Jaén Negro und die Bodega Garcia de Verdevique

Garcia de Verdevique, Antonio und Alberto

Eins der spektakulärsten Terroirs in Spanien ist für mich die Sierra de la Contraviesa. Vor ein paar Tagen habe ich in dem Gebirgszug in der Provinz Granada das befreundete Weingut Garcia de Verdevique besucht. Vater Antonio und Sohn Alberto García keltern in diesem abgelegenen, mediterranen Berggebiet klasse Naturweine – teils aus bekannten Sorten wie Tempranillo, Garnacha und Viognier, teils aus lokalen Trauben wie Vijiriega, Perruño und Montua. Neu im Portfolio haben sie einen sortenreinen Rotwein aus der autochthonen Rebe Jaén Negro. Er stammt aus 80 bis 125 Jahre alten Rebstöcken, und der erste Jahrgang 2019 umfasst gerade einmal 470 Flaschen.

Garcia de Verdevique – Hochlagen, Schiefer und alte Reben

Die Weinberge von Garcia de Verdevique befinden sich auf 1150 bis 1350 Metern Meereshöhe. Obwohl wir nur wenige Kilometer vom Mittelmeer entfernt sind, handelt es sich um die höchsten Weinlagen in Europa. Die kargen Böden bestehen größtenteils aus einem brüchigen grauen Schiefer. Ferner ist das zumeist steile Gelände schwierig zu bearbeiten und ebenfalls schwer zugänglich. So kommen im Weinberg keine Maschinen zum Einsatz. Die Weinlese erfolgt manuell, und die Böden werden mit Pferden gepflügt.

Das Weingut Garcia de Verdevique in der Sierra de la Contraviesa
Das Weingut Garcia de Verdevique in der Sierra de la Contraviesa

Die Garcia-Familie ist seit den 1890er-Jahren an diesem Ort ansässig. Vater Antonio hat das Weingut Ende der 1980er übernommen und schrittweise entwickelt: So setzte er von Beginn an auf biologischen Anbau und die Erzeugung von Naturweinen. Ergänzend hat er die Kellerei modernisiert, in dem er Edelstahltanks für die Gärung, Barriquefässer und eine moderne Abfüllanlage einführte. Ein echter Hammer ist der flaschenvergorene Schaumwein mit sieben Jahre Hefelager, den die Garcias rebsortenrein aus der Vijiriega-Traube keltern.

Sohn Alberto ist nun dabei das Portfolio auszuweiten. Neben dem sortenreinen Jaén Negro wird bald auch ein Orange Wine aus Chardonnay, Viognier und Perruño abgefüllt. Dieser gärte für 26 Tage auf den Schalen, und die Fassprobe ist vielversprechend. Jene Weine in sehr kleinen Auflagen sind weniger für den lokalen Markt, sondern für ein paar exklusivere Geschäfte in Granada Stadt und vor allem für Distributoren in Benelux, Skandinavien, Großbritannien und Deutschland vorgesehen, welche die Gewächse von Garcia de Verdevique bereits importieren. Es gibt also eine gute Nachricht für die Leser und Leserinnen dieses Beitrags: Trotz Mini-Auflage von 470 Flaschen ist es gut möglich, dass der Jaén Negro 2019 in Kürze in Deutschland bezogen werden kann.

Alberto und Antonio Garcia, im Hintergrund zwei ihrer Weinberge
Alberto und Antonio Garcia, im Hintergrund zwei ihrer Weinberge

Jaén Negro – einst in ganz Andalusien vertreten, heute fast nur noch in Granada

In einem 1807 erschienenen Werk beschreibt der Rebsortenforscher und Botaniker Simón de Rojas Clemente y Rubío insgesamt 119 Rebsorten, die in Andalusien im Anbau sind. Viele der Rebsorten, die er im Buch vor über 200 Jahren aufführte, sind mittlerweile ausgestorben bzw. wurden von der Reblaus ausgerottet. Dazu gehören beispielsweise Zurumí, Calona und Rebazo.

Auf die Jaén Negro trifft dieses Schicksal glücklicherweise nicht zu. Wenngleich die Sorte heute nur noch sehr selten vorkommt, hauptsächlich in Granada und in kleinen Teilen des Nachbargebiets Málaga.

Simón de Rojas erwähnt zwei Varietäten der Jaén Negro: Da wäre zum einen die „Jaén Negro de Sevilla“. Sie war im 19. Jahrhundert noch in Jerez, Tarifa und Sanlúcar de Barramenda im Anbau, ist heute aber vollständig verschwunden.

Zum anderen spricht der Botaniker von der „Jaén Negro de Granada“, die rund um granadinische Orte wie Motril am Mittelmeer, das Poqueira-Tal in der Sierra Nevada und Torvizcon in der Sierra de la Contraviesa vorzufinden sei. Genau dort kommt die Sorte auch heute noch vor. Zumeist sind es alte Reben, die sich in Mischsätzen befinden.

Die Garcias gewinnen die Trauben für den sortenreinen Jaén Negro aus ebensolchen Mischsätzen. Insgesamt sind es sechs Parzellen mit 80 bis 125 Jahre alten Reben. Die Lagen sind darüber hinaus mit autochthonen Trauben wie Varetuo (ein lokaler Tempranillo-Clon), Vijiriega, Montua und der weißen Jaén Blanco bestockt.

Mischsatz mit alten Reben, darunter auch Jaén Negro
Mischsatz mit alten Reben bei Garcia de Verdevique

Die Jaén Negro – finde ich bei Recherchen im Vitis Rebsortenkatalog heraus – entstammt einer Kreuzung aus der roten Rebe Listan Negro (eine Sorte, die heute noch auf den Kanaren populär ist) und der weißen Traube Cayetana Blanca, die der Albillo-Familie zuzuordnen ist. Ob es sich um eine wilde natürliche Kreuzung handelte oder um eine Züchtung, vermag ich nicht zu sagen. Klar ist: Beide Mutterreben waren früher in Andalusien verbreitet.

Bis zu 80 Jahre alte, oxidativ ausgebaute Rosados

Der sortenreine Rotwein aus Jaén Negro ist ganz neu, wie ich schon sagte. 2019 ist der erste Jahrgang. Aber die Reben sind alt und waren natürlich schon früher in Verwendung. Bislang erzeugten Antonio und Alberto Garcia daraus einen Rosado, gemischt mit anderen Reben wie Varetuo, Vijirega und Jaén Blanco. Dieser Rosé wird in der Region als „Vino de Costa“ bezeichnet, also „Küstenwein“. Es ist der traditionelle Wein der Sierra de la Contraviesa. Weiß- und Rotweine werden erst seit den 1980ern im Gebiet erzeugt, als Weingüter wie Barranco Oscuro und Garcia de Verdevique sich professionalisierten.

Dank ihrer langen Familien- und Weingeschichte haben Garcia de Verdevique einige echte Schätze in ihren Kellern lagern. Manche ihrer Rosado-Weine bauen sie oxidativ in alten Holzfässern aus (ohne sie zu spriten). Bis zu 80 Jahre alte Weine schlummern in ihrer Bodega in den Fässern. Geschmacklich und stilistisch gehen sie in die Richtung Amontillado und Palo Cortado. Das ist faszinierend. Bei diesem Besuch haben wir ein solches 30 Jahre altes Gewächs probiert. Die Basis ist wohlgemerkt ein gewöhnlicher Roséwein, der nicht mit Alkohol angereichert, sondern einfach über viele Jahre in einem Holzfass ausgebaut wird, bis er diese Sherry-Töne entwickelt.

Probe eines über 30 Jahre oxidativ ausgebauten Rosados.
Probe eines über 30 Jahre oxidativ ausgebauten Rosados

Garcia de Verdevique Jaén Negro 2019 – mittlerer Körper, mittlere Säure, weich und elegant

Von alten Weinschätzen nun zum neuen Gewächs: Meine Frau Emily hat das Etikett für den Garcia de Verdevique Jaén Negro 2019 entworfen und gezeichnet. Ich kann Ihnen aber versichern, dass er mir nicht allein deswegen gefällt. Ferner haben die Garcias den Wein erst vor zwei Wochen abgefüllt; es ist also klar, dass da noch eine Entwicklung in der Flasche stattfindet.

Dennoch: Was ich im Glas habe, sagt mir bereits in diesem Stadium außerordentlich gut zu. Der Naturwein wird einzig im Stahltank ausgebaut, entsprechend kommt in der Nase viel Frucht zum Vorschein. Der Duft ist sehr klar, sauber und präsent. Am Gaumen zeigt sich ein frischer Wein mit mittlerem Körper, mittlerer Säure und eher wenig Tannin. Das Gewächs fühlt sich entsprechend weich an und hat eine seidige Textur. Gewiss ist dieser Jaén Negro weniger kräftig und vollmundig als viele Rotweine aus der Region (und manche von Garcia de Verdevique). An der helleren Farbe erkennt man ebenfalls, dass der Wein im Vergleich weniger Extrakt hat. Ein Leichtgewicht ist er aber nicht. Wir sind in Südspanien und liegen bei 14,5% Alkoholgraden. Dies dürfte auch der Grund sein, weshalb der Rotwein – obwohl kein Holzausbau und kein Restzucker – eine dezente süssliche Note im Abgang entwickelt.

Insgesamt gefällt mir dieser Rotwein in seiner Stilistik und Aromatik sehr gut, und ich bin schon gespannt darauf, ihn in den kommenden Monaten und Jahren regelmäßig zu probieren und zu sehen, was damit in der Flasche passiert.

Emily und Alberto mit dem frisch abgefüllten Jaén Negro
Emily und Alberto mit dem frisch abgefüllten Jaén Negro

Weitere Informationen

“Support your local grape” ist eine Beitragsserie über seltene autochthone Rebsorten Spaniens. Zu allen Blogartikeln der Reihe führt dieser Link.

Link zum Weingut: www.bodegasgarciadeverdevique.com

Alle Weine von Garcia de Verdevique gelangen mit der Herkunftsangabe VT Cumbres del Guadalfeo in den Handel. Dies ist ein Landweingebiet (benannt nach einem Fluss), zu dem die erwähnte Sierra de la Contraviesa gehört.

Bezugsquellen: www.alpujarra-olivenoel.de und www.spanien-shop.com

Alle Beitragsfotos: © Spaniens Weinwelten

Garcia de Verdevique. Jaén Negro 2019. Naturwein. Made and drunk in the Alpujarra.

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