Fünf ziemlich gute spanische Weine für weniger als zehn Euro

Horacio Calvente

Deutsche Konsumenten mögen Wein gerne erschwinglich: Die Süddeutsche Zeitung hat kürzlich berichtet, dass Supermarkt-Kunden im Schnitt 3,09 Euro für den Liter Wein ausgeben. Auf eine Flasche von 0,75 l umgerechnet bedeutet dies 2,32 Euro. Da rund achtzig Prozent aller Weine in Deutschland in Supermärkten und Discountern verkauft werden, bleibt nicht mehr allzu viel Raum für das höherpreisige Segment. Dieses wird hauptsächlich von Fach- und Online-Händlern bedient, bei denen Kunden im Schnitt eine 0,75 l Flasche Wein für 5,10 Euro einkaufen. Für mich klingt das ziemlich preisorientiert, um es nett auszudrücken. 

Was günstig bzw. hochpreisig ist, definiert sich subjektiv: Ich kenne Leute, die verorten einen 70-Euro-Wein im mittleren Preissegment. Das sind Weinfreaks und Professionelle, die zum Beispiel regelmäßig auf Weinmessen gehen, an Pressereisen teilnehmen und zu Master Classes eingeladen werden. Dort kann man solche Weine gratis verkosten, entsprechend fühlen sie sich nicht teuer an. Eine ebenfalls gute Lösung ist die mit den drei Freunden: Jeder schmeißt vierzig Euro in den Topf und schon lässt sich gemeinsam ein 120-Euro-Wein genießen.

Persönlich bewege ich mich zwischen diesen Polen. Ich bin quasi der Peer Steinbrück der Weinwelt: Mit Weinen für weniger als fünf Euro befasse ich mich nicht, es müssen aber auch nicht zwingend über dreißig Euro sein. Ansonsten wäre ich dekadent und das ziemt sich nicht für Sozialdemokraten. Es sei denn man heißt Schröder mit Nachnamen.

Mit meinem Zuhause habe ich insofern Glück, als dass sich in Spanien viele hochklassige Weine im Preissegment von zwölf bis dreißig Euro finden. Ich habe nicht das Gefühl geschmacklich auf Diät zu sitzen. Hin und wieder werde ich sogar von Gewächsen überrascht, die bereits für weniger als zehn Euro eine beachtliche Qualität mitbringen. Eine kleine Auswahl solcher Weine stelle ich nun vor.

Cuatro Rayas – Cuarenta Vendimias Cuvée 2017

Dieser Weißwein aus der D.O. Rueda ist keine Cuvée im eigentlichen Sinne, denn er ist sortenrein aus der Rebsorte Verdejo gekeltert. Das „Cuvée“ im Namen bezieht sich auf zwei verschiedene Verfahren der Weinbereitung: Zwanzig Prozent des Weins sind im Barrique vergoren und gereift, während achtzig Prozent im Stahltank ausgebaut sind. 

Neuer Weißwein von Cuatro Rayas: Cuarenta Vendimias Cuvée

Die Kombination Verdejo und Barrique stimmt mich normalerweise skeptisch. Auf einer Pressereise durch Rueda konnte ich einst mehrere im Holzfass vergorene Verdejo probieren. Im Spanischen heißen sie „Blanco Fermentado en Barrica“ (BFB). Allesamt schmeckten sie mir zu fett und zu behäbig. Die Frische und das Knackige am Verdejo, was für mich die Sorte unter anderem definiert, war völlig vom Holz überlagert. 

Beim Cuarenta Vendimias Cuvée 2017 ist die Balance hingegen erstklassig gelungen. Das Holz hält sich dezent im Hintergrund und verleiht dem Wein eine geschmeidige Textur. Darüber hinaus ist der Weißwein duftig, lebendig-frisch und mineralisch. Typisch für Verdejo bringt er eine prima Säure mit, das macht ihn saftig und zupackend. In der Aromatik mache ich Zitrusnoten und Kräuterwürze aus, das kommt im Gesamteindruck sehr animierend daher. 

Finca Losada – Losada 2016

Den Rotwein aus der für die D.O. Bierzo typischen Mencia-Rebe habe ich kürzlich in einem Fachgeschäft in Granada für 9,95 Euro erstanden. Er fällt also gerade noch in die für diesen Beitrag obligatorische Unter-zehn-Euro-Kategorie, und darüber bin ich sehr froh. Denn was Winzer Amancio Fernández hier abliefert, ist ein hocheleganter Wein, der prima ausbalanciert ist und dabei viel Finesse und Tiefgang zeigt. Mit jedem Schluck tun sich neue Aromen und Geschmackseindrücke auf. Ein Wein, der nie langweilig wird und von dem ich mir bald wieder Nachschub besorgen werde.

Amencio Fernández, Finca Losada
Amancio Fernández, Finca Losada, zwischen Mencia-Rebstöcken

2005 gegründet, gehört Finca Losada zu den zahlreichen jungen Weinprojekten, die dem Weinland Spanien eine ungeheure Dynamik verleihen. Das Weingut bewirtschaftet zwölf Hektar in Eigenregie. Eher untypisch für das Bierzo sind es überwiegend lehmige Böden, auf denen von Finca Losada die Rebsorte Mencía kultiviert wird. Die Reben für den Losada 2016 kommen auf ein Alter von über sechzig Jahren. Auch das ist beachtlich.

H. Calvente – Guindalera Tinto 2014

Horacio Calvente war früher Bauarbeiter. Wie viele Spanier, die auf dem Land leben, hielt er sich im Garten ein paar Rebstöcke, aus denen er jeden Herbst etwa zweihundert Liter Wein für den Eigenbedarf kelterte. Natürlich durften auch ein paar Freunde und Nachbarn mittrinken. Und weil ihnen Calventes Wein besser schmeckte als der von anderen Weinbauern der Gegend, ermutigten sie ihn sein Dasein als Hobbywinzer in einen Beruf zu überführen. Das war vor 22 Jahren, und der Erfolg stellte sich für Horacio Calvente früh ein: Seine Weine wurden beispielsweise in den 2000ern in Ferran Adriàs Gourmettempel El Bulli kredenzt. Heute bewirtschaftet Bodegas H. Calvente 44 Hektar Rebland, beschäftigt sieben feste Mitarbeiter und füllt jährlich 180.000 Flaschen ab.

Horacio Calvente
Horacio Calvente mit seinem Guindalera Tinto (Foto: Simon Roth)

Der Guindalera Tinto stammt aus den Höhenlagen der D.O.P. Granada. Nirgendwo in Kontinentaleuropa geht es im Weinbau höher hinauf als in der Granada-Region, im Falle dieses Rotweins auf bis zu 1000 Meter. Die Crianza-Cuvée aus Tempranillo, Syrah, Cabernet Sauvignon, Merlot und Petit Verdot kommt aromatisch komplex und vielschichtig daher: Eine reife dunkle Frucht mischt sich mit erdigen und animalischen Tönen. Der Wein ist einerseits opulent und voluminös, andererseits verfügt er über eine gute Säure, was ihn lebhaft und interessant zu trinken macht. Bei mir in Spanien für beeindruckend günstige 8,90 Euro zu haben und seltsamerweise noch von keinem deutschen Weinimporteur entdeckt.

Balcona – Mabal Monastrell 2017

Ich mag die südostspanische Rebsorte Monastrell. Oftmals verfügen die aus ihr gekelterten Rotweine über balsamische, kräuterige und erdige Aromen. Lavendel und Lakritz sind häufig zu erkennen, und die Weine zeigen mitunter Würze. All das schimmert beim Mabal Monastrell 2017 durch, sobald er eine Stunde Luft gezogen hat. Was mir ebenfalls gefällt ist, dass dieser Wein keine Wuchtbrumme à la Juan Gil (15,5 % Vol. und mehr) darstellt, sondern mit 13,5 % Vol. für einen Monastrell geradezu moderat ausfällt. Ein niedrigerer Alkoholgehalt ist zwar kein Qualitätskriterium, doch es spricht wenig dagegen, wenn ein mediterraner Wein mal etwas schlanker und mit einem luftiger gestrickten Tanninnetz erscheint. Nun ja, verglichen mit einem Spätburgunder von der Ahr nun auch wieder nicht so schlank. Sei’s drum. Der Wein macht Spass und ist gemessen am Preis von 6,50 Euro wirklich gut.

Josefa Fernandez
Josefa Fernandez, Bodega Balcona, mit ihrem Mabal Monstrell Organic im Glas

Der Mabal Monastrell stammt nicht aus dem bekannten Anbaugebiet Jumilla, sondern aus der südlich davon gelegenen D.O. Bullas. Das Weingut Bodega Balcona von Winzerin Josefa Fernandez liegt dort im landschaftlich wunderschönen Aceniche-Tal auf 825 Metern Meereshöhe. Gerade für Südostspanien ist folgende Gleichung wichtig: Hochlage = kühle Nächte = gute Säurewerte in den Beeren = frische und saftige Weine. Kalkhaltige Böden komplettieren das Terroir. Darüber hinaus finde ich gut, dass Pepa Fernandez auf biologischen Weinbau und im Keller auf Spontanvergärung setzt.

Almijara – Jarel Moscatel Seco 2017

Málaga ist historisch gesehen bekannt für Süßweine. Mittlerweile schätzen Kenner die Region ebenfalls für trockene Weißweine aus Sorten wie Pedro Ximénez, Doradilla und die am häufigsten vorkommende Moscatel de Alejandría. Der erste trocken ausgebaute Moscatel der D.O. Sierras de Málaga stammt vom Familienweingut Almijara. 

Jener „Jarel Moscatel Seco“ wird seit 2000 erzeugt. Seine Trauben wachsen an vierzig bis siebzig Jahre alten Reben, die in extrem steilen und schwer zu bewirtschaftenden Lagen wurzeln. Die Schieferböden kommen als Sahnehäubchen obendrauf. Der Jahrgang 2017 lässt eine klare und saubere Frucht von reifen Aprikosen erkennen und schmeckt enorm frisch und saftig. Auch dank des Ausbaus von sechs Monaten auf der Feinhefe überzeugt er mit Grip und Fülle am Gaumen. 

Jarel Moscatel Seco und Dulce
Rechts der Jarel Moscatel Seco. Wie es sich für Málaga gehört, erzeugt Bodega Almijara auch Süßweine, in der Bildmitte und links zu sehen.

Der Jarel Moscatel Seco ist das Original und der einstige Wegbereiter für inzwischen zahlreiche trocken vinifizierte Moscatel de Alejandría in der Provinz Málaga. Allein schon deshalb sollte man den Wein kennen. In Deutschland leider aufgrund niedriger Mengen und hoher regionaler Nachfrage nicht verfügbar; jedoch steuere ich das Weingut bei von mir organisierten Gruppenweinreisen an. Sie sind herzlich eingeladen.

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