Bodegas D. Mateos – Alte Garnacha und Weiße Tempranillo

Weinberge von Bodegas D. Mateos

Im Jahr 1886 wurde Bodegas D. Mateos als kleines Familienweingut gegründet. Das Rioja erlebte derzeit einen Boom: In den 1870er-Jahren entdeckten Weinhändler aus dem Bordeaux die Region für sich. Wegen der in Frankreich grassierenden Reblausplage waren ihre Lager arg dezimiert. Auf der anderen Seite der Pyrenäen fanden die Händler ein intaktes Anbaugebiet, wo sie neue Weinlager errichteten und neue Kellertechniken wie die Verwendung der kleinen 225-l-Barriques zur Reifung der Weine einführten.

Knapp hundert Jahre lang wurden Rioja-Weine in alten Barriques aus amerikanischer Eiche und über einen langen Zeitraum ausgebaut. Auch wurden die Weine kürzer vergoren als heutzutage. Dieser alte Rioja-Stil ergibt Rotweine mit hellerer Farbe, die eher schlank und saftig sind. Als Referenz für jenen „alten Stil“ gilt bis heute das in Haro beheimatete Weingut R. López de Heredia Viña Tondonia. Nach Angaben des Weinguts sind neunzig Prozent der verwendeten Fässer zehn Jahre öder älter. Zudem sind die Ausbauzeiten elend lang: Eine Tondonia Gran Reserva reift zehn Jahre in Barriques und mindestens weitere zehn Jahre in der Flasche, ehe der Wein in den Handel gelangt.

Weinlagen von Bodegas D. Mateos in Rioja Baja, Foto: Thomas Götz

Ein neuer Rioja-Stil entwickelt sich

1970 setzte das Weingut Marqués de Cáceres erstmals neue französische Barriques bei der Weinbereitung ein. Diesem Beispiel folgten weitere Erzeuger, und im Zuge der Verwendung von Neuholz veränderten sich die Rioja-Weine bereits in der Stilistik. Zur stilistischen Wandlung trug ferner der vermehrte Einsatz von temperaturregulierten Edelstahltanks für die alkoholische Gärung bei.

Der heutige, moderne Rioja-Stil schälte sich um die Jahrtausendwende heraus: Ergänzend zur Reifung der Rotweine in zumeist ungebrauchten Barriques kamen neue Verfahren bei der Weinbereitung hinzu: eine längere Maischestandzeit, oftmals mit vorangehender Kaltmazeration und ein insgesamt kürzerer Ausbau der Weine sind diesbezüglich relevante Stichworte. Im Resultat – und im Vergleich zu früher – sind diese modernen Rioja-Weine dunkler und kräftiger, fruchtbetonter und expressiver.

Für jenen modernen Rioja-Stil stehen die vier Rotweine von Bodegas D. Mateos, die ich kürzlich zur Verkostung erhalten habe. Winzer Mateo Ruiz, der Agrarwissenschaften und Önologie studiert hat, übernahm das Weingut im Jahr 2000 von seinen Eltern und baute es zu einem innovativen Weinbetrieb aus und um. In der Subzone Rioja Baja kultiviert er 100 Hektar Rebland.

Mateo Ruiz, hier im Weinberg mit alten Garnacha-Reben, Foto: Thomas Götz

Rioja Baja – das “Untere Rioja” ist mediterran geprägt

Wie es der Name „Unteres Rioja“ schon andeutet, findet der Weinbau in Rioja Baja in niedrigeren Lagen statt, als in den zwei anderen Subzonen Rioja Alavesa und Rioja Alta. Ferner ist Rioja Baja mit seinem mediterran geprägten Klima die wärmste und trockenste Zone der gesamten Appellation. Rioja Alta und Alavesa sind im Gegensatz einem mehrheitlich atlantisch-kontinentalen Klima ausgesetzt.

Wegen der genannten Höhen- und Klimafaktoren enthalten die Weine aus Rioja Baja im Vergleich tendenziell weniger Säure und Tannin. Die guten Gewächse von Erzeugern wie Palacios Remondo und eben D. Mateos zeigen dabei eine hervorragende Balance.

Rioja Baja galt gegenüber der Nachbarzone Rioja Alta lange Zeit als unterlegen. Viele Weinbauern im Unteren Rioja waren einzig Traubenlieferanten für die großen und bekannten Weingüter in Rioja Alta. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich diese Wahrnehmung verändert: Rioja Baja verfügt zum Beispiel über einen Schatz an alten Garnacha-Reben, eine Sorte, die enorm an Popularität zugewonnen hat und aus der einige der besten Rotweine Spaniens entstehen. 

Ein ebensolcher sortenreiner Garnacha ist der 2016 La Mateo Garnacha Cepas Viejas. Die Reben dieses expressiven, fleischigen Rotweins sind 75 Jahre alt. Das Tannin fühlt sich weich und seidig an. Ebenso verleiht die markante Säure ein stabiles Rückgrat. Das ist kraftvolle Eleganz. 15 Monate neues Holz und auch die 15% Vol. Alkohol sind sehr gut integriert. Der Wein durchläuft eine natürliche Klärung und wird unfiltriert abgefüllt.

Fünf Weine Bodegas D. Mateos, La Mateo Colección de Familia
Rioja Baja in der Alpujarra Alta

Colección de Familia – eine Weinlinie als Hommage an die Familie

Bodegas D. Mateos keltert verschiedene Weinlinien in unterschiedlichen Preissegmenten. Ich probiere die Weine der Serie „Colección de Familia“. Das Lesegut stammt aus Weinbergen, die schon sein Großvater bestellt hat, erklärt Mateo Ruiz im Telefoninterview. Für ihn stellen diese Weine eine Hommage an seine Vorfahren, an das über Familiengenerationen hinweg bestellte Land und ein Ausdruck des Terroirs dar.

Sehr gut gefällt mir die 2016 Tío Martin Crianza. Es handelt sich um eine klassische Rioja-Cuvee, in der neben der Hauptsorte Tempranillo die Trauben Garnacha, Mazuelo (Carignan) und Graciano zum Einsatz kommen. Nach der Gärung im Stahltank erfahren sie einen 14-monatigen Barriqueausbau in Erst- und Zweitbelegung. Der frische, geradlinig strukturierte Rotwein verfügt über gute Säure und eine Frucht, die klar und sauber herauskommt. Der recht lange Abgang ist von angenehmen Bitternoten begleitet, was Lust auf den nächsten Schluck macht. 

Eine Steigerung bietet die Reserva 2015 La Mateo Parcelas Singulares. Dieser Rotwein wird aus 55 Jahre alten Reben der Sorten Tempranillo, Garnacha und Mazuelo gewonnen. Mit 3500 kg pro Hektar sind die Erträge stark reduziert (die DOCa Rioja erlaubt bis zu 6500 kg/ha). Der Ausbau erfolgt 18 Monate in neuen Barriques. Der Parcelas Singulares benötigt im Moment noch Luft, um das perfekte Gleichgewicht zu finden. Wenn man dem Wein die entsprechende Zeit gibt, zeigt er sich komplex, tief und wunderbar balanciert. 


Eigentlich könnte dieser Text nun enden, weil solch ausgezeichnete Rotweine eigentlich mehr als genug sind. Auch, weil ich am heutigen 1. Mai eigentlich auf meiner Terrasse sitzen und chillen sollte. Aber eigentlich beginnt jetzt ein weiteres Kapitel, nämlich das der Weißen Tempranillo. Ich verzichte also aufs Faulenzen und tippe weiter. 

Trauben der Tempranillo Blanco
Lesegut der Tempranillo Blanco bei Bodegas D. Mateos

Weiße Tempranillo – eine natürliche Mutation der roten Sorte

Im Jahr 1988 entdeckte ein Weinbauer im Rioja in einem seiner Weinberge zufällig einen Rebstock mit weißen Trauben, die er keiner ihm bekannten Sorte zuordnen konnte. Der Winzer zog die Universität von Rioja zu Rate, und in einem längeren Prozess, bei dem unter anderem DNA-Analysen vorgenommen wurden, stellte sich heraus, dass es sich bei der weißen Rebe um eine natürliche Mutation der roten Tempranillo handelte. 

Bürokratische Mühlen mahlen langsam, vor allem in Spanien, und so musste sich die Tempranillo Blanco gedulden, ehe sie als Rebsorte gesetzlich zugelassen wurde. Bodegas D. Mateos und Winzer Mateo Ruiz begleiteten den Testprozess von Beginn an. Zuerst musste herausgefunden werden, ob die Weiße Tempranillo überhaupt den Ansprüchen der DOCa Rioja genügt. In anderen Worten: Lassen sich aus dieser Rebe Weißweine von hoher Qualität keltern? 

In Kooperation mit dem Landwirtschaftsministerium der Autonomen Gemeinschaft La Rioja und der Appellation DOCa Rioja legte Bodegas D. Mateos im Jahr 2006 einen Test-Weinberg an. Die Versuche mit der neuen Rebe verliefen positiv. Als 2013 die Weiße Tempranillo vom Kontrollrat der DOCa Rioja offiziell für den Anbau erlaubt wurde, pflanzte Mateo Ruiz eine weiteren und größeren Weinberg mit der Sorte an.

Weiße Tempranillo bei Bodegas D. Mateos in Rioja Baja
Test-Weinberg mit Weißer Tempranillo

Mateo Ruiz kennt die Tempranillo Blanco wie kaum ein zweiter Winzer im Rioja. Am Telefon erzählt er, dass der einzige größere Unterschied zwischen roter und weißer Sorte darin bestehe, dass sich bei der Mutation das Gen der Hautfarbe geändert habe. Bezüglich Aussehen und Pflanzenstruktur sei die weiße Tempranillo mit der roten Mutterrebe nahezu identisch. 

In Bezug auf die aromatischen Eigenschaften der Rebe ist Mateo Ruiz mehr als angetan. Die Tempranillo Blanco sei in der Lage komplexe und anspruchsvolle Weißweine zu ergeben – mit fruchtigen und floralen Noten, mit hervorragender Struktur und Säure. Außerdem eigne sich diese Weißweinrebe sehr gut für den Holzausbau.

Diese Beschreibung trifft auf den 2017 La Mateo Tempranillo Blanco zu. Sechs Monate Ausbau in Barriques machen sich in einer vollmundigen cremigen Textur bemerkbar. Das Holz ist sehr gut eingebunden, und so fühlt sich dieser Weißwein elegant und weich am Gaumen an. Die markante, ebenfalls prima integrierte Säure hinterlässt zudem einen äußerst frischen Gesamteindruck. 

Von diesem Weißwein hab ich mir ein Schlückchen aufgehoben. Bevor bald die Sonne untergeht, setze ich mich auf die Terrasse und werde es genießen.


Weitere Informationen

Link zum Weingut: www.bodegasmateos.com

Bezugsquelle: www.deuna.de

Bildangabe: Fotos 1, 2, 4, 5: © Bodegas D. Mateos / Foto 3: © Thomas Götz

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