Im Herbst vergangenen Jahres bereiste ich mit einem Schweizer Weinclub eine Woche lang Galicien. Der abschließende Beitrag zu diesem Weintrip gehört dem historisch bedeutendsten Erzeuger des Anbaugebiets Rías Baixas: Bei Palacio de Fefiñanes wurde 1928 erstmals ein Albariño in der Flasche abgefüllt und als Marke registriert.
Dieser Albariño de Fefiñanes zählt mit seiner sagenhaften Saftigkeit auch nach neunzig Jahren (wir probieren den 2018er-Jahrgang) zum Besten, was die D.O. Rías Baixas zu bieten hat: Er ist mineralisch, mit tiefer Textur, er offenbart Zitrusnoten und florale Aromen. Ein zeitloser Klassiker, der jeden Weintrend übersteht.
Adliges Weingut in dritter Generation
Bodegas Palacio de Fefiñanes wurde 1904 von Juan Bautista Armanda y Losada, dem Marqués de Figueroa, im Fischerort Cambados gegründet. Der adlige Herr verbrachte einen Teil seines Studiums in Deutschland und war ein Liebhaber der Rieslinge von Rhein und Mosel. In dieser Vorliebe liegt wohl der Grund, dass er seinen Albariño in Schlegelflaschen abfüllte. Bis heute gelangt der Albariño de Fefiñanes in dieser für Rhein und Mosel typischen Flaschenform in den Handel.
Das Weingut befindet sich auf einem noblen und weitläufigen Anwesen, dessen Mittelpunkt ein Herrenhaus im englischen Stil ist. Bis heute stellt es den Wohnsitz des Adelsgeschlechts dar. Der heutige Marqués de Figueroa – Juan Gil de Araujo – führt das Weingut in dritter Familiengeneration und ist darüber hinaus Präsident der 1988 gegründeten D.O. Rías Baixas. Dem Kontrollrat (Consejo Regulador) einer jeden spanischen D.O. (Denominación de Origen) obliegt es verbindliche Regeln bezüglich des Weinanbaus und der Weinbereitung aufzustellen und zu überwachen.
Der Weiße vom Rhein
Bei unserer Ankunft werden wir von Carmen Meis, die für Besuchergruppen zuständig ist, empfangen. Sie führt uns zuerst in einen parkähnlichen Garten. Hier besichtigen wir eine Parzelle mit über 100 Jahre alten Albariño-Reben. Sie sind in der für die Region typischen Pergola gehalten. Bei diesem Erziehungssystem hängen die Trauben weit vom nassen Boden entfernt und es herrscht eine bessere Ventilation im Weinberg.
Das an diesem Tag überraschend sonnige Wetter sollte nicht hinwegtäuschen, dass wir uns direkt am Atlantik befinden. Das jährliche Niederschlagsaufkommen (bis zu 1400 mm) ist entsprechend hoch. Die Albariño kommt mit dem feucht-atlantischen Klima besser zurecht, als die meisten anderen Rebsorten. Vor allem zeigt sie sich resistenter gegen Pilz- und Fäulnisbefall. Abgesehen vom internationalen Boom und der Nachfrage, welche die Traube seit den 1990er-Jahren erfährt, ist es deshalb nur logisch, dass die Lagen der D.O. Rías Baixas zu 96 Prozent mit jener Weißweinrebe bestockt sind.
Da wir bereits von der Liebe des Weingutsgründers Juan Bautista Armanda y Losada zu Rhein und Riesling gesprochen haben: „Albariño“ heißt übersetzt „der Weiße vom Rhein“. Lange Zeit ging man davon aus, die Rebsorte stamme vom Riesling ab und sei aus Mitteleuropa über den Jakobsweg nach Galicien gelangt. Eine knackige Säure und fantastische Mineralität haben die Weißweine beider Trauben oftmals gemeinsam. Verwandt, das zeigen jüngere DNA-Analysen, sind sie allerdings nicht. Mittlerweile gehen Rebsortenforscher davon aus, dass die Albariño autochthon aus dem nordportugiesisch-galicischen Raum stammt.
Palacio de Fefiñanes und drei traumhafte Albariño
Das Weingut keltert ausnahmslos sortenreine Albariño. Das Lesegut bezieht es größtenteils von lokalen Weinbauern. Für die Region ist das ganz normal: Aufgrund der lange praktizierten Erbteilung ist Besitz in Galicien breit gestreut. Es gibt kaum ein Weingut, das ausreichend eigene Lagen besitzt. Laut Auskunft des Kontrollrats der D.O. Rias Baixas verteilen sich die 4047 Hektar des Anbaugebiets auf 21.825 Parzellen. Die durchschnittliche Fläche einer Weinlage beträgt somit 0,18 Hektar.
Das Flaggschiff im Sortiment ist der eingangs erwähnte „Albariño de Fefiñanes“. Im Jahr 1928 wurde dieser Weißwein als erster Albariño überhaupt abgefüllt, etikettiert und als Marke registriert. Das damalige Etikett-Design ist immer noch in Verwendung; ebenso die schlanke Schlegelflasche, wenngleich deren Glas heute braun und nicht mehr grün wie früher ist. 170.000 Flaschen gehen von diesem großartigen Klassiker in den Handel.
Ferner degustieren wir zwei Albariño, die in kleineren Mengen erzeugt werden. Überragend schmeckt der III Año (Jg. 2016): komplex, sehr tief und lang. Er ist im Stahltank vergoren und darin für weitere 30 Monate ausgebaut (davon sieben Monate auf der Feinhefe). Für gewöhnlich bin ich kein Freund von technischen Parametern. An dieser Stelle mache ich eine Ausnahme: Der niedrige ph-Wert 3,13 und eine Säure von 7,5 g/l sind nahezu perfekte Daten für einen Weißwein aus Rías Baixas.
Dass die Albariño außerdem Holz verträgt, war mir schon bewusst. Einer meiner Lieblingsweine ist beispielsweise der Carralcoba von Eulogio Pomares, der im großen Kastanienfuder ausgebaut ist. Der 1583 Albariño de Fefiñanes (Jg. 2018) wird hingegen in kleinen Barriquefässern vergoren und jeweils für drei weitere Monate in Barriques (ein bis fünf Jahre alt) und im Stahltank gereift. Önologin Christina Mantilla zeigt dabei ein gutes Händchen und Gespür: Das Holz ist hervorragend eingebunden.
Weitere Informationen
Nach der Visite begaben wir uns zu einem genussvollen und ereignisreichen Lunch, worauf ich an dieser Stelle nicht näher eingehe. Nur eines: Sollten Sie selbst einmal ins hübsche Cambados kommen und das Weingut Palacio de Fefiñanes besuchen, so empfehle ich ergänzend das Restaurant A Casa de Miguel. Deren Tapas und Gerichte aus Meeresfrüchten in Kombination mit den regionalen Albariño ist fast unschlagbar.
Link zum Weingut: www.fefinanes.com
Alle Fotos: © Thomas Götz, Spaniens Weinwelten