wild-West-Landschaft. Auch das unmittelbar benachbarte Weingut El Nido wurde von den Gils zeitgleich gegründet.

Die Weine von Gil Family Estates – so der Name des Familienkonzerns, dem heute zehn Weingüter in neun spanischen Appellationen angehören – brachten es rasch zu internationalem Ruhm. Bereits der 2004er El Nido wurde von Robert Parker mit herausragenden 99 Punkten geadelt. Für diese Cuvée aus Cabernet Sauvignon und Monastrell hat sich Familie Gil die Dienste des australischen Önologen Chris Ringland gesichert.  

Die aktuellen Zahlen von Gil Family Estates lesen sich beeindruckend: In den zur Gruppe gehörenden zehn Weingütern werden 1600 Hektar Rebland bewirtschaftet und jährlich 8,5 Mio. Flaschen abgefüllt. Tendenz steigend. In Jumilla ist die Produktion am größten. „Wir kommen hier etwa auf 600 Hektar Rebfläche und vier Millionen Flaschen im Jahr“, erzählt Export Managerin María Dugnol als sie mich durch die beeindruckenden Kelleranlagen führt. Allein in Jumilla, dem Headquarter, arbeiten ungefähr hundert Angestellte in den Weinbergen und Kellern sowie in Verwaltung, Marketing, Versand und Vertrieb.

Bodegas Juan Gil, Gärkeller
In einem der Gärkeller von Bodegas Juan Gil.

Wer guten Wein keltern will, benötigt gesunde Trauben und einen sauberen Keller. Diese simple Weisheit ist leicht gesagt, aber keine Selbstverständlichkeit. Denn in der Praxis sind hierzu Sachverstand, Fleiß und Präzision vonnöten. Bei Bodegas Juan Gil kommt all dies zusammen: In den Gärkellern, dem 8000 Barriques Raum gebenden Fasslager und in der Flaschenabfüllung ist es überall blitzeblank sauber. Belüftungsanlagen sorgen zusätzlich für die richtige Temperatur und Luftfeuchtigkeit in den Hallen.

Darüber hinaus werden Reben für Neubepflanzungen in einer eigenen Baumschule herangezogen, und die Hefen für die alkoholische Gärung der Weine werden aus autochthonen, in den Weinbergen vorkommenden Naturstämmen gezüchtet. Bodegas Juan Gil verwendet hierfür eine Vorrichtung, die eigens in einem Projekt mit der Hochschule für Wein in Navarra entwickelt wurde. „Auf diese Weise stellen wir sicher, dass unsere Weine das Terroir unverfälscht ausdrücken“, erklärt María. 

Maria Dugnol im Fasslager
María Dugnol im neu errichteten Barriquelager. Insgesamt 8000 Eichfässer finden in den Kellern Platz.

Das Terroir von Jumilla – perfekt für Monastrell
Das nach der Stadt benannte Anbaugebiet DO Jumilla liegt im Südosten Spaniens in der Autonomen Gemeinschaft Murcia. Das Klima ist mediterran geprägt, zum Küstenort Alicante beträgt die Entfernung per Luftlinie 70 Kilometer. Über 3000 Sonnenstunden und nur 250 Liter Niederschlag pro Quadratmeter im Jahr sowie Sommertemperaturen von nicht selten 40º C und mehr machen Jumilla zu einer der trockensten und heißesten Regionen Spaniens. 

Die Kalk-, Ton- und Sandböden, die in Jumilla hauptsächlich vorkommen, sind karg und arm an Nährstoffen. Diesen Böden und der semiariden Landschaft hat sich besonders eine Rebe perfekt angepasst, für die Jumilla in der ganzen Weinwelt bekannt ist: die rote Monastrell. Es ist eine autochthone Sorte Südostspaniens, die lange reift, viel Sonne benötigt und mit extremer Trockenheit und spärlichen Böden klarkommt. 

Die Monastrell wird in Jumilla traditionell in Buscherziehung gehalten und nicht bewässert. Nicht einheimische Sorten wie Cabernet Sauvignon oder Syrah werden hingegen am Drahtspalier erzogen und außerdem bewässert. Ohne zusätzliches Wasser wären diese internationalen Reben im Klima Jumillas nicht lebensfähig, sagen die Winzer vor Ort. Nicht nur bei Bodegas Juan Gil wird die hier beschriebene Rebenhaltung entsprechend gehandhabt, sondern auch bei den anderen Weingütern, die ich mir angesehen habe. 

Cabernet sauvignon, Drahterziehung
Cabernet Sauvignon wird am Draht erzogen. Der dünne Schlauch unten dient zur Bewässerung.

Der Weinanbau in Jumilla profitiert von einem Hochplateau. Die Parzellen von Juan Gil liegen auf einer Meereshöhe von 700 bis 850 Metern. Die Hochlage sorgt im Sommer für große Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht. Bis zu 20º C betragen diese Unterschiede. Die nächtliche Abkühlung verschafft den Reben eine Ruhepause. Die Gewächse fahren ihre Produktion herunter und die Beeren können hierbei besser Säure bilden und konservieren.

Mit María und Juan Manuel Gomez besuche ich eine mit Monastrell bestockte Parzelle. Juan Manuel ist für alle Weinberge bei Bodegas Juan Gil verantwortlich, und er fährt uns zu einer Lage mit 35 bis 40 Jahre alten Reben. Die Erträge sind freilich gering: „Nur ein bis maximal zwei Kilogramm Trauben pro Rebstock im Jahr“, klärt mich Juan Manuel auf, als wir den Weinberg begehen. An den unterschiedlichen Farben von rötlich-braun bis weiß erkennt man, dass selbst in dieser relativ kleinen Parzelle unterschiedliche Böden vorhanden sind: mal besitzen sie einen höheren Kalkanteil, mal ist es mehr Tonerde, mal ist der Untergrund sandiger. Diese kleinflächig verteilten verschiedenen Bodenformationen sind typisch für Jumilla.  

Mit Juan Manuel Gomez in Monastrell Parzelle
Mit Juan Manuel Gomez in einer Monastrell-Lage. Typisch ist die Buscherziehung, und die Rebstöcke werden außerdem nicht bewässert.

Da in Jumilla die Reblaus 1978 sehr spät ankam und weniger schlimme Schäden als andernorts anrichtete (der Schädling, der die Wurzeln angreift, mag keine sandigen Böden), finden sich sogar noch wurzelechte Rebanlagen in der Region. Juan Manuel Gomez schätzt den Bestand wurzelechter Reben bei Bodegas Juan Gil auf etwa zehn Prozent.

Ein kurzes Zwischenfazit: In Jumilla wird die Monastrell seit mehren tausend Jahren kultiviert. Die Sorte hat sich perfekt den örtlichen Bedingungen angepasst. Das Dreigestirn des Terroirs bilden: Trockenheit und Hitze; Hochlage und große Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht; arme sandige Böden und karge Kalk-Lehm-Schichten.

Monastrell benötigt viel Sonne, um zu reifen. In den kühleren und regenreicheren Regionen Nordspaniens würde die Sorte nicht klar kommen und vermutlich nicht ausreifen. Eine Hauptsorte ist die Monastrell außerdem in zu Jumilla benachbarten Weingebieten wie Yecla, Bullas oder Alicante. Zudem wird sie in Südfrankreich, vor allem in der Provence in der Appellation Bandol, angebaut. Dort heißt sie Mourvèdre. Egal wo sie angebaut wird – die Trauben der Monastrell sind oxidationsanfällig, das bedeutet größte Vorsicht bei der Weinbereitung.

Juan Gil, Weinselektion
Meine Favoriten: Rosado 2017 (3. v. l.) und Juan Gil Silver Label (6. v. l.)

Die Juan-Gil-Weinkollektion
Mit María verkoste ich sieben Weine, darunter den vorzüglichen „Juan Gil Rosado 2017“. Der Verschnitt aus Tempranillo und Syrah wird teils in Betoneiern sowie in 600 Liter fassenden Eichenfässern vergoren. Nach der Gärung reift der gesamte Wein für ein paar Monate in den Holzfässern weiter. Von Bartolomé Abellán vinifiziert, vereint dieser hochfeine Rosado die frische Eleganz und Cremigkeit eines Weißweins mit dem gehaltvollen Körper eines Rotweins. Einer der besten spanischen Roséweine, die ich kenne. Maria ergänzt, dass die hellere Farbe für den Verkauf wichtig ist. Denn den Hauptmarkt von Bodegas Juan Gil stellen die USA dar, und mit einer dunklen, ins Rote gehenden Farbe, so wie viele spanische Rosés daherkommen, brauche man dort gar nicht erst auftreten.

Spass macht auch der weiße „Moscatel Seco 2017“. Da ich in Andalusien lebe und viele Weingüter in der DO Sierras de Málaga besuche, halte ich mich für so etwas wie einen Moscatel-Kenner. In der Region Málaga wird allerdings die Varietät Moscatel de Alejandría angebaut, während Bodegas Juan Gil den Weißwein aus Moscatel de Grano Menudo keltert. In der Nase dominieren florale Aromen und ein Duft von Ananas; am Gaumen zeigen sich eine schöne Säure und Zitrusaromen. Insgesamt sehr sauber im Geschmack und für sechs Euro fast ein Schnäppchen.

Nun aber zu den Rotweinen aus Monastrell, für die Jumilla und Bodegas Juan Gil in ganz Spanien und darüber hinaus bekannt sind. Und jene Monastrells von Juan Gil bedeuten Sonne im Glas, bedeuten konzentrierte, dichte, sich warm anfühlende Weine mit relativ hohem Alkoholgehalt. Abhängig von Alter und Ausbau offenbaren sie ein breites Aromenbild, das aus mediterranen Kräutern wie Lavendel und Rosmarin, aus Trockenfrüchten, dunklen Beeren, Gewürzen und Lakritz bestehen kann. Hinzu kommen animalische, balsamische und erdige Noten, ausreichend Säure und oftmals eine leicht süßliche Tanninstruktur. Es sind die Eigenschaften der Monastrell, die spät geerntet wird und die hier wesentlich zum Ausdruck kommen.

Ganz besonders gilt dieser Befund für den „Juan Gil Silver Label“, von dem ich mit María den 2016er verkoste und später zuhause den (im Moment noch besseren) Jahrgang 2015 probiere. Dieser Rotwein wird zu 100% aus Monastrell gekeltert, alte Reben, die auf Kalkböden wachsen und deren Ertrag auf 2500 kg je Hektar begrenzt ist. Ein Wein, der in Deutschland für zwölf Euro zu haben ist und den jeder Weinliebhaber einmal probieren sollte, weil er exemplarisch für das steht, was Juan Gil stilistisch ausmacht. 

Große Klasse deutet ebenfalls der „Juan Gil Blue Label“ aus 60% Monastrell, 30% Cabernet Sauvignon und 10% Syrah an. Man spürt die Komplexität, Kraft und Konzentration, die dieser Cuvée innewohnt. Die Gewächse werden separat in Edelstahltanks vergoren, im Anschluss separat für 18 Monate in französischen und amerikanischen Barriques ausgebaut und erst am Ende als fertige Weine assembliert. Im 2016er Jahrgang, den wir probieren, sind die Holznoten für mein Empfinden noch zu vordergründig. Nach weiteren ein bis zwei Jahren Flaschenreifung wird er ausbalancierter sein und sein Potenzial zeigen.

Bodegas Juan Gil
Bei Bodegas Juan Gil.


Vorschau
Mit diesem Beitrag zu Bodegas Juan Gil nimmt unsere Reise durch Murcia ihren Anfang. In den kommenden Wochen werden Jumilla und Monastrell weiter Thema auf diesem Blog sein. Aber auch von der autochthonen weißen Sorte Airen und einem daraus erzeugten Orange Wine weiß ich zu berichten. Den Abschluss unseres Weintrips werden zwei hochinteressante Weingüter aus der DO Bullas bilden, die sich ebenfalls auf Weine aus Monastrell verstehen und wo ich zudem erstmals auf die rote Sorte Forcallat gestoßen bin. Bleiben Sie bitte dran!

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