Casa Los Frailes – Monastrell, Biodynamie und viel Geschichte

Keller, Casa Los Frailes

Auf Casa Los Frailes stieß ich 2021 eher zufällig und aus profanen Gründen. Eine Online-Bestellung wollte ich bis zum versandkostenfreien Betrag mit ein paar günstigen Weinen auffüllen. Ich entdeckte einen Rotwein für 6,90 Euro von besagtem Weingut aus der DO Valencia und orderte zwei Flaschen mit. Der sortenreine Monastrell – Demeter zertifiziert – entpuppte sich als herausragend gut für seinen Preis. Als ich Ende September in die Valencia-Region kam, blieb mir quasi gar nichts anderes übrig als vorbeizuschauen. Meine Erwartungen wurden völlig übertroffen …

Nahe der Ortschaft Fontanars dels Alforins in der Region Valencia.
Nahe der Ortschaft Fontanars dels Alforins in der Region Valencia.

Casa Los Frailes – eine Familie, dreizehn Generationen

Mit Weinfreund Peter bin ich im Anbaugebiet Valencia, im Grenzland zu Alicante und Kastilien-La Mancha, unterwegs. Tags zuvor hatten wir bereits die Winzer Javi Revert und Rafael Cambra besucht. Wir kommen mitten zur Lesezeit, die aufgrund starker Niederschläge an diesen Tagen jedoch unterbrochen ist. Regen im September ist im Hinterland von Valencia keine Seltenheit. Er stellt die Winzer der Region während der Weinernte regelmäßig vor Herausforderungen.

Bei Casa Los Frailes – der Name bedeutet „Haus der Mönchsbrüder“ – sind wir mit Maria José Velázquez verabredet. Sie verspätet sich einige Minuten, während derer wir uns die Beine im Garten des großzügigen Anwesens austreten. Als Maria eintrifft, schlendern wir zuerst in die Weinberge. Der Grundbesitz ist stolze 165 Hektar groß. Wein bauen sie auf 130 Hektar an, berichtet Maria, den Rest decken Oliven- und Mandelbäume und Wald ab.

Maria José Velázquez und Miguel Velázquez.
Maria José Velázquez und Miguel Velázquez. Die Köpfe von und hinter Los Frailes.

Maria und ihr Bruder Miguel bilden die 13. Generation. Im Jahr 1771 erstand ihre Familie das Anwesen von der spanischen Krone. Das Königshaus litt im 18. und 19. Jahrhundert notorisch an Geldknappheit, weshalb es kirchlichen Besitz überall im Land enteignete und öffentlich versteigern ließ. Im Falle von Casa Los Frailes waren es Mönche vom Jesuitenorden, die hier bis 1768 lebten. Sie betrieben Landwirtschaft und kelterten freilich auch Wein. Das Landgut liegt zudem an der einst so bedeutenden römischen Handelsstraße Via Augusta. Der Ort blickt demnach auf eine lange und bewegte Geschichte zurück, von der unter anderem die alten unterirdischen Weinkeller auf dem Gehöft künden. Dazu später mehr.

Das Originaldokument von 1771.
Das Originaldokument von 1771, das den Kauf des Anwesens bescheinigt.

Biodynamie – das Leben im Weinberg verbessern

Im Moment sind wir allerdings noch in den Weinbergen: Mehr als die Hälfte ist mit der heimischen Rotweinsorte Monastrell bestockt. Diverse autochthone und internationale Reben teilen sich die übrige Fläche. Seit sechs Jahren bestellt Familie Velázquez alle 130 Hektar Weinland biodynamisch, davor praktizierten sie biologischen Anbau.

„Mit biologischer Landwirtschaft hielten wir die Weinberge in einem guten Zustand“, erzählt Maria. „Aber du verbesserst ihre Qualität damit nicht wirklich. Mit der Biodynamie befördern und reaktivieren wir das Leben im Weinberg, sowohl im Boden als auch darüber.“

Miguel und Maria betreiben Trockenfeldbau in einem trockenen mediterranen Gebiet. Ein Bewässerungssystem existiert nicht. Mit dem biodynamischen Anbau erhöhen sie die Vitalität der Böden, was den Reben in Hitze- und Trockenperioden zugute kommt.

Selbstverständlich setzen sie keine Pflanzenschutzmittel und Stickstoffdünger ein. Stattdessen fressen Schafe im Winter das Gras in den Rebgärten ab. Kuhdung und Tresterreste aus der Weinerzeugung dienen als Kompost. Ferner halten sie Bienen in ihren Wäldern, was generell zu mehr Biodiversität führt, auch im Weinberg. Last, but not least erstellen sie biodynamische Präparate wie Hornmist und Hornkiesel und führen sie den Weinbergen zu.

Etwa 80 Jahre alte Monastrell. Auf 650 m Höhe. Bei Casa Los Frailes, DO Valencia
Etwa 80 Jahre alte Monastrell. Auf 650 m Höhe.

Terres dels Alforins – im Einfluss von Hochebene und Mittelmeer

Diese Weinberge befinden sich, wie gesagt, im nach der Hafenstadt Valencia benannten Anbaugebiet. Die Region ist nun wirklich nicht für Wein bekannt, sondern eher für Paella, Orangen und Fußball. Zwar wissen Fachkreise und Weinfreaks von der Qualität und dem eigenständigen Charakter der Valencia-Weine. Doch einem größeren Publikum, selbst in Spanien, ist das Gebiet weitestgehend unbekannt.

Bezüglich der Etablierung einer unverwechselbaren Weinidentität ist es auch nicht gerade hilfreich, dass die Appellation aus vier, mitunter sehr verschiedenen Subzonen besteht. Ein Vergleich, beispielsweise zwischen den Subzonen Clariano und Moscatel de Valencia, offenbart ganz unterschiedliche Weintraditionen, Stile und Rebsorten im Anbau. Nicht wenige spanische DOs sind rein politische Gebilde, die Logik missachten, man denke nur an Vinos de Madrid oder eben Valencia. Die erfolgreichsten DO-Gebiete haben dagegen eine klare Identität: Rioja, Ribera del Duero, Rueda, Rías Baixas, Priorat und einige mehr. Aber dies ist ein Thema für einen anderen Beitrag.

Bleiben wir bei Casa Los Frailes: Das Weingut liegt in der Subzone Clariano, in einem Tal, das gemeinhin als Terres dels Alforins bezeichnet wird. Von hier kommen die für meinen Geschmack besten und spannendsten Weine der D.O. Valencia. Die Luftlinie zum Mittelmeer beträgt nur 55 Kilometer, gleichwohl liegen die Weinberge bereits auf 600 bis 750 Meter Höhe. Das Tal bildet einen Korridor zur Küste, durch den mediterrane Luft und feuchte Winde hereinziehen. Letztere sind besonders wichtig, tragen sie doch zu Abkühlung und Feuchtigkeit in den trockenen heißen Sommern bei.

Einen kühlenden Faktor stellen ebenfalls die Hochlagen dar. Insbesondere in den Sommernächten sinkt das Barometer um bis zu 20°C im Vergleich zur Tagestemperatur. Das Tal von Terres dels Alforins liegt zudem ganz nah an Kastilien-La Mancha. Der kontinentale Einfluss des Landesinneren ist hier bereits deutlich spürbar, unter anderem in Form von kalten Wintern und einem kühleren Frühjahr als direkt am Meer.

Das Highlight – ein ziemlich alter Weinkeller

Normalerweise finde ich bei einem Weingutsbesuch die Besichtigung des Kellers stets am langweiligsten. OK, es gibt Ausnahmen, beispielsweise ein so mythischer Ort wie Tondonia. Doch die meisten Keller sind gewöhnlich. Sie bieten immer dasselbe, nur in unterschiedlicher Verpackung – mal chic, mal rein praktisch: Man sieht Kühlkammer, Pressen, Stahltanks, Barriques, Abfüllanlage und dergleichen. Neuerdings wieder vermehrt Zementtanks, Amphoren, Demi-Johns und Holzfuder.

Einen modernen „langweiligen“ Keller haben auch Casa Los Frailes. Wein lässt sich darin freilich wunderbar erzeugen, wie sie mit ihren Gewächsen eindrucksvoll zeigen.

Im alten Keller reifen heute noch Weine in kleineren Auflagen.

Den Höhepunkt unseres Besuchs stellte für dieses Mal der alte Weinkeller dar, der parallel zur in den 2000ern errichteten neuen Kellerei immer noch in Betrieb ist. Maria kann uns nicht sagen, wie alt die unterirdischen Räume sind. Sie existierten jedenfalls schon zur Zeit der Mönchsbrüder und datieren möglicherweise noch viel länger zurück.

Im ersten Raum (Foto oben) erstellen Casa Los Frailes ihre biodynamischen Präparate; sie bauen Süßweine in Demi-Johns aus und experimentieren mit Wein in Tonamphoren. In einigen Holzfässern reift ein 20 bis 30 Jahre alter Fondillon – das ist eine Spezialität der nahen Alicante-Region, konkret ein Süßwein aus Monastrell, der mindestens zehn Jahre lang oxidativ ausgebaut wird. Auch lagern hier einige Flaschen Rotwein aus den 70er- und 80er-Jahren, die noch Marias Vater abfüllte.

Alter Weinkeller. Casa Los Frailes, DO Valencia
In den Boden gelassene Amphoren aus einem Kalk-, Sand- und Kiesgemisch.

Im Anschluss betreten wir Räume, in denen ich mich wie in einer archäologischen Stätte fühle. Amphoren sind in den Boden eingelassen, so wie man es aus Georgien kennt. Das Material, aus dem sie gemacht sind, ist ein Gemisch aus Kies, Sand, Lehm und Kalk. Diese Zusammensetzung entspricht den Böden im Gebiet. Valencia mag für Wein zwar eher unbekannt sein, an Tradition und Geschichte mangelt es aber auf keinen Fall. Die Phönizier brachten die Weinkultur als erste vor etwa 2700 Jahren in die Region.

Im alten Weinkeller bei Casa Los Frailes
Im alten Weinkeller bei Casa Los Frailes

Da die Räume auf verschiedenen Ebenen angeordnet sind, schätze ich, dass sie nicht alle aus derselben Zeit stammen. Die Amphoren, von denen einige noch intakt sind, fassen etwa 1600 Liter. Nach der Gärung reifen Casa Los Frailes manche ihrer Weine darin. In der Hauptsache bauen sie die Weine in „jüngeren“ Zementtanks aus dem 18. Jahrhundert aus. „Die Monastrell ist sehr reduktiv“, erklärt Maria, „und hierbei erhalten wir Mikrooxidation“. Zu den fabelhaften Gewächsen komme ich jetzt:

Sehr alte Amphoren. In den Boden gelassen. Casa Los Frailes, DO Valencia
Die Amphoren fassen etwa 1600 Liter. Manche sind immer noch in Verwendung.

Los Frailes – ausgewählte Weine:

Caliza 2018
100% Monastrell. Einzellage aus dem Jahr 1978. Buschreben. Kalkböden. 650 Meter Höhe. Etwa 30% der Trauben sind mit den Rappen vergoren. Ausbau in alten Amphoren und Zementtanks. Feinsinnig, frisch und individuell. Elegant und beinahe kühl anmutend. Linear und dezent reduktiv. Weniger dunkelfruchtig und weniger schwer als man Monastrell häufig kennt. Mein persönlicher Favorit.

Dolomitas 2018
100% Monastrell. Einzellage mit 41 Jahre alten Buschreben. Steinige Böden, reich an Magnesium. 700 Meter Höhe. Zehnmonatiger Ausbau in alten Zementtanks und Amphoren. Fleischiger und opulenter als Caliza, runder und mit mehr Tannin.

Rubificado 2020 (Fassprobe)
100% Garnacha, 50% mit den Rappen vergoren. Einzellage auf 650 Meter Höhe. Dieser Wein wurde bis 2019 aus der Garnacha Tintorera (Alicante Bouschet) gekeltert. Mit dem Jahrgang 2020 stiegen Casa Los Frailes auf Garnacha um. Miguel und Maria sagen, dass die Garnacha weniger rustikal und das Tannin feiner ist als bei der Tintorera. Der Wein ist weich und balanciert, saftig-frisch und lang. Klasse.

1771 Casa Los Frailes 2016
100% Monastrell. Einzellage mit über 75 Jahre alten Buschreben. 650 Meter Höhe. Ausbau in 700-l-Holzfässern aus frz. Eiche. Kraftvoll und konzentriert, verliert aber nie die Spannung und Balance. Ein Spitzenwein. Bezug: wein-bastion.de

Los Frailes Monastrell 2019
100% Monastrell. Blend aus verschiedenen Weinbergen. Im Schnitt 25 Jahre alte Buschreben. Sechs Monate Ausbau in alten Zementtanks (18. Jh.). Für mich der aktuell beste Wein Spaniens für unter 7 Euro. Sehr klar und frisch und mit erstaunlich viel Persönlichkeit für ein Gewächs dieser Preisklasse. Bezug: mitte-meer.de

Blanc de Trilogía 2020
Cuvée aus Sauvignon Blanc, Moscatel und der autochthonen Verdil. Einzellage, in drei Parzellen aufgeteilt. 650 Meter Höhe. Kalkböden. Der Blend wird hälftig in 500-Liter-Holzfässern und Stahltanks ausgebaut. Frische Zitrusfrucht, griffige Textur, mineralisch, trinkanimierend. Ein Weißwein, der Spass macht. Bezug: wein-bastion.de


Beitragsfotos: 1-5, 8: © Thomas Götz, Spaniens Weinwelten
Titelfoto und 6-7: © Peter Stuckwisch

2 Kommentare

  1. Hallo Herr Götz,
    das waren unsere ersten Weine, die wir kauften als wir nach Spanien kamen. Ich mag den „Danza de la Moma“ sehr, meine Frau eher den After 3. Bei den Los Frailes waren wir sicher auch nicht zum letzten Mal. Die Amphoren findet man auch bei Celler del Roure, die ja auch ganz in der Nähe der Los Frailes sind.

    Schöner Blog, gefällt mir gut.

    Viele Grüße

    Gunter

    1. Hallo Gunter,
      vielen Dank! Das Lob gebe ich gerne zurück: Eine sehr schöne Weinauswahl, die Ihr in eurem neuen Shop habt. Viel Erfolg damit!
      Beste Grüße,
      Thomas Götz

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